Für die Hängebrücke wird diese Eiche im Bockshof gefällt. Foto: Otto

Viele haben lange darauf gewartet: Der Tag, an dem es mit dem Bau der Hängebrücke los geht. Nun rückt er näher – und mit ihm der Tag, an dem die stattliche Eiche am geplanten Brückeneinstieg gefällt werden muss. Die deutliche Mehrheit der Stadträte beißt in diesen sauren Apfel.

Rottweil - Die neue Wegeführung, die Platzgestaltung, die Besucherlenkung, die Materialwahl – der Entwurf von Micha Sonnenfroh aus der Stadtplanung war im Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschuss (UBV) ausgiebig vorberaten. Da hatten die Stadträte in der Sitzung am Mittwochabend keinen weiteren Diskussionsbedarf. "Das ist ein guter Rahmenplan", meinte mit Reiner Hils (SPD+FFR) einer, der nicht gerade zu den Hängebrücken-Befürwortern gehört. Die Kröte daran sei die Eiche, griff er den Ansatz von Hermann Breucha (FWV) auf, der zuvor die Nachfragen nach den Rettungsmöglichkeiten eröffnet hatte.

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Es dürfte sich ausgerechnet um den wertvollsten Baum im Bockshof handeln, der für die Hängebrücke weichen muss. Um hier keinen Pylon stellen zu müssen, ist ein Fundament-Bauwerk am Landepunkt notwendig – im Wurzelbereich der Eiche. Arved Sassnick (SPD+FFR) zeigte sich ungläubig, dass es trotz deutscher Ingenieurskunst nicht möglich sein soll, die deutsche Eiche zu retten.

Nun ist das Problem zu einem gewissen Grad hausgemacht. Investor Günter Eberhardt wäre mit seinem Brückenbauwerk gerne einige Meter weiter Richtung Pulverturm angelandet, doch aus den Reihen des Gemeinderats gab es den Wunsch, den Einstieg möglichst weit Richtung Taubenturm zu legen. Auf das Ansinnen mancher Gremiumsmitglieder, der Baum könnte doch versetzt anstatt gefällt werden, zeigte sich Landschaftsarchitekt Jürgen Pfaff vom Büro faktorgruen vorbereitet. Zwischen 70.000 und 130.000 Euro würden für so ein Unterfangen aufgerufen. Das weckte bei Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) sogleich Hoffnungen: "Es wäre also möglich und dann doch auch erstrebenswert." Der künftige Fachbereichsleiter Rudolf Mager musste solche Träume aber zerplatzen lassen.

120 Tonnen Gewicht

Angesichts von 3,20 Meter Stammumfang und 120 Tonnen Gewicht, so Mager, sei schon nicht mehr von einer Großbaum-, sondern einer Größtbaumverpflanzung zusprechen. Da sei nicht an ein Verpflanzen, sondern nur an ein Verschieben zu denken. Die Eiche müsste stark zurückgeschnitten und ausgegraben werden, würde dann auf Schienen gesetzt und an eine andere Stelle verschoben werden. Gleichwohl ist es schon gar nicht notwendig, beim Investor die Bereitschaft abzufragen, zusätzlich zu den Kosten für die Umgestaltung des Bockshofs auch die für eine Verschiebung der Eiche zu übernehmen: Der Bockshof biete für diese Eiche weder einen Ausweichstandort, noch an sich die Platzverhältnisse für die notwendigen Gerätschaften und Schienensysteme. Es bleibt also bei der Zusage, an anderer Stelle eine neue Eiche zu setzen – mit 30, vielleicht auch 40 Zentimeter Stammumfang.

Zähneknirschen war in der Göllsdorfer Mehrzweckhalle nicht zu hören, als dann die Abstimmung anstand. Bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltung fiel sie deutlich aus. Jürgen Mehl (SPD+FFR) hatte sich zuvor einsichtig gezeigt: Nicht nur vom technischen Aufwand, sondern vor allem auch aus finanzieller Sicht wäre es "ein abenteuerliches Unterfangen". Damit sei es nun eben so, "dass die Brücke ihr erstes Opfer fordert. In diesen Apfel müssen wir beißen. Die Eiche wird leider fallen müssen."