In dem Neubau darf ein Café eingerichtet werden. Baurechtlich ist daran nicht zu rütteln. Archivfoto: Schnurr Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Fünf zu vier zu vier: Geislinger Gemeinderat bei Abstimmung gespalten / Keine Einigung über Vorhaben in Sicht

Das geplante Café an der Ecke Vorstadt-/Konrad-Adenauer-Straße erweist sich als Zankapfel. Nur mit einer Stimme Mehrheit hat der Geislinger Gemeinderat einer notwendigen Nutzungsänderung zugestimmt.

Geislingen. Direkt an der Geislinger Durchgangsstraße errichtet der Erlaheimer Bauträger V23 GbR seit März ein zweistöckiges Wohn- und Geschäftshaus. Bei der Bauvoranfrage sei davon die Rede gewesen, dass im Erdgeschoss ein Café eingerichtet werden solle, heißt es. Dagegen hätten Anwohner Bedenken wegen drohender Lärm- und Verkehrsbelastung sowie fehlender Parkplätze angemeldet.

Im ersten Baugesuch waren aber zwei Gewerbeeinheiten "Büro" geplant, wie die untere Baurechtsbehörde des Landratsamts bestätigt. Daraufhin zogen die Nachbarn ihre Einwendungen zurück, und der Gemeinderat billigte im September 2017 das Vorhaben.

Thomas Welte, einer der drei Gesellschafter von V23, berichtet: Die beiden Büros im Erdgeschoss habe man "wie von der Stadt gewünscht" geplant. Konkrete Vorstellungen zur künftigen Nutzung habe es im vergangenen Jahr noch nicht gegeben. Damals sei unklar gewesen, welchen Mieter man dafür gewinnen würde.

Erst im April dieses Jahres habe man Anrufe von drei Bäckereiketten erhalten, die daran interessiert gewesen seien, die Räume zu mieten. Im Mai habe man Nägel mit Köpfen gemacht und den Vertrag mit Café Bäcker Mayer unterzeichnet. Das Unternehmen aus Kohlberg hatte zuvor vergeblich versucht, geeignete Räume an anderen Plätzen in Geislingen zu finden.

Die Wünsche des künftigen Mieters für einen "Versammlungsraum", sprich: die Nutzung als Café, habe man in den Entwurfsplan übernommen, so Welte weiter. Kurz vor den Sommerferien 2018 stellte die GbR dann den Antrag auf Nutzungsänderung.

Dieser war laut Baurechtsamt erforderlich, weil zuvor nur die Anforderungen für Büroräume geprüft worden waren: "An eine Bäckerei mit Café werden höhere Anforderungen gestellt als an Büroräume, zum Beispiel bezüglich Hygiene, Lebensmittelvorschriften und Stellplätze."

Es handelt sich dabei laut Mitteilung aus dem Landratsamt "um ein ganz normales Vorgehen". Es komme bei gemischten Wohn- und Geschäftshäusern öfter vor, dass sich Nutzung oder Wohnungszuschnitte änderten. Dann müsse die Änderung baurechtlich geprüft werden, gegebenenfalls auch unter Anhörung der betroffenen Nachbarn.

Tatsächlich waren jüngst Mitarbeiter des Baurechtsamts auf der Baustelle. Auch hat es eine Woche vor der Gemeinderatssitzung einen "runden Tisch" der Nachbarn, der Bauherren und der Stadtverwaltung gegeben. Doch eine für alle zufriedenstellende Lösung wurde dabei nicht erzielt: Die Betroffenen fürchten Öffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr, Lärm infolge der Sitzplätze im Freien und zugeparkte Gehwege. Dass der Neubau alle umliegenden Wohnhäuser überragt kommt hinzu – doch das ist zulässig.

So musste der Geislinger Gemeinderat darüber abstimmen, ob er sein Einvernehmen erteilen würde. Bauamtsleiter Markus Buck hielt in der öffentlichen Sitzung fest, dass aus Sicht der Stadtverwaltung eine Zustimmung angebracht sei: Der Bebauungsplan sehe für den Bereich ein Mischgebiet vor; eine Gaststätte und damit auch ein Café sei also erlaubt.

Die Gemeinderäte waren jedoch sehr uneins und fühlten sich teilweise vom Bauträger veräppelt: Wie könne man über eine Nutzungsänderung abstimmen, wenn noch gar keine Nutzung vorliege?, lautete eine Frage.

Ebenso gespalten zeigte sich das Gremium bei der Entscheidung: Da mehrere Bürgervertreter abwesend und Gemeinderat Bernd Welte als V23-Gesellschafter wegen Befangenheit nicht abstimmen durfte, waren letztlich nur 13 Personen stimmberechtigt – einschließlich des Bürgermeisters.

Vier Gemeinderäte votierten gegen die Nutzungsänderung, vier enthielten sich und vier hoben die Hand dafür. Zusammen mit der Bürgermeisterstimme genügte das für die knappste Mehrheit.

Letztlich hätte aber auch ein mehrheitliches "Nein" nichts daran geändert, dass in dem Neubau ein Café eingerichtet werden darf: Wie von der Baurechtsbehörde des Landkreises zu erfahren war, würde in dem Fall geprüft, ob das Baugesuch allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Falls dem so wäre, würde das gemeindliche Einvernehmen durch ein Einvernehmen des Kreises ersetzt – auch dann dürfte gebaut werden.

Das Vorhaben würde nur abgelehnt, wenn es der Landesbauordung, dem Baugesetzbuch, der Baunutzungsverordnung und darauf aufbauenden Baugesetzen wie Satzungen und Rechtsverordungen widerspräche und der Bauherr nach Anhörung durch die Behörde den Gesetzeswiderspruch nicht planerisch beseitige. Davon ist bei dem Projekt in der Vorstadtstraße 23 nicht auszugehen.

Die im Gemeinderat geäußerte Kritik an dem Wohnhaus mit Café kann Bauherr Thomas Welte nicht nachvollziehen: "Wir haben doch nichts verbrochen." Man halte sich strikt ans Baurecht, alles sei mit dem Bauamt abgestimmt – und den Bebauungsplan hätten jene Gemeinderäte, die gegen die Nutzungsänderung stimmten, vor einigen Jahren selbst mit beschlossen.