Spielt mit Köpfchen: Nils Schuon ist die Schaltzentrale im Mittelfeld der TSG Balingen. Foto: Eibner

Regionalliga: Haiterbacher berichtet: "Die letzten 24 Monate waren schon auch hart."

Als "Abstiegskandidat Nummer 1" war die TSG Balingen in die Regionalliga-Saison gegangen, nun hat die Mannschaft am vergangenen Wochenende vorzeitig den Klassenerhalt gefeiert. Mittendrin Nils Schuon aus Haiterbach, den Trainer Ralf Volkwein als den Kopf der Mannschaft bezeichnet.

Wenn Nils Schuon beim Feiern genau so einen langen Atem hat wie auf dem Fußballplatz, dann hatte er am Montag ein verdammt hartes und langes Wochenende hinter sich. Doch große Partys sind sie bei der TSG Balingen aus den vergangenen Jahren fast schon gewohnt. In der zurückliegende Saison die Meisterschaftsfeier in der Oberliga und der damit verbundene Aufstieg in die Regionalliga. Vereinsgeschichte geschrieben. Und in dieser Saison wurde diese um ein weiteres Kapitel – und einen fast noch sensationelleren Erfolg – erweitert: dem Klassenerhalt in der Regionalliga. "Das Wochenende war natürlich super", sagt Schuon und grinst. Welches der beiden Erlebnisse schöner war, könne er nicht sagen. Das würde weder dem einen noch dem anderen gerecht werden. "Der Aufstieg war eine super Sache genau wie der Klassenerhalt in diesem Jahr." Gleichzeitig sei jedoch ein enormer Druck von ihm abgefallen. "Die letzten 24 Monate waren schon auch hart", gibt er zu. Hinter ihm und der Mannschaft liegen zwei sehr intensive Spielzeiten, auch wenn sie vom Erfolg verwöhnt waren. "In der Oberliga waren wir bis zum Schluss zum Siegen verdammt."

Dauerbrenner

Er ist bei der TSG Balingen der Dauerbrenner. In dieser Regionalliga-Saison stand er in 31 von 32 Partien über 90 Minuten auf dem Platz. Auch in der vergangenen Saison, als die TSG in der Oberliga Meister geworden war, hatte der 27-Jährige nur eine Partie verpasst. Genauso wie im Jahr davor. "Seit ich in Balingen Trainer bin, hat er fast alle Spiele, in denen er nicht verletzt war, von Anfang an bis zum Ende durchgespielt", sagt Trainer Ralf Volkwein. "Das allein zeigt, wie wichtig er für die Mannschaft ist." Schuon ist bei Volkwein über jeden Zweifel erhaben. Mehr Lob gibt es nicht. Das sagt viel über die Qualitäten eines Fußballers aus.

Stratege auf dem Platz

Nils Schuon ist im Mittelfeld der Balinger die Schaltzentrale, sozusagen der Kopf der Mannschaft. "Er ist unser Stratege auf dem Platz", sagt Volkwein. Er schätzt an ihm, wie er die Mannschaft führt und wie clever er, das Spiel lesen kann und die Situationen löst. Als Kapitän Manuel Pflumm Mitte der Saison für einige Spiele ausgefallen war, führte Schuon die Mannschaft als Spielführer auf das Feld. Es sei sogar gut möglich, dass er in der kommenden Saison, wenn Pflumm nicht mehr bei der TSG spielt, dauerhaft Kapitän ist. "Und seine überragenden Standardqualitäten." Zweimal hat er in dieser Saison getroffen, zweimal mit einem direkten Freistoß. Der Haiterbacher verkörpert zudem die Tugenden, die das Team zum Klassenerhalt geführt haben: Laufen und Kämpfen bis zum Umfallen.

Erster Abstiegskandidat

"Spielerisch können wir mit den meisten Mannschaften in dieser Liga nicht mithalten", sagt Schuon. "Aber wir haben mit dem mitgehalten, was uns stark macht. Wir sind ein echtes Team. Da kämpft jeder für jeden", führt er aus. Dass die Balinger in der Regionalliga den Klassenerhalt schaffen, das hatte ihnen eigentlich bis zuletzt kaum einer zugetraut. Genau genommen, "waren wir der Abstiegskandidat Nummer 1", betont Schuon. Einige Mannschaften in der Regionalliga arbeiten unter Profibedingungen. Dort wird zweimal am Tag trainiert. Die Spieler Leben von und für den Fußball. "Wir trainieren im Vergleich zu den anderen Mannschaften wenig", sagt er. Doch es geht nicht anders. "Wir haben alle noch einen Job. Während die anderen Mannschaften morgens trainieren, sitzen wir im Büro", betont Schuon.

Berufliche Herausforderung

Der 27-Jährige lebt inzwischen in Rottenburg und arbeitet bei einer Agentur in Stuttgart. Dort ist er nach dem Aufstieg in die Regionalliga auf eine 32-Stunden-Woche heruntergefahren. "Anders geht das jetzt nicht mehr." Sonst würde er einen Großteil seines Jahresurlaubs für den Fußball brauchen. Auswärtsspiele auch unter der Woche, Trainingslager: Was im Laufe einer Saison eben so ansteht. "Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, in der Regionalliga zu spielen", betont er. Doch solche Momente, wie er sie in dieser Saison erleben durfte, zahlen es ihm wieder zurück. Wenn er von den Spielen in Mannheim oder Offenbach vor 5000 oder 6000 Zuschauern erzählt, gerät er ins Schwärmen. "Das war natürlich schon toll." Oder die Berichterstattung. "Wenn man dann mit einem fünf minütigen Beitrag in der Sportschaue kommt." In der Oberliga kam es dagegen noch oft vor, dass die Balinger vor 300 oder 400 Zuschauern gespielt haben. Das sei natürlich kein Vergleich gewesen.

Den Sprung geschafft

Er hat ihn in Balingen zweimal geschafft, den Sprung in die nächsthöhere Liga, seit "Schnipo" im Sommer 2014 vom VfL Nagld zur TSG Balingen gewechselt ist. Damals hatte er Nico Willig, den heutigen Trainer des VfB Stuttgart, der damals die Balinger coachte, bei einem Probetraining überzeugt. Dann verletzte er sich zu Saisonbeginn schwer und fiel für die restliche Spielzeit aus. "Es war für mich damals schon eine Umstellung, von der Verbandsliga in die Oberliga zu kommen", sagt er. Die Regionalliga sei nun in Sachen Tempo und Aggressivität nochmal eine ganz andere Hausnummer gewesen. "Das gute war, dass ich mich Stück für Stück weiterentwickeln konnte." Einen Schritt nach dem anderen machen.

Das Feuer brennt weiter

Das haben sie ihm bei der TSG ermöglicht. Auch deshalb fühlt er sich im Verein richtig wohl. "Was soll ich denn jetzt anderes sagen?", fragt er und lacht. "Wenn man in dieser und letzter Saison so große Erfolge gefeiert hat, und wie ich jeweils nur ein Spiel nicht gespielt hat, dann kann man doch gar nicht unzufrieden sein", liefert er die Begründung. Außerdem seien innerhalb der Mannschaft richtig gute Freundschaften entstanden. "Wir unternehmen viel gemeinsam, auch abseits des Fußballs." Bei den Zuschauern ist er ebenfalls beliebt. Bei einer Abstimmung wurde er zum Balinger Spieler der Hinrunde gewählt. Sie wird es freuen, dass er seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert hat.

Was kommt danach?

Doch jetzt möchte er nach den letzten beiden noch ausstehenden Spielen erst einmal abschalten, die fußballfreie Zeit genießen. Was Schuon danach noch reizen würde, wäre, den WFV-Pokal zu holen und dann am DFB-Pokal teilzunehmen. "Dann ein attraktives Los Bayern, Dortmund oder Stuttgart zu bekommen, das wäre toll." Seit er in Balingen spielt, ist er im Pokal zweimal im Halbfinale gescheitert – so auch in dieser Saison. "Ich bin mal gespannt, wie das dann in der kommenden Saison läuft." Dagegen jetzt schon gewiss ist, dass die Balinger auch in der kommenden Spielzeit zu den ersten Mannschaften gehören, die genannt werden, wenn es um die Absteiger aus der Regionalliga geht. Es wird wieder ein großer Kampf.