Am meisten macht Birgit Englert (links) der Umgang mit den Kunden Spaß – egal ob diese im Rentenalter sind oder wie Sabrina Schall noch zur Schule gehen. Fotos: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaft: Birgit Englert betreibt den Binsdorfer Dorfladen / Die Einzelhandelskauffrau hat Freude am Umgang mit den Kunden

Seit gut einem Jahr betreibt Birgit Englert den Dorfladen in Binsdorf. Damit hat sie Verantwortung für einen Eckpfeiler der Nahversorgung übernommen – und Spaß daran.

Geislingen-Binsdorf. Obwohl es mitten in den Ferien ist, herrscht an diesem Vormittag im Binsdorfer Dorfladen ein stetes Kommen und Gehen. Normalerweise sei hier noch mehr los, sagt eine Kundin, die mit ihrer Tochter ein paar Flaschen Mineralwasser kauft.

Der Eindruck, dass das Geschäft direkt gegenüber dem Rathaus gut läuft, trügt nicht, bestätigt die 52-jährige Inhaberin: "Die Gemeinde hat den Laden gut angenommen."

Die gelernte Einzelhandelskauffrau wohnt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Binsdorf. Schon als Kind hat sie selbst im damaligen Edeka-Geschäft von Manfred Braun eingekauft. Später wurde daraus der Punkt-Markt, den der damalige Betreiber Helmut Preuhs 2016 aufgeben wollte. Im schlimmsten Fall wäre die einzige Einkaufsmöglichkeit im Ort geschlossen worden (wir haben berichtet).

Doch so weit ließ Englert es nicht kommen: "Bevor der Laden zumacht, übernehme ich ihn", sagte sie spontan. Gefragt, ob sie das ernst meine, ließ sie den Worten Taten folgen: Aus ihrem Halbtagsbürojob wechselte sie hinter die Ladentheke und ist seit dem 5. August 2016 Mieterin der Geschäftsräume. "Sehr positiv" sei die Resonanz in Binsdorf auf diese Entscheidung gewesen, blickt sie zurück: "Die Leute waren froh, dass es weitergeht."

Zwar hätten sich die Einwohner erst daran gewöhnen müssen, dass wieder den ganzen Tag geöffnet sei. "Aber der Laden hat sich etabliert", freut sich die Inhaberin.

Ihre Familie habe 100-prozentig hinter ihr gestanden. Die Töchter Florentine und Celine helfen ihr Samstag und Sonntag im Laden, ihr Lebenspartner unterstützt sie hinter den Kulissen mit Rat und Tat. Daneben hat Englert zwei geringfügig Beschäftigte, die nachmittags helfen.

Sieben Tage die Woche können die Binsdorfer Einwohner Waren des täglichen Bedarfs in der Turmstraße 74 kaufen. Morgens um 6.30 Uhr schließt Englert den Dorfladen auf, sonntags um 7.30 Uhr.

Das bedeutet, dass sie teilweise schon um 5 Uhr zu arbeiten beginnt. "Man muss das wollen und muss es leben", sagt die Geschäftsfrau. Mitunter steht schon kurz nach 6 Uhr der Erste vor der Tür, weil er Licht gesehen hat, und fragt, ob er vielleicht schon ein Brötchen haben könne.

Viele Binsdorfer begrüßt Englert namentlich. Der direkte Umgang mit den Kunden sei einer der Aspekte, die in ihrem Laden am meisten Spaß machten: "Es ist ein Treffpunkt geworden, wo man sich sieht, sich unterhält und einen Kaffee trinkt", freut sie sich.

Das bestätigt Frank Riemer, der gerne an einem der Tische vor dem Laden sitzt: "Ich werde hier gut bedient. Und wenn ich etwas Spezielles brauche, dann bestellt die Birgit das für mich."

Der Kundenkreis beschränke sich nicht auf Senioren, betont Englert: "Nur von den Älteren könnte sich der Laden nicht tragen." Ebenso kommen Schulkinder vorbei und kaufen Kleinigkeiten; junge Familien besorgen vor allem Lebensmittel des täglichen Bedarfs; und die alten Binsdorfer schätzen es, dass sie auch ohne Auto alles Nötige direkt am Ort bekommen.

Englerts Binsdorfer Geschäft konzentriert sich auf ein Grundsortiment mit Schwerpunkt im Lebensmittelbereich: Backwaren und Backzutaten wie Mehl, Butter, Käse und Milch, Wurst von einer Metzgerei aus der Region, Eier und Nudeln vom nahen Steinefurthof, Kaffee und Tee, einige Tiefkühlspeisen, Süßigkeiten, ein kleines Getränkesortiment, Tabakwaren sowie nicht zuletzt Zeitschriften und Tageszeitungen wie den Schwarzwälder Boten gibt es.

Zwar kann sich der Umfang des Sortiments nicht mit dem großer Nahversorger messen: "Wir sind kein Supermarkt", sagt die Chefin. "Manche Dinge lohnen sich für einen Dorfladen nicht." Aber was nicht vorrätig sei, könne sie auf Wunsch bestellen.

Allerdings hofft Birgit Englert auf Verständnis, dass mitunter mal etwas ausgegangen ist oder beispielsweise nicht jeden Tag ein umfassendes Angebot frischen Obsts bereitsteht. Gerade für ausgefallenere Waren gelte: "Was ich nicht verkaufe, muss ich wegschmeißen."

"Es macht enorm viel Freude", bilanziert die Dorfladen-Chefin nach einem Jahr. Nicht zuletzt, weil auch mancher Kunde sagt: "Ich kaufe gerne in diesem kleinen Laden ein." Deshalb ist es für Englert keine Frage, dass sie den Dorfladen mit Freude weiterführen will. Denn sie ist überzeugt: "Er ist eine Bereicherung des Dorflebens."

Allerdings muss das Geschäft sich auch tragen. Und damit liege der Fortbestand in der Hand der Kunden: "Die Menschen im Ort müssen den Laden auch wollen" – und auch dort einkaufen.