Das Gewerbegebiet Interkom auf Steinacher Gemarkung soll erweitert werden. Am Sonntag, 5. März, findet dazu ein Bürgerentscheid statt. Foto: Störr

"Sind Sie gegen die Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets ›Interkom Steinach / Raumschaft Haslach‹?": Diese Frage steht in Steinach am Sonntag, 5. März, im Mittelpunkt. Jetzt können Bürger sich ein Bild von den Argumenten machen.

Steinach - Im Zuge eines Bürgerbegehrens erhalten sowohl die Vertrauenspersonen als auch die sogenannten Gemeindeorgane – das sind Bürgermeister und Gemeinderat – Gelegenheit, sich über dieses zu äußern und die Bürger zu informieren. Dies ist mit Erscheinen des Bürgerblatts am Freitag geschehen, in dem insgesamt sieben Seiten den Stellungnahmen gewidmet sind.

Bürgermeister Nicolai Bischler spricht sich für Erweiterung aus

Bürgermeister Nicolai Bischler spricht sich darin klar für eine Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets aus. Er wertet die bisherige Entwicklung als Erfolg: "2022 wurden 400 Arbeitsplätze angeboten", macht er deutlich. In den Jahren 2003 bis 2021 habe das Steueraufkommen 3,4 Millionen Euro betragen – davon entfielen auf Steinach 1,4 Millionen Euro. Am Ende stehe mehr Lebensqualität für die Menschen in Steinach.

Außerdem sei nur durch das Zusammenwirken der beteiligen Kommunen Steinach, Haslach, Fischerbach, Mühlenbach und Hofstetten genügend politischer Druck aufbaubar, um eine Auf- und Abfahrt ins Interkom zu erwirken. Das wird bereits seit Jahren diskutiert; die Verkehrsbelastung ist einer der Hauptkritikpunkte.

Steinach erhält 49 Prozent der Steuern. Gleichzeitig bleibt aber die Kostenverteilung gleich, nach der Steinach 40 Prozent zu tragen hat.

Ein kleineres kommunales Gewerbegebiet ist für Bischler keine Option. Die Erschließungskosten müsste Steinach allein tragen. Das würde sich wiederum auf die Grundstückspreise durchschlagen, was das Gebiet unattraktiv mache. Für Bischler steht fest: "Entscheiden Sie sich für eine gesicherte Zukunft für Steinach und Welschensteinach und stimmen Sie mit ›Nein‹ beim Bürgerentscheid."

CDU ist sich einig: Interkommunale Zusammenarbeit führt zum Erfolg

Die CDU-Fraktion im Gemeinderat veröffentlicht eine gemeinsame Stellungnahme. Alexander Kern, Philipp Matt, Josef Spitz, Tino Joos und Michael Stulz bezeichnen den Bürgerentscheid als "zukunftsweisend". Sie sprechen sich ebenfalls für eine interkommunale Erweiterung aus.

Die CDU-Räte weisen darauf hin, dass ortsansässige Unternehmen bereits jetzt Erweiterungsbedarf hätten. Außerdem sei die Gemeinde auf Steuereinnahmen angewiesen, um anstehende Aufgaben erfüllen zu können. Der Anteil der Einnahmen aus dem Interkom I sei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Der Gewerbesteuerschlüssel mit Vorwegabzug sei mit der Erweiterung deutlich für Steinach verbessert – "nicht nur für die Erweiterung, sondern für das gesamte Interkom". Steinach behält die Stimmenmehrheit im Zweckverband.

Zum Thema Landwirtschaft heißt es: "Nur wenn Arbeitsplätze vor Ort oder in Ortsnähe sind, können unsere Landwirte, die sehr oft Nebenerwerbslandwirte sind, die wichtigen Aufgaben der Offenhaltung und Bewirtschaftung unserer Landschaft auch zukünftig wahrnehmen."

Freie Wähler sind geteilter Meinung

Die Fraktionsmitglieder der Freien Wähler dagegen haben sich nicht auf eine gemeinsame Position einigen können – zu sehr gehen die Meinungen auseinander. Die Mitglieder haben jeweils eigene Stellungnahmen veröffentlicht.

Björn Krugielka, Xaver Rockenstein und Hendrika Schachner sprechen sich für eine interkommunale Erweiterung des Gewerbegebiets aus. "Es geht um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder in Steinach und Umgebung. Firmen bedeuten Arbeitsplätze und kurze Arbeitswege im Kinzigtal", was wichtig für Familien sei, heißt es bei Krugielka ergänzend zu den genannten Argumenten. Rockenstein führt ins Feld, dass eine Fläche von der Größe des bestehenden Interkom früher Grundlage war, um eine Familie zu ernähren – nun biete sie mehr als 300 Arbeitsplätze. Schachner führt mehrere Argumente gegen eine kommunale Entwicklung und für Interkom II auf und macht deutlich, dass eine Auf- und Abfahrt nicht durch Steinach allein finanziert werden könne.

Gegen Interkom II beziehen Christine Haas-Matt, Patrick Leopold, Günter Schmidt und Gregor Uhl Stellung. Haas-Matt appelliert, die Fläche in Zeiten von Klimakatastrophe und schwindendem Ackerland zu erhalten. Leopold sieht für Steinach deutliche Nachteile, weil die Gemeinde allein das Verkehrsaufkommen zu tragen hat. Flächenversiegelung und Emissionen würden die Gemeinde zusätzlich belasten, während die umliegenden Kommunen von den Einnahmen profitieren würden – für Leopold nicht tragbar.

Schmidt hält interkommunale Zusammenarbeit grundsätzlich zwar für sinnvoll, nicht aber beim Interkom. Er hätte sich hinsichtlich der Gewerbesteuer-Einnahmen ein größeres Entgegenkommen der Verbandsgemeinden gewünscht. Eine kommunale Erschließung würde auch risikoarm und bedarfsgerecht funktionieren, ist er sich sicher. Auch Uhl kritisiert die Politik der Umlandgemeinden: "Die umliegenden Gemeinden setzen auf der eigenen Gemarkung lieber auf Wohnbebauung. Die Gewerbesteuer, durch Gewerbeansiedlung mit all ihren Belastungen, will man dann lieber in Steinach abschöpfen. Steinach hat dagegen die größten Probleme, neue Baugebiete zu erschließen."

Vertrauenspersonen wollen Erweiterung nur für die Kommune

"Die Erweiterung des Interkom, beziehungsweise ein Interkom II, lehnen wir ab", schreiben die Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens Wolfgang Schmidt und Alexandra Stöhr in ihrer Stellungnahme. Anstatt der gemeinsamen interkommunalen Gewerbeentwicklung befürworten sie eine rein kommunale.

In ihrer Stellungnahme im Mitteilungsblatt ist unter anderem zu lesen, dass damit 100 Prozent der Steuereinnahmen in Steinach blieben. Es gebe weniger Verkehr, eine bessere Wohnqualität und "genügend Arbeitsplätze". Als weiteren Punkt führen sie den Erhalt von Natur- und Erholungsflächen an.

Die neuen Vertragskonditionen bringen aus ihrer Sicht für Steinach wenig Verbesserung. "Trotz des Vorwegabzuges verbleiben Steinach mit 49 Prozent nur weniger als die Hälfte der Gewerbe- und Grundsteuer", heißt es in der Stellungnahme. Von 100 Euro erhielte Steinach zwar vorweg 15 Euro, von den restlichen 85 Euro wie bisher für "Interkom I" ausgehandelt 40 Prozent – 34 Euro, rechnen die Vertrauenspersonen vor. 49 Euro für Steinach, 51 Euro gehen nach außerhalb.

"Ein kleineres, eigenes Gewerbegebiet mit 100 Prozent Steuerertrag bringt Steinach fast gleich viel ein wie ein großes Interkom mit 49 Prozent Steuerertrag", so die Vertrauenspersonen. Und das auf weniger Fläche. "Wenn Steuern erwirtschaftet werden sollen, dann am besten kommunal."

Außerdem sei Steinach mit der Bereitstellung von zehn Hektar im "Interkom I" und fünf Hektar im Weiherdamm seiner Verantwortung gegenüber der Region schon genügend nachgekommen.

Naturschutz direkt vor der Haustür wichtig

"Je weniger Flächen wir verbauen, umso mehr Äcker und Wiesen bleiben erhalten und kommen der Natur zugute", so Schmidt und Stöhr. Landwirte benötigten ebene Flächen, um wirtschaften zu können. "Ernährungssicherung und Naturschutz müssen vor der Haustür beginnen."

Durch eine Interkom-Erweiterung verschlechtere sich der Wohn- und Freizeitwert vor Ort. So habe sich die Einwohnerzahl Steinachs trotz der neuen Betriebe nicht erhöht, sondern sei seit Ende 2015 stetig gesunken: "Die Schaffung attraktiven Wohnraums findet in den Nachbargemeinden statt."

Ein weiterer Punkt sei die Zunahme des Verkehrs. Dieser wird in Zusammenhang mit dem bestehenden Gewerbegebiet bereits deutlich kritisiert – besonders von den unmittelbar betroffenen Anwohnern. Wegen einer direkten Anbindung des Gewerbegebiets an die B 33 werde schon seit Jahren mit dem Regierungspräsidium verhandelt – ohne Ergebnis. Außerdem werde eine Auffahrt Richtung Haslach vom Verkehrsministerium aus Gründen der Verkehrssicherheit abgelehnt. "Eine alleinige Abfahrt aus Richtung Offenburg bringt wenig Entlastung", heißt es. Diese würde außerdem nicht nur für das Interkom genutzt werden, sondern auch von vielen anderen, die ins oder durchs Dorf fahren möchten – das bedeute eine zusätzliche Mehrbelastung.