Das Trikot des Regionalligisten FC Homburg (links) war eine der Stationen von Pascal Reinhardt. Inzwischen steht der Stürmer aus Hochdorf in Neuseeland bei Waitakere United unter Vertrag – und genießt als begeisterter Surfer auch die Wellen des Landes. Foto: Eibner/Montage: v. Gottschalck

Pascal Reinhardt aus Hochdorf steht mit Waitakere United vor Einzug ins Endspiel der neuseeländischen Liga.

Einen Meistertitel im Ausland holen – für Pascal Reinhardt könnte sich dieser Lebenstraum erfüllen. Der 24-jährige Hochdorfer tritt an diesem Wochenende mit seinem Team Waitakere United im Halbfinale der neuseeländischen Fußball-Liga an.

Young Heart Manawatu, FC Waikato, Otago United – den wenigsten deutschen Fußballfans dürften die Namen der neuseeländischen Erstligisten locker über der Zunge gehen. Dabei gibt es einen 24-Jährigen aus dem Nordschwarzwald, für den genau das Alltag ist: Pascal Reinhardt aus Hochdorf wechselte im Januar ans andere Ende der Welt und spielt seither für Waitakere United. Mit fünf Meistertiteln ist das Team aus der Region Auckland zweiterfolgreichster Verein der 2004 gegründeten neuseeländischen Fußball-Liga. Noch erfolgreicher ist mit sechs Titeln einzig der FC Auckland City. Doch schon kommende Woche könnte Waitakere United gleichziehen, denn Reinhardts Team hat das Liga-Halbfinale erreicht – und damit die Chance, zum sechsten Mal neuseeländischer Meister zu werden.

Waitakere United sucht händeringend Stürmer

Warum wechselt man als talentierter Spieler, der in Deutschland stets für Dritt- und Regionalligisten aktiv war (siehe Info), in ein Fußball-Entwicklungsland am anderen Ende der Welt? "Die haben unbedingt einen Stürmer gesucht", grinst der 24-Jährige. Zuletzt war er in der Regionalliga Südwest für den SSV Ulm aktiv, wurde dort allerdings kaum berücksichtigt: Nur zwei Spiele bestritt Reinhardt während der gesamten Hinrunde für die Spatzen, erzielte dabei aber immerhin ein Tor. "In Ulm lief es einfach nicht mehr so", gesteht der Hochdorfer. Da kam ein Gespräch mit dem Mönchengladbacher Stefan Thelen, den er während seiner Zeit beim FC Homburg kennengelernt hatte, gerade recht: Thelen war im vergangenen Sommer von Rot-Weiß Essen zu Waitakere United gewechselt und warb bei Reinhardt für seinen neuen Verein.

Lange überredet werden musste der nicht. "Ich habe zwar auch Angebote aus der Regionalliga gekriegt, aber wann bekommt man schon mal so eine Möglichkeit?", fragte sich der Hochdorfer – und sagte prompt zu. Das hat Reinhardt bis heute nicht bereut. Er sagt: "Mir haben mehrere Spieler von der Verbandsliga bis zur 2. Bundesliga geschrieben, dass so etwas auch ihr Traum sei. Neuseeland kann ich jedem nur empfehlen, alleine schon von der Landschaft her. Die ist wirklich gigantisch."

Erstes Liga-Spiel direkt nach der Landung

Der Sprung ins neuseeländischer Fußball-Wasser hätte für Reinhardt allerdings nicht kälter sein können: Anfang Januar landete der Stürmer aus Deutschland in Neuseeland, noch mal selben Abend bestritt er bereits gegen Hawke’s Bay United sein erstes Liga-Spiel. Reinhardt wurde in der 85. Minute eingewechselt, Waitakere United gewann mit 1:0.

Während die Zeitumstellung so kurz nach der Landung noch keine Probleme bereitete, machte der Jetlag dem Nordschwarzwälder anschließend schwer zu schaffen. Zwölf Stunden ist Neuseeland der mitteleuropäischen Zeitzone voraus. "Gleich in der ersten Nacht hatte ich nach dem Spiel schwere Beine und am Anfang im Team richtige Startschwierigkeiten", erinnert sich Reinhardt. Inzwischen ist er bei Waitakere United gesetzt, schon bei seinem zweiten Einsatz gelang ihm beim 2:1-Sieg gegen die Hamilton Wanderers der erste Saisontreffer. Es war allerdings auch der bislang einzige.

Die Unterschiede zwischen dem deutschen und neuseeländischen Fußball kann Reinhardt nur schwer beschreiben: "Ich werde das ganz oft gefragt, aber das ist kaum zu vergleichen. Hier wird Fußball sehr physisch gespielt. Es geht während dem Spiel sehr viel hin und her mit nur wenigen Ballbesitz-Phasen."

Allerdings kann man Waitakere United einen gewissen europäischen Touch nicht absprechen, denn – neben vier Briten und einem Spanier im Kader – ist das Team der neuseeländische Erstligist mit den meisten deutschsprachigen Akteuren. So können sich Reinhardt und sein Kumpel Thelen auch mit dem österreichischen Torwart Pirmin Strasser, der zuletzt für den SV Grödig in der österreichischen Bundesliga spielte, auf Deutsch unterhalten. Und auch der Co-Trainer von Waitakere United ist ein Deutscher. Allerdings: Ihr eigenes Süppchen koche die deutschsprachige Fraktion nicht. Zwar haben Reinhardt, Thelen und Strasser anfangs gemeinsam in einem Haus am Strand gewohnt, was dem begeisterten Surfer aus Hochdorf besonders gut gefiel, doch innerhalb der Mannschaft spiele das kaum eine Rolle. "Ich versuche, mich mit den beiden in der Kabine auf Englisch zu unterhalten, damit die anderen das auch verstehen können", betont Reinhardt. "Natürlich bekommen wir drei schon mal einen Spruch reingedrückt, wir wurden von den anderen aber sofort gut aufgenommen. Wir haben ihnen sogar schon ein paar Wörter auf Deutsch beigebracht." Welche das sind, will er aber "lieber nicht" sagen.

Wind macht immer Probleme in Wellington

Zweifelsohne: Noch besser wird die Stimmung bei Waitakere United sein, wenn der Einzug ins Finale der neuseeländischen Meisterschaft gelingt. Am frühen Sonntagmorgen um 5 Uhr (deutscher Zeit) trifft der fünffache Meister im Halbfinale auswärts auf den Hauptstadt-Klub Team Wellington. Mit dem hat Reinhardts Mannschaft ohnehin noch ein Hühnchen zu rupfen, denn in der regulären Saison setzte es gegen Wellington die bislang höchste Saisonniederlage: Mit 2:7 ging Waitakere United in der Hauptstadt baden. Eine gewisse Mitschuld hatten an der Klatsche allerdings auch die besonderen Wetterbedingungen, die in dem kleinen Stadion in der Hauptstadt herrschen. Reinhardt weiß: "Da ist immer richtig viel Wind. In der ersten Halbzeit hatten wir mit dem Wind gespielt und mit 2:0 geführt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann gegen den Wind sieben Gegentore bekommen." Für das Halbfinale, das live im neuseeländischen Fernsehen übertragen wird, ist Waitakere United also gewarnt. Die Chancen, den Hauptstadt-Klub zu schlagen und ins Meisterschaftsfinale einzuziehen, schätzt Reinhardt auf "50 zu 50" ein: "In dieser Liga kann jeder jeden schlagen."

Neuseelands Meister bei der Fifa-Klub-WM

Sollte der Sieg gegen Wellington gelingen und ein weiterer im eine Woche später stattfindenden Finale folgen, winkt für Waitakere United der große Coup: Der neuseeländische Meister erhält einen Startplatz für die ozeanische Champions League, deren Gewinner sich wiederum für die Fifa-Klub-WM qualifiziert und dort auf die Spitzenvereine aus Europa und Südamerika trifft. Seit Australien 2005 vom ozeanischen zum asiatischen Fußballverband wechselte, gewann jedes Jahr – mit nur einer Ausnahme – der neuseeländische Meister die ozeanische Champions League. Waitakere United gelang dies zuletzt 2008. Bei der anschließenden Klub-WM in Japan scheiterten die Neuseeländer jedoch im Ausscheidungsspiel an Adelaide United aus Australien.

Der Traum, einmal in einem Pflichtspiel gegen Real Madrid, die Boca Juniors oder seinen alten Verein Bayern München zu spielen, wird für Reinhardt allerdings zumindest vorerst nicht in Erfüllung gehen. Denn für ihn steht fest: Im April ist das Kapitel Neuseeland definitiv beendet. Die dortige Fußball-Liga pausiert bis Oktober, die in der Zwischenzeit ausgetragene Sommer-Liga gilt als finanziell zu uninteressant. Wie es für Reinhardt dann in Deutschland weitergeht, weiß er noch nicht: "Ich bin für alles offen. Allerdings bin ich hier drüben weit weg und stehe in Deutschland nicht im Fokus."

Hochdorfer wollen Finale live sehen

Bevor der 24-Jährige jedoch an Deutschland denkt, richtet er den Fokus erst einmal voll und ganz auf die neuseeländische Meisterschaft. Und nicht nur er: Aus seinem Heimatort – mit dem VfL Hochdorf besteht nach wie vor ein regelmäßiger Kontakt – seien schon die ersten Anfragen gekommen, ob man die Final-Spiele von Waitakere United live im Fernsehen oder Internet sehen könne. In Deutschland sei das laut Reinhardt zwar nicht möglich, dennoch werden es die Hochdorfer mitbekommen, ob der Stürmer tatsächlich Meister geworden ist, wenn er im April wieder im Nordschwarzwald auftaucht. "Als ich damals mit dem FC Homburg saarländischer Pokalsieger geworden bin, habe ich mir die Haare abrasiert. Aber wenn ich das wieder mache, lässt mich meine Mutter nicht mehr rein", lacht Reinhardt. Eine optische Veränderung ist dennoch geplant: Der Hochdorfer will sich ein Tattoo mit einem neuseeländischen Motiv stechen lassen, sollte es mit dem Titelgewinn klappen.

Info: Vom FC Bayern bis nach Neuseeland

 Seine Karriere begann Pascal Reinhardt beim VfL Hochdorf. Seinem Heimatverein blieb er bis zur D-Jugend treu.

 Ab der C-Jugend kickte der Hochdorfer für die Jugendmannschaften des SSV Reutlingen, sein zweites A-Jugend-Jahr verbrachte er bei den Stuttgarter Kickers.

 Zur Saison 2011/12 wechselte der damals 19-Jährige zum FC Bayern München II. Für die zweite Mannschaft des deutschen Rekordmeisters absolvierte Reinhardt neun Spiele in der Regionalliga Süd, die zu dem Zeitpunkt noch die dritthöchste Spielklasse in Deutschland war.

 In den Spielzeiten 2012/13 und 2013/14 schloss sich der Hochdorfer in der neu gegründeten Regionalliga Südwest dem FC Homburg an. Für den ehemaligen Bundesligisten aus dem Saarland machte Reinhardt in den beiden Jahren 39 Spiele und erzielte insgesamt zwölf Tore. Zudem wurde er mit dem FC Homburg 2014 saarländischer Landespokalsieger, was die Qualifikation für den DFB-Pokal bedeutete.  Reinhardts nächste Station war der FSV Mainz 05 II in der Saison 2014/15. In acht Einsätzen in der 3. Liga gelangen ihm zwei Treffer. Die Mainzer wurden am Ende Tabellenletzter und stiegen in die Regionalliga ab.

 Zuletzt in Deutschland aktiv war Reinhardt in der Hinrunde der laufenden Saison für den SSV Ulm in der Regionalliga Südwest – mit mäßigem Erfolg. Nur zweimal wurde der Hochdorfer Stürmer bei den Spatzen aufgestellt, wobei ihm jedoch ein Tor gelang.