Der Klee mit sechs Blättern: Der Star, wie Finder Jörg Vollmann findet. Er will dem botanischen Wunder nicht die Show stehlen und selber daher nicht auf das Foto. Foto: Leif Piechowski

Krankenpfleger Jörg Vollmann hat gleich mehrere vielblättrige Glücksbringer gefunden – er verschenkt die meisten an Patienten.

Stuttgart/Esslingen - Manche Menschen suchen krampfhaft das Glück und finden es nie. Andere stolpern geradezu darüber. Jörg Vollmann kam in der Nacht von Samstag auf Sonntag aus einem Haus in Botnang, der Schein des Lichts im Hausflur fiel auf den Boden – und Vollmanns Blick auf ein Kleeblatt. Nicht auf irgendeins freilich, sondern auf ein sechsblättriges.

Das ist selbst für den 36-Jährigen etwas besonderes. Denn eigentlich ist dieser es längst gewohnt, dass ihn vielblättrige Kleeblätter geradezu anspringen – oder ihm zumindest ins Auge fallen. Schon als Junge entdeckte er im heimischen Garten in Schwäbisch Hall oft vierblättrige Exemplare. Doch die wahre Glückssträhne kam, als der Krankenpfleger aus Esslingen anfing, in Botnang zu arbeiten. „Mein Rekord ist, dass ich an einem Tag 14 vierblättrige Kleeblätter gefunden habe“, sagt Vollmann. In Botnang entdeckte er vergangene Woche dann auch das sechsblättrige, in dieser Woche gar noch ein fünfblättriges Exemplar.

Mutanten-Klee

Wie kann es sein, dass ein einzelner Mensch so viel Glück hat? „Ich habe nur ein gutes Auge fürs Detail“, sagt Vollmann bescheiden. „Ich wette mit Ihnen, wenn wir jetzt zusammen rausgehen, finden Sie innerhalb von zehn Minuten auch eins.“ Der Versuch wurde dann erst am Abend in aller Stille unternommen – ohne Erfolg. Das verwundert aber auch nicht, denn wenngleich es zur Häufigkeit vierblättriger Kleeblätter bisher noch keine gesicherten Untersuchungen gibt: Selten sind sie allemal. Sammler berichten von einer Quote von etwa eins zu 10.000. Eine in den Jahren 1979 bis 1986 in München durchgeführte Untersuchung legt hingegen ein Verhältnis zugunsten der dreiblättrigen zwischen 20 zu eins und 60 zu eins nahe.

Rätselhaft bleibt bisher auch, wie es zu den Mutanten, also Fehlbildungen – denn nichts anderes ist ein vielblättriges Kleeblatt – kommt. Vor zwei Jahren erschien in der Zeitschrift Crop Science ein Artikel, in dem Forscher der University of Georgia zumindest ein Gen identifizierten, das für die Zahl der Blättchen mitverantwortlich ist. Sie fügen aber hinzu, dass „seine Expression auch stark von der Umwelt beeinflusst wird“.

Wie auch immer: Was selten ist, steht oft für Glück. So gilt der vierblättrige Klee als Glücksbringer – wie auch das Hufeisen, der Glückscent, der Fliegenpilz oder das Schwein. Wohlgemerkt: Wir reden hier nicht von Glücksklee. Das ist ein Pflänzchen, dessen Samen man kaufen kann und das hundertprozentig vierblättrige Blätter hervorbringt. Die Pflanze gehört zur Gattung Sauerklee und ist botanisch weit von der Gattung Klee entfernt. Der echte Klee heißt Trifolium – da steckt die Dreiblättrigkeit schon im Namen. Nur dessen vierblättrige Exemplare bringen Glück. Die Legende besagt, dass die biblische Gestalt Eva ein vierblättriges Kleeblatt als Andenken aus dem Paradies mitnahm. So soll der Besitzer eines vierblättrigen Kleeblattes ein Stück vom Paradies besitzen.

Vollmann verschenkt sein Glück gerne

Und dies Stück vom Paradies verschenkt Vollmann bereitwillig weiter. Er betreut als Krankenpfleger alte Menschen in ihrem eigenen Heim. „Neben der Pflege ist es das Wichtigste, dass die Menschen jemanden haben, der mit ihnen redet“, sagt Vollmann. Da die alten Menschen oft kaum noch vor die Tür kommen, bringt ihnen Vollmann gern ein Stück Natur mit ins Haus – einen Kirschbaumzweig, eine Blume – oder ein vierblättriges Kleeblatt. „Ich schenke lieber, als dass ich beschenkt werde“, sagt Vollmann. „Das ist befriedigender.“

Allein das sechsblättrige Kleeblatt kann er nicht verschenken: „Das würde Neid wecken“, sagt er. Deshalb würde er es gern in Kunstharz gießen lassen und es zugunsten der Opfer der Flutkatastrophe versteigern. Da sechsblättrige Blättchen Reichtum versprechen (fünfblättriger Klee bedeutet Ruhm, siebenblättriger lebenslangen Wohlstand), könnte ihm dies Herzensanliegen gelingen. Übrigens: Das Guinness Buch der Rekorde vermeldet, dass ein Japaner 2009 ein 56-blättriges Exemplar gefunden habe.

Kann Jörg Vollmann eigentlich kein Glück gebrauchen – oder hat er es schon? „Ich halte es wie Elvis Presley, der sagte: Glück bedeutet, an nichts festzuhalten“, sagt er. Und verschenkt gleich zwei weitere vierblättrige Kleeblätter.