Baden-Württembergs Spielbankchef Wulferding: Die Zahlen fürs Geschäftsjahr 2016 sind gut Foto: dpa

Stuttgart ist erstmals in seiner Geschichte das umsatzstärkste Casino Deutschlands. Der baden-württembergische Spielbankchef Otto Wulferding spricht im Interview über die Gründe dafür, über die beliebtesten Spiele und illegale Wettanbieter.

Stuttgart - Die Spielbank Stuttgart ist seit diesem Jahr erstmals das umsatzstärkste Casino Deutschlands. Doch die Branche hat schwer mit Anbietern im nicht regulierten Markt zu kämpfen.

Wo waren Sie zuletzt als Gast im Spielcasino?
Wenn ich außerhalb Baden-Württembergs unterwegs bin, schau ich mich schon mal um, wie die Betriebe organisiert sind. Das letzte Mal war ich in Zürich. Ich spiele ganz gerne Roulette und Black Jack. Wenn man selber spielt, bekommt man die Abläufe auch ganz gut mit.
Und waren Sie in Zürich erfolgreich?
(lacht) Nein, leider nicht.
Wie fällt denn die Bilanz der drei baden-württembergischen Spielbanken Stuttgart, Baden-Baden und Konstanz fürs Geschäftsjahr 2016 aus?
Wir haben uns vor dem Hintergrund der schwierigen Entwicklung bei den stationären Spielbanken als Teil des Glückspielmarkts komplett von dem negativen Trend der letzten Jahre lösen können. Unser Gesamt-Bruttospielertrag erreichte im vergangenen Jahr 82,07 Millionen Euro. Damit liegt der Umsatz 4,8 Prozent über dem Ergebnis von 2015. Uns liegen auch schon die Ergebnisse des 1. Quartals für 2017 vor. Da schneiden die baden-württembergischen Casinos nochmals besser ab. Der Gesamt-Bruttospielertrag beträgt in den ersten drei Monaten des Jahres 23,4 Millionen. Das ist eine Steigerung um zwölf Prozent. Stuttgart erwirtschaftet rund die Hälfte des Gesamt-Bruttospielertrags der drei Casinos im Südwesten. Wir sind jetzt die stärkste Landesgesellschaft im Vergleich der Bundesländer. Stuttgart steht bundesweit sogar erstmals auf Platz eins vor Berlin und Duisburg.
Was sind die Gründe dafür?
Alle drei Häuser in Baden-Württemberg sind sehr gut aufgestellt. Wir haben viel investiert, in Stuttgart unter anderem in einen komplett renovierten Eingangsbereich und eine neue goldene Fassade. Und wir haben neben dem reinen Glücksspiel im Bereich Gastronomie weitere Angebote hinzugefügt wie Bar und Club Grace, in dem am Wochenende in einer coolen Baratmosphäre gespielt werden kann und ein DJ die Gäste unterhält. Zudem bieten wir auch zahlreiche Events in den Casinos an. Sie brauchen heutzutage einfach diese Wow-Effekte, wo die Leute sich gerne hinstellen und ein Selfie machen wollen. Baden-Baden haben wir inzwischen auf ein Niveau gehoben, das in Deutschland einzigartig ist.
Was haben Sie in Baden-Baden verändert?
Das ganze Haus ist einfach neu und modernisiert. Wir haben den Restaurantbereich komplett neu aufgestellt mit Grill- und Lobster-Restaurant in Premiumqualität mit einer großen Außenterrasse, auf der im Sommer sogar unter freiem Himmel Roulette gespielt werden kann. Dies ist einzigartig in Deutschland. Der Nightclub Bernstein erfährt eine starke Nachfrage, und es gibt bei den Veranstaltungen sogar Angebote wie Lesungen und Konzerte. Baden-Baden ist für mich die einzige deutsche Spielbank, die das gesamte Angebot abdeckt, was eine Spielbank heutzutage eigentlich braucht. Hier fanden ja sogar Veranstaltungen des Natogipfels 2009 und des G20-Finanzminister-Treffens 2017 statt.
Trotzdem hat Stuttgart höhere Umsätze und mehr Besucher …
Ja, Stuttgart hat einen Tick mehr Besucher als Baden-Baden. Aber die absoluten Ergebnisse sind noch deutlich besser. Das liegt am Standort. Baden-Baden hat lange nicht den Einzugsbereich wie die Metropolregion Stuttgart mit ihren 2,6 Millionen Einwohnern. Dafür hat Baden-Baden etwa ein Drittel französische Gäste, und Konstanz lebt gut von den Gästen aus der Schweiz. Mehr als 50 Prozent der Konstanzer Gäste sind Eidgenossen. Baden-Baden hat aber auch eine andere Zielgruppe. Hier versuchen wir auch Gäste aus Hamburg, München oder Frankfurt anzusprechen. Und Baden-Baden ist wahrscheinlich der einzige Standort, wo das möglich ist. Stuttgart ist zum Beispiel für einen Hamburger touristisch nicht so reizvoll, aber Baden-Baden schon. Es hat ein tolles Hotelangebot und eine tolle Gastronomie, ist einfach ideal für einen Kurzurlaub am Wochenende, und da sehen wir die Spielbank als einen Teil dieses Angebots. Wir gehen deshalb auch nur bei Baden-Baden im Marketing über den Einzugsbereich hinaus.

Massives Vollzugsdefizit bei illegalen Wettangeboten

Welche Spiele sind am beliebtesten?
Die klassischen Angebote sind Roulette, Black Jack und Poker. In Stuttgart haben wir punto banco hinzugefügt. Das gibt es schon viel länger als Spiel, aber noch nicht so lange in Deutschland. Das ist sehr erfolgreich und besonders bei asiatischen Gästen beliebt. Punto banco hat eine gewisse Nähe zu Baccara, das wir in Stuttgart als einzige Spielbank in Deutschland noch anbieten.
Das Glücksspiel an sich boomt seit Jahren wegen der Online-Anbieter. Warum schlägt sich das nicht auch bei den Spielbanken nieder?
Wir sind bundesweit als Branche schon froh, wenn wir unsere Ergebnisse stabilisieren. Wir hatten 2008 starke Rückgänge durch Einschränkungen wie das Nichtraucherschutzgesetz und Zugangskontrollen, die eingeführt wurden, und den starken Wettbewerbsdruck durch illegale Angebote. Der Markt entwickelt sich nur abseits der staatlichen Anbieter dynamisch in Deutschland. Wir haben eine sehr absurde Situation zwischen regulierten und nicht regulierten Angeboten. Darüber hinaus haben wir eine massive Ausweitung des illegalen Online-Spiels. Das ist ein echtes Problem für das legale deutsche Glücksspiel insgesamt.
Inwiefern?
Deutschland verzeichnet bei den illegalen Wettangeboten ein massives Vollzugsdefizit. Man weiß, dass die illegalen Anbieter da sind, aber es gibt wenig Möglichkeiten, das zu unterbinden, wenn der Sitz des Anbieters in Antigua oder Gibraltar ist. Aber jetzt gibt es Überlegungen in Deutschland, den Glücksspielstaatsvertrag neu aufzustellen, so dass auch Online-Spielangebote reguliert und konzessioniert werden.
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich darauf verständigt, ab Januar 2018 an 35 Sportwettfirmen eine Lizenz zu vergeben. Wie kam man denn auf diese Zahl?
Es waren im ersten Verfahren halt 35 Anbieter, die um eine Konzession nachgesucht haben. Wir werden aber sofort ein Problem haben, wenn der 36. kommt. Wie will man ihm erklären, warum er nicht mehr dabei sein darf? Deshalb gibt es bereits Abstimmungen auf Länderebene, ob man die Vergabe nicht besser an qualitativen Kriterien ausrichten sollte. Das wäre aus meiner Sicht auch richtig. Eine gegriffene Obergrenze von 35 wird vor Gericht nicht standhalten. Am Ende werden es deshalb auch keine 35 oder 36 Anbieter mehr sein, sondern fünf oder sechs, denn alles weitere regelt dann der Markt.
Erwarten sie von der Politik noch weitere Maßnahmen, damit es faire Wettbewerbsbedingungen gibt?
Ja. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat beschlossen, dass die Länder prüfen, ob und wie es möglich ist, die Zahl der Online-Casinoanbieter zu regulieren. Dazu sollen sie sich auch im europäischen Ausland umsehen, welche regulatorischen Maßnahmen es dort gibt. Die Ziele sollen dann in den Glücksspielstaatsvertrag einfließen. Für uns staatlichen Anbieter ist es nämlich total unbefriedigend, wenn die Regulierung nur bei uns erfolgt.
Die Schweiz ist ja da schon weiter …
In der Tat. Dort ist geplant, dass eine Konzession fürs Onlinespiel an eine stationäre Konzession gebunden wird. Sprich: Die bestehenden Spielbankkonzessionen werden in der Schweiz erweitert. Das wäre auch in Deutschland wichtig. Die Zeit des Wilden Westens mit all den illegalen Wettspielen muss endlich aufhören.