Eine Straße und die angrenzende Grünanlage im Industriegebiet Nord hinter einem Diskothekenareal wird nachts von Straßenlaternen erleuchtet. Foto: dpa

Innenminister Thomas Strobl gerät in die Kritik. Syrischer Flüchtling war vielfach polizeilich auffällig.

Freiburg/Stuttgart - Im Fall der Gruppenvergewaltigung an einer 18-jährigen Diskobesucherin in Freiburg Mitte Oktober hat die Landes-SPD nun Innenminister Thomas Strobl (CDU) scharf kritisiert. Strobl sei "ein Sicherheitsproblem", so SPD-Generalsekretärin Luisa Boos am Mittwoch: "Warum läuft ein polizeilich mehrfach einschlägig bekannter Mann frei herum, obwohl ein Haftbefehl vorlag und sogar Anwohner und Vermieter seit über einem Jahr Sturm gelaufen sind?"

Hintergrund sind die fortlaufenden, detaillierten Berichte der Bild über den mutmaßlichen Haupttäter in dem Fall. Der syrische Flüchtling, der seit vier Jahren in Freiburg lebte, ist vielfach polizeilich auffällig gewesen und wurde zuletzt per Haftbefehl gesucht. Dadurch kam die Frage auf, ob die Sexualstraftat des Mannes und seiner mutmaßlichen Mittäter nicht hätte verhindert werden können.

SPD schäumt

Strobls Ministerium hatte dazu in der zurückliegenden Woche gesagt, dass der Mann aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst noch nicht verhaftet wurde. Zwischenzeitlich hat die Polizei dem Ministerium aber widersprochen und wissen lassen, dass man schlicht und einfach nicht wusste, wo der Gesuchte sich aufhielt.

Die SPD schäumt: "Der Innenminister hat seinen Laden nullkommanull im Griff." Boos ist zudem offenbar überzeugt, dass Ermittlungsdetails zur Freiburger Tat entweder aus Ermittlerkreisen oder aus dem Ministerium an die Boulevardpresse noch vorm Gang der Freiburger Polizei an die Öffentlichkeit weitergegeben wurden. "Maulwürfe in Ministerien oder Behörden sind ein Sicherheitsrisiko, das der Minister abstellen muss, indem er selbst für Aufklärung sorgt. Die Bevölkerung ist zurecht fassungslos", so Boos weiter. Sie verlange sofortige Aufklärung statt immer neuer Ausflüchte, so die SPD-Politikerin.

Es gibt einen "Maulwurf"

Dass es einen "Maulwurf" in dem Fall gab, gilt mittlerweile als gesichert. In Freiburg ist man überzeugt, dass er in Stuttgart sitzen muss, ist aus Polizeikreisen zu hören. Doch sind aufgrund der vielen Personen, die mit den Akten der acht Tatverdächtigen zu tun hatten, auch viele mögliche Quellen denkbar. Das Thema ist heikel, könnten doch durch vorab veröffentlichte Details zu einem Fall auch Ermittlungen gefährdet werden. Dass dem im vorliegenden Fall so sei, hält Staatsanwalt Michael Mächtel in Freiburg aber für unwahrscheinlich: Man habe alle verfügbaren Details am vergangenen Freitag zur Veröffentlichung abgestimmt gehabt. Die möglichen weiteren Täter in dem Fall kenne man nicht. Es sei daher ohnehin an der Zeit gewesen, über die Verhaftungen in dem Fall zu berichten.

Die Fahndung nach den möglichen weiteren Tätern der Gruppenvergewaltigung im Freiburger Norden läuft derzeit auf Hochtouren. Am Freitag will die Polizei in einer Pressekonferenz Weiteres berichten. Am Mittwoch ist zudem bekannt geworden, dass am Rand der Anti-Asyl-Demo der AfD und der Gegenkundgebung der linken Szene in Freiburg am Montagabend eine 48 Jahre alte Frau und ihr 15-jähriger Sohn von Gegendemonstranten angegriffen und leicht verletzt wurden.

Kundgebung friedlich

Gerüchte aus dem AfD-Umfeld im Internet, bei der Demo hätten „bürgerkriegsähnliche Zustände“ in Freiburg geherrscht, hat die Polizei jedoch zurückgewiesen: Die Kundgebungen seien im Grunde friedlich abgelaufen.

Derweil geht die Sicherheitsdebatte in der Stadt weiter: Über den Inhalt eines Gesprächs mit Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos), dem Freiburger Polizeipräsidenten Bernhard Rotzinger und dem Staatssekretär im Innenministerium Julian Würtenberger (CDU) zur Sicherheitslage in Freiburg wurden am Mittwoch jedoch keine Details veröffentlicht. Das Ministerium teilte lediglich mit, in der kommenden Woche dazu weitere Inhalte bekanntgeben zu wollen. Innenminister Strobl wird zitiert, dass er die Verstärkung der Freiburger Polizei im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft von Stadt und Land aufrechterhalten werde.

OB Horn hat unterdessen aufgrund zahlloser Anfeindungen im Netz seine Konten bei Twitter und Instagram deaktiviert. Und die Freiburger Polizei hat am gestrigen Tag erneut mehrere Überfälle kommuniziert, bei denen “südländisch” oder “afrikanisch” aussehende Verdächtige als Täter von den Opfern beschrieben wurden.