Ein Zeckenbiss kann ernste Folgen haben. (Symbolbild) Foto: dpa

Krankheit kann unbehandelt Folgeschäden verursachen. Patientin berichtet von Erfahrungen.

Rottenburg/Rangendingen -  Eine Borrelieninfektion kann unbemerkt verlaufen. Die Diagnose ist oft schwierig, der Leidensweg der Patienten lang. Schon ein kurzer Spaziergang über eine Wiese kann reichen, um von einem der kleinen Zecken-Krabbeltierchen mit Borrelien infiziert zu werden. Besonders fatal: Häufig bleibt die Krankheit über Monate, wenn nicht Jahre unentdeckt.

Das weiß auch Nadine Stimac aus Rangendingen (Zollernalbkreis). Die 34-Jährige hat ein Jahr lang unwissentlich mit der Krankheit gelebt, wurde von Arzt zu Arzt geschickt und letztlich mit der Diagnose abgespeist, sie hätte psychische Probleme.

"Ich war mir plötzlich selbst fremd", beschreibt Stimac ihren Leidensweg. Nach ihrer zweiten Schwangerschaft fing alles an. "Ich bin ständig schlapp gewesen, hatte Gliederschmerzen, erhöhte Temperatur und konnte nicht mehr schlafen", erklärt die 34-Jährige. Bis dato war die junge Frau lebensfroh, hat gerne Sport getrieben. Aber als es ihr trotz vieler Arztbesuche nicht besser ging, fiel sie in ein Loch. Die Ärzte hätten zwar vieles untersucht, auch Borreliose, haben aber nie etwas gefunden. "Es hieß dann immer, ich hätte psychische Probleme. Irgendwann fängt man an, sich das selbst einzureden und zu glauben", erklärt Stimac. Erst dann sei sie wirklich depressiv geworden. Die Ärzte ließen sie in dem Glauben, sie hätte Fibromyalgie - ein Syndrom, das zu Schmerzen in verschiedenen Körperregionen, Schlafstörungen und vermehrter Erschöpfung führt.

Symptome sind leicht zu verwechseln

Annette Johnson ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und hat sich auf Naturheilverfahren spezialisiert. Sie behandelt in ihrer Praxis in Rottenburg-Wurmlingen sowohl Fibromyalgie, als auch Borreliose. Erst die Medizinerin konnte feststellen, woran Nadine Stimac wirklich litt - an Borreliose. Johnson kann den Kollegen, die Stimac schon im Vorfeld auf Borrelien untersucht haben, aber keine Vorwürfe machen. "Es ist trotz Bluttest enorm schwer, Borreliose festzustellen", sagt Johnson. Sie macht einen Labortest bei dem die Lymphozyten aktiviert werden, einen so genannten Lymphozytentransformationstest. Diese erkennen Fremdstoffe im Körper, darunter auch Borrelien.

Vor einigen Jahren wurde dieser Test noch von der Krankenkasse bezahlt. Mittlerweile kostet er etwa 160 Euro. "Bei mangelhafter Durchführung des komplexen Verfahrens sind falsch positive und falsch negative Ergebnisse möglich, weshalb der Test seit 2009 keine Kassenleistung mehr ist", erklärt Annette Johnson. Die Medizinerin sieht das sehr kritisch. Diesen Test nicht anzuerkennen, sei ein großes Problem, weil sich Borreliose dadurch weiter ausbreiten könne. Sie würde sich wünschen, das die Schulmedizin den Test wieder anerkennt.

Folgeerkrankungen bei Nicht-Behandlung

Zecken, die man meist erst dann erkennt, wenn sie sich mit dem Blut ihrer Opfer vollgesogen haben, können neben der Borreliose auch Meningoenzephalitis (FSME), eine Form der Hirnhautentzündung, übertragen. Gegen diese Viruskrankheit kann man sich impfen lassen, gegen die über Bakterien übertragbare Borreliose jedoch nicht. Prinzipiell gilt: Eine früh erkannte Borreliose ist mit Antibiotika heilbar. Eine falsche oder zu späte Diagnose kann für die Betroffenen allerdings heftige Folgen haben: Bleibt die medikamentöse Behandlung aus, können Folgeschäden an den Gelenken und den Nervenzellen auftreten, die mitunter zu chronischen und nur schwer therapierbaren Schmerzen führen.  

Übertragung nur durch Zecken?

Wie, wann und wo sich Stimac mit den Borrelien infiziert hat, kann sie nicht genau sagen. "Ich kann mich an keinen Zeckenbiss erinnern", sagt sie. Auch die klassische Wanderröte, die bei Borrelioseerkrankungen häufig auftritt, sei bei ihr ausgeblieben. "Ich vermute, mich durch einen Mückenstich im Urlaub angesteckt zu haben", erklärt die junge Frau. Medizinerin Johnson könne das nicht ausschließen. Die Übertragung von Borreliose sei noch zu wenig untersucht worden: "Wir wissen zum Beispiel auch noch nicht, ob Borreliose auch durch Geschlechtsverkehr übertragbar ist und nicht nur über Zecken."

Fakt sei allerdings, so teilt es Ärztin Petra Sostak vom Gesundheitsamt in Rottweil mit, dass Zecken die Hauptüberträger sind. "Laut dem Robert-Koch-Institut, von dem das Gesundheitsamt Informationen bezieht, gibt es keine eindeutigen Studien, die belegen, dass andere Insekten Borrelien übertragen können", sagt die Ärztin.

So kann man sich schützen

Um sich vor Zecken zu schützen, die ihre Opfer im Übrigen nicht beißen, sondern stechen, hat das Gesundheitsamt noch einige Tipps auf Lager: helle Kleidung tragen, das T-Shirt in die Hose stecken und die Socken über die Hose ziehen. Auch Anti-Zeckenmittel sind hilfreich. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der gesamte Körper von Mensch und Haustier sorgfältig nach Zecken abgesucht werden. Vor allem aber solle man die Natur wegen einem möglichen Zeckenbiss nicht scheuen, rät Annette Johnson.

Nadine Stimac hatte auf jeden Fall Glück: Nachdem Johnson die Borrelien-Infektion festgestellt hatte, folgte eine konsequent durchgeführte Antibiotikatherapie. Am Ende war Stimac beschwerdefrei. Auch sie werde, trotz dieser "schmerzlichen Erfahrung" künftig nicht in Panik verfallen: "Ich werde mein Leben weiterleben, rausgehen und einfach mehr darauf achten."