Dringend gebraucht: Immer mehr Seniorenwohnungen – ohne Treppenstufen, dafür mit bodengleicher Dusche und genügend Platz für das Rangieren mit Rollator und Rollstuhl. Foto: IG BAU/Tobias Seifert

Der Baby-Boomer-Generation droht laut der IG BAU „Wohn-Altersarmut“. Im Kreis Freudenstadt brauche es in 20 Jahren 5300 neue Seniorenwohnungen.

In 20 Jahren werden im Landkreis Freudenstadt rund 32 700 Menschen zur Altersgruppe „67plus“ gehören – gut 9100 mehr als heute. Darauf hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hingewiesen und befürchtet einen zunehmenden Mangel an altersgerechten Wohnungen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf neueste Zahlen, die das Pestel-Institut für Städte und Kreise ermittelt hat.

„In den kommenden Jahren werden im Kreis Freudenstadt immer mehr ältere Menschen eine barrierearme Wohnung brauchen – ohne Treppenstufen, dafür mit bodengleicher Dusche und genügend Platz für das Rangieren mit Rollator und Rollstuhl“, so die Bezirksvorsitzende der IG BAU Südbaden Ilse Bruttel.

Sinkendes Rentenniveau und steigende Kosten fürs Wohnen

Die Zahlen müssten den Wohnungsbaupolitikern schon jetzt Kopfzerbrechen bereiten: Nach Angaben des Instituts benötigen bereits heute mehr als 4100 Haushalte im Kreis Freudenstadt eine Seniorenwohnung, weil in ihnen Menschen im Rentenalter leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. In 20 Jahren werden im Kreis Freudenstadt nach Berechnungen der Wissenschaftler mehr als 5300 dieser Wohnungen gebraucht. „Damit herrscht jetzt schon ein massiver Mangel an Seniorenwohnungen. Und demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Dann steuern wir sehenden Auges auf eine ‚graue Wohnungsnot‘ zu“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Südbaden.

Neben dem Mangel an altersgerechten Wohnungen befürchtet die IG BAU auch eine zunehmende Altersarmut durchs Wohnen. So drohten bei der Boomer-Generation künftig zwei Dinge „fatal aufeinander zu treffen“: Die Gefahr eines sinkenden Rentenniveaus und steigende Kosten fürs Wohnen.

Mieter und Menschen mit Wohneigentum betroffen

Mieter seien genauso betroffen wie Menschen mit Wohneigentum, wenn beim Einfamilienhaus oder bei der Eigentumswohnung Sanierungen fällig würden. „Wenn die Wohnkosten weiter in diesem Tempo steigen, werden viele Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen. Auch im Kreis Freudenstadt werden künftig deutlich mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben“, so Bruttel.

Um den Wohnungsmarkt für die kommende Rentnergeneration besser vorzubereiten, fordert die IG BAU die Schaffung von mehr preiswertem, vor allem altersgerechtem Wohnraum. Bruttel sagt: „Deshalb brauchen wir auch für den heimischen Wohnungsmarkt finanzielle Anreize. Es ist deutlich mehr Geld für den Neubau von Seniorenwohnungen, aber auch für die altersgerechte Sanierung bestehender Wohnungen erforderlich.“ Hier seien alle gefordert: Kommunen, Land und Bund.

Verpflichtung der Konzerne

Das Bundesbauministerium stelle in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro für den altersgerechten Umbau von Wohnungen zur Verfügung. „Das Geld reicht bei Weitem nicht. Das hat das letzte Jahr gezeigt. Da gab es exakt die gleiche Fördersumme. Und der Topf war ruckzuck ‚leergefördert‘ – schon nach sechs Wochen. Da muss mehr passieren“, fordert Bruttel.

Zusätzlich schlägt die IG BAU eine Selbstverpflichtung für große Wohnungskonzerne vor. Bruttel: „Mit Blick auf den eklatanten Mangel an Seniorenwohnungen sollten sich die Wohnungsunternehmen verpflichten, einen bestimmen Anteil freiwerdender Wohnungen altersgerecht umzubauen. Dieser sollte bei mindestens 20 Prozent liegen.“