Um an die defekte Windlade zu gelangen, muss der Orgelbauer alle darüber liegenden Pfeifen in diesem Teil des Instruments ausbauen. Foto: Schwarzwälder Bote

Musik: Defekte Binsdorfer Orgel repariert werden / Starke Temperaturschwankungen verursachen Schaden

Seit fast drei Jahren bereitet die 60 Jahre alte Stehle-Orgel in St. Markus der katholischen Kirchengemeinde Binsdorf Kopfzerbrechen. Am Donnerstag hat der Orgelsachverständige der Diözese das Instrument in Augenschein genommen.

Geislingen-Binsdorf. Als Folge des heißen Sommers 2015 haben die Probleme angefangen (wir haben berichtet): Ein halbes Dutzend der Pfeifen blieben "hängen". Sie erzeugten also Dauertöne, selbst wenn Hildegard Gulde, seit 2005 Organistin der Kirchengemeinde, sie gar nicht spielte.

Markus Hilbel, der Orgelbauer aus Bittelbronn der seit 1993 das Binsdorfer Instrument wartet, stellte fest: Eine der hölzernen Windladen, durch die die Luft vom Blasebalg zu den Pfeifen geleitet wird, hatte wegen der sommerlichen Hitze und Trockenheit Risse bekommen.

Auf 10 000 bis 12 000 Euro hatte Hilbel die Kosten für die erforderliche Reparatur damals veranschlagt. Viel Geld, das die Kirchengemeinde selbst bezahlen muss. Und bevor diese nicht mindestens 80 Prozent des Geldes zusammenbekommen hatte, durfte der Orgelbauer nicht beauftragt werden. Erst recht nicht, bevor sich ein Gutachter der Diözese Rottenburg-Stuttgart davon überzeugt hatte, dass die Reparatur notwendig ist.

10 500 Euro hat die Gemeinde angespart. So konnte ein Termin mit Wolfram Rehfeldt vereinbart werden, dem Orgelsachverständigen für das Dekanat Balingen. Am Donnerstagmittag hat der Fachmann die obere Empore der Binsdorfer Kirche St. Markus erklommen und das dort stehende Instrument geprüft.

Gulde verdeutlichte ihm die Situation: Hilbel hat bereits Ende 2015/Anfang 2016 das hörbar betroffene Register Oktav 4’’ "abgehängt", das heißt den Mechanismus blockiert, der die Luftzufuhr zu der beschädigten Windlade regelt. Alle darin steckenden Pfeifen bleiben seither stumm.

Da die Orgel seit drei Jahren nicht mehr gewartet wurde, sind weitere Probleme aufgetreten: Bei einem der Zwei-Fuß-Register ist das eingestrichene E im zweiten Manual so verstimmt, dass es im Zusammenspiel schmerzhaft falsch klingt. Und seit etwa sechs Wochen ist das Register Quintade 8’’ praktisch nicht mehr zu benutzen: Luft tritt aus, sobald es zugeschaltet wird, und ein schneidendes Nebengeräusch erklingt.

Der Rottenburger Orgelbauprofessor und ehemalige Domorganist Rehfeldt griff selbst in die Tasten des 1958 gebauten Instruments und kam zügig zu einem Urteil: "Es bleibt nichts übrig, als das kaputte Register zu reparieren. Es ist sinnvoll, das einfach zu machen", beschied er. Das bedeutet, dass seitens der Diözese in Kürze das schriftliche Okay für die Reparatur kommen soll.

Rehfeldt ging auch auf die Ursachen des Schadens an der Windlade ein: "Das Problem ist: Unser Klima hat sich geändert. Und wir haben andere Heizgewohnheiten als damals. Außerdem ist das beim Bau der Windladen verwendete Holz einfach empfindlich."

Heizen ist ein Problem

Die Orgel reagiere auf Temperaturschwankungen und trockene Luft. Es sei daher kritisch, wenn man die Kirche regelmäßig stark aufheize, zumal der Standort der Orgel auf der oberen Empore ungünstig ist, weil die Warmluft immer nach oben steigt. Er empfiehlt "vorsichtiges" Heizen: Im Rottenburger Dom habe man im Winter konstant zwölf Grad Celsius; zum Vergleich: In St. Markus schwankt die Temperatur zwischen 13 und 18 Grad. Rehfeldts Empfehlung: Die Binsdorfer Gläubigen sollten "in einem guten Wintermantel" in die Kirche kommen.

12 000 bis 15 000 Euro

Was die tatsächlichen Kosten der anstehenden Reparatur betrifft, so machte der Orgelsachverständige der Gemeinde etwas Mut: Zwar sei schwer zu sagen, ob es bei dem veranschlagten Betrag bleiben werde: "12 000 Euro könnten reichen." Mehr als 15 000 Euro würden es aber kaum werden, bestätigte er auf eine Nachfrage von Kirchengemeinderat Karl-Heinz Block.

Genauer werde man das aber erst dann wissen, wenn man das Instrument aufmache. Eine unbeantwortete Frage ist vor allem, wie lang der Riss in der schadhaften Windlade ist. Um an diese heranzukommen, muss der Orgelbauer erst alle darüber liegenden Pfeifen "abräumen", das heißt: ausbauen.

Neben dieser teueren Reparatur sollen auch die beiden undichten und verstimmten Register instandgesetzt werden: Die Binsdorfer Organistin kompensiert den Ausfall von inzwischen drei der 21 Register, so gut das geht. Das tut sie anscheinend so souverän, dass manche Gemeindemitglieder den Unterschied gar nicht bemerken: "Den Kirchgängern fällt das gar nicht auf", glaubt die Kirchenpflegerin Brigitte Wolpert. Dennoch war ihr, Gulde und Block die Erleichterung anzumerken, dass die Orgel bald wieder auf Vordermann gebracht werden kann.

Wenn genau "bald" ist, steht derzeit noch nicht fest: Kommende Woche tagt der Kirchengemeinderat Binsdorf-Rosenfeld und wird dabei auch über die Orgelreparatur beraten. Angedacht ist, dass die schnell zu erledigenden Arbeiten noch vor der Weihnachtszeit erfolgen, die aufwändigere Reparatur, bei der Pfeifen ausgebaut werden müssen, im Frühjahr.