Der Grosselfinger, der auf seine Ex-Frau eingestochen hatte, muss sechs Jahre hinter Gitter. Foto: Rath

37-jähriger Grosselfinger findet Forderung des Staatsanwalts zu hoch. Opfer hatte den Tod vor Augen.

Grosselfingen/Tübingen - Das Urteil ist gefällt: Der 37-jährige Grosselfinger, der seiner Ex-Frau vorigen Juli in Münsingen ein Messer in den Hals stieß, muss wegen versuchten Totschlags für sechs Jahre hinter Gitter.

Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre Freiheitsstrafe für die Messerattacke gefordert – eines mehr, als die 5. Schwurgerichtskammer des Tübinger Landgerichts schließlich verhängte. Der Verteidiger des Angeklagten hingegen war der Meinung, eine wesentlich reduzierte Strafe sei angemessen – wie lange sie genau dauern sollte, sagte er nicht.

Täter schluckt bei der Strafforderung des Staatsanwalts

Für ihn fielen besonders zwei Dinge ins Gewicht: Die Folgen für das Opfer hätten sich "in Grenzen gehalten", und der Angeklagte habe sie nicht töten wollen. Es habe sich um eine Spontanreaktion im Streit gehandelt, die Schwere der Verletzungen sei ihm nicht klar gewesen. "Er wollte seinen Kindern doch um Himmelswillen nicht die Mutter rauben", sagte der Verteidiger. "Er hätte sie ohne weiteres umbringen können, hat aber kein zweites Mal zugestochen."

Der Staatsanwalt war da anderer Meinung. "Der Angeklagte hat den Tod seiner Ex-Frau zumindest billigend in Kauf genommen", erklärte er. Die Folgen eines Stiches in den Hals müssen ihm klar gewesen sein. "Man kriegt viel mit in diesem Saal, aber die Schilderung des Opfers, das den Tod vor Augen hatte und dessen Leben am seidenen Faden hing, war beeindruckend." Sowohl die 34-Jährige als auch ihre Kinder hätten an den psychischen Folgen der Tat sicher noch lange zu tragen. Der Nebenklägervertreter fügte hinzu, das Opfer habe "jetzt schon Angst vor dem Tag, an dem der Beschuldigte entlassen wird." Der Angeklagte zeigte sich schockiert über die sieben Jahre Gefängnis, die der Staatsanwalt gefordert hatte. "Wenn ich das mit einem anderen Münsinger Fall vergleiche, in dem ein Vater seine Kinder im Haus eingesperrt hat und bei lebendigem Leib verbrennen wollte, das hat der Staatsanwalt nur acht Jahre gefordert. Und bei mir jetzt sieben?", zeigte er sich ungläubig. Der andere Fall erschien ihm offenbar deutlich schlimmer und unmenschlicher als das, was er getan hatte.

"Man sollte seine nicht mit anderen Taten vergleichen, sondern sehen: Was ist meine Schuld, was habe ich da angerichtet? Diesen Weg sollten Sie gehen", erwiderte der Richter auf den Vergleich des Angeklagten. Der Grosselfinger habe es zwar nicht darauf abgesehen gehabt, seine Ex-Frau zu töten, aber alles getan, damit deren Tod hätte eintreten können. "Sein letztes Bild, bevor er davongelaufen ist, war die am Boden liegende, blutende Verletzte. Er musste damit rechnen, dass sie stirbt."