Der Nagolder Chris Wolfer (links) beim diesjährigen Turnier in der Bächlenhalle. Foto: Priestersbach

Hallenfußball: Budenzauber wird zum Schnee von gestern: Weshalb gerät ein beliebtes Modell ins Abseits?

Die Hallenturniere, die waren schon immer eine super Sache, erinnert sich Werner "Charly" Mann. Als Abteilungsleiter Fußball des VfL Stammheim war er 27 Jahre für die Ausrichtung der Turniere in Stammheim zuständig. 2014 hatte das letzte davon stattgefunden. Fragt man herum, war es ein sehr beliebtes Turnier. Weshalb ist es also von der Landkarte verschwunden. "Es hat sich keiner gemeldet, der es weiterführen möchte", erinnert sich Mann. "Die Halle wurde renoviert, es kam ein neuer Boden rein. Da hätten wir auch eine neue Bande zimmern müssen", fährt er fort. Dabei sei es ohnehin immer schwierig gewesen, Leute zu finden, die beim Turnierablauf mithelfen wollen. Also wurde das große Kapitel Hallenturnier in Stammheim beendet.

Es ist kein Einzelfall. In diesem Jahr wurde beispielsweise das Turnier der SV Böblingen gestrichen, eines der ältesten im Sportkreis Böblingen/Calw. Nur zehn Mannschaften hatten sich angemeldet. Einfach zu wenige. "Am Schluss musst du immer betteln gehen, um Vereine zu überreden, mitzumachen", weiß auch Werner Mann aus Erfahrung. "Die Jungs sind heute einfach nicht mehr so heiß auf die Halle wie früher."

Stammheims Trainer Manuel Vogt ist beispielsweise kein großer Freund des sogenannten Budenzaubers. Und er ist beileibe nicht der einzige. Die Verletzungsgefahr ist vielen einfach zu groß. Zudem sollen die Spieler die Winterpause nutzen, um mal ein paar Wochen vom Fußball abzuschalten. "Im Januar geht dann die Vorbereitung schon wieder los", betont Werner Mann. Und: "Die Feldrunde hat absolute Priorität."

Ein kleines Verbot

Von großen Verletzungssorgen kann Armin Redzepagic, Trainer des VfL Nagold, in dieser Saison stundenlange Vorträge halten. Er musste in der Hinrunde der Verbandsliga teilweise auf sechs bis acht Stammspieler verzichten. Deshalb gilt bei ihm: "Die Jungs, die ohnehin schon angeschlagen oder sehr verletzungsanfällig sind, möchte ich jetzt nicht auch noch in der Halle sehen." Es sei dieses Jahr aber das erste Mal, dass er ein kleines Verbot ausspricht. Er hat den Plan für sein Team auch auf vier Turniere reduziert. Die Nagolder treten bei Zrinski Calw, beim Turnier in Herrenberg, in Althengstett und beim eigenen Cup an. Ganz möchte er seinen Jungs den Spaß nämlich auch nicht verderben. "Die jungen Kerle können das schon ab", sagt er.

Ganz allgemein ist Hallenfußball für Armin Redzepagic nämlich eine feine Sache. "Ich war schon immer ein Freund davon. Das schweißt zusammen und macht die Mannschaftskasse voll", sagt er. Und erinnert zum Beispiel an das Herrenberger Turnier, das er mit seiner Mannschaft im vergangenen Jahr gewonnen hat. "Die Zuschauer haben Bubacarr Sanyang gefeiert wie einen Superstar. Da sind Kinder gekommen und wollten Autogramme von ihm."

Was ihm ebenfalls gefällt, ist der sportliche Aspekt. "Winterpause heißt nicht, nichts tun, sondern, aktiv zu regenerieren. Ich möchte nicht, dass einer in das Vorbereitungstraining kommt und erst damit anfangen muss, Kilos abzubauen. Hallenfußball ist perfekt, um sich fit zu halten."

Ärztliche Meinung

Sind die Spieler in den Hallen wirklich einer größeren Verletzungsgefahr ausgesetzt als auf dem Feld? "Nein", sagt zumindest Markus Mutz, Teamarzt des VfL Nagold und leitender Arzt des Winghofer Medicum Rottenburg. "Mir ist eine Studie aus dem ›American Journal of Sports Medicine‹ aus dem Jahr 2006 bekannt, nach der man keinen Unterschied in der Verletzungshäufigkeit zwischen indoor und outdoor Fußball feststellen konnte. Das bestätigt mein persönlicher Eindruck auch", erklärt er. Was in der Halle jedoch häufiger auftreten könne seien "Kontaktverletzungen", also Prellungen, Schürfungen oder Blutergüsse. Zu einer ausreichend langen Regenerationszeit rät er jedoch jedem Amateurfußballer. "Vier Wochen Fußballpause sind gut", sagt er. "Diese könne individuell, wenn zum Beispiel Verletzungen oder Überbelastungen vorliegen, ruhig auch etwas länger ausfallen." Im Anschluss an diese Pause sei Kicken in der Halle jedoch eine "sinnvolle Beschäftigung für die Winterpause". Er weißt jedoch auch darauf hin, dass die körperliche Belastung in der Halle anders ist als auf dem Feld. "Deshalb wäre eigentlich auch hierfür eine spezielle Vorbereitungszeit notwendig, die in der Regel nicht eingeräumt wird."

Das große Aber

Benjamin Maier, Trainer des Landesligisten SF Gechingen, ist ein "großer Fan von Hallenfußball". In seinen Augen ist es die reinste Spielform überhaupt. "Es gibt keine bessere Spielform als Vier-gegen-Vier auf engem Raum. Da lernt man Technik und spielerische Finesse. Das ist sehr positiv auch im Hinblick auf die Feldrunde", betont er. "Es ist sehr schade, dass immer weniger Mannschaften in der Halle spielen wollen und es nicht mehr den Stellenwert von früher hat." Dann kommt das große aber: "In diesem Winter werden wir die Halle mit Vorsicht genießen, weil im Moment viele Spieler verletzt sind. Es werden nur die spielen, die fit sind und richtig Bock darauf haben." Die Gechinger nehmen neben dem eigenen Turnier noch in Althengstett, Calmbach und Nagold Teil.

Egal, ob Fan von Hallenfußball oder nicht. Bei einer Sache sind sich dann doch alle einig. Dabei, dass es nur um den Spaß gehen sollte.