Für den Videobeweis gibt es von Erich Frey die rote Karte. (Symbolbild) Foto: dpa

Interview: Calwer Schiedsrichter-Obmann kritisiert Videobeweis: "Das ist so langsam das Ende vom Fußball."

Video-Schiedsrichter beim Confed Cup, dazu die neun Vorschläge des International Football Association Board (IFAB) zur Änderung der Fußballregeln: In dieser Sommerpause gibt es viel Gesprächsstoff für die Unparteiischen im Kreis Calw. Wir haben uns mit Erich Frey, Obmann der Schiedsrichter-Gruppe Calw, unterhalten, was er von den Vorschlägen der IFAB-Regelhüter hält – und ob er sich vorstellen könnte, selbst einmal Videoschiedsrichter zu sein.

Herr Frey, stehen Sie und Ihre Kollegen künftig nur noch 60 Minuten lang auf dem Platz?

Ich glaube nicht, dass das kommt. Unser DFB-Präsident Reinhard Grindel ist ja auch total dagegen. Vor allem im Amateurbereich wird das nicht kommen. Da gibt es ja keinen Videobeweis und dann ist das sowieso überflüssig.

Sind Sie ein Freund vom Videobeweis?

Für mich ist das so langsam das Ende vom Fußball. Wenn über Schiedsrichter-Entscheidungen nur noch diskutiert wird, dann ist das der Anfang vom Ende. Wenn nur noch die Leute das Sagen haben, die außerhalb vom Spielfeld sitzen, dann ist der Fußball doch zur Nebensache geworden.

Was halten Sie von den IFAB-Vorschlägen?

Davon halte ich gar nichts. Ich weiß gar nicht, wie die sich das vorstellen. Ich kann doch zum Beispiel kein Tor werten, wenn der Ball die Torlinie gar nicht überschritten hat. Diese Regeln haben aus meiner Sicht keine Zukunft.

Die Idee, die hinter den IFAB-Vorschlägen steckt: Der Fußball soll attraktiver werden. Ist der Fußball in seiner jetzigen Form zu unattraktiv?

Der Videobeweis hat den Fußball unattraktiver gemacht. Bis jetzt lebte der Fußball von Fehlern und von tollen Entscheidungen. Wenn jeder bestimmen kann, dass jetzt das Video angeschaut wird, ist das witzlos. Man hat es beim Confed-Cup-Spiel zwischen Deutschland und Kamerun gesehen: Wenn man trotz Video drei Fehlentscheidungen trifft, dann frage ich mich, was der Videobeweis eigentlich bringen soll. Das Spiel war deswegen bestimmt zwei Minuten lang unterbrochen – wegen einer einzigen Entscheidung. Dabei ist die Entscheidung doch eigentlich sonnenklar: Es gibt einen Pfiff und dann geht’s weiter. Dafür braucht man keinen Videobeweis. Die Schnelligkeit des Fußballs lebt von den getroffenen Entscheidungen. Der Fußball wird immer unattraktiver, wenn ständig Leute von außerhalb die Entscheidungen des Unparteiischen anzweifeln können.

Das bedeutet: Video-Schiedsrichter sein wäre kein Job für sie?

Nein, auf gar keinen Fall. Absolut nicht.   Die Fragen stellte Tim Geideck.

INFO

 Die Spieldauer wird auf "effektive Spielzeit" umgestellt. Statt 90 wird nur noch 60 Minuten gespielt.

 Bei Freistößen und Eckbällen sollen Spieler sich den Ball selbst vorlegen können. Bisher ist das nicht erlaubt: Spieler dürfen ihn lediglich einmal berühren. Dies soll den Mannschaften mehr Möglichkeiten bei der Ausführung von Standardsituationen geben.

 Der Ball soll bei Freistößen nicht mehr ruhen müssen.

 Die Aufnahme eines Rückpasses durch den Torwart mit der Hand wird bislang mit einem indirekten Freistoß geahndet. Das IFAB schlägt nun vor, dieses Vergehen mit einem Elfmeter zu bestrafen.

 Verhindert ein Spieler ein Tor mit der Hand auf der Torlinie, wird dies als Tor gewertet werden – unabhängig davon, ob der Ball im Tor gelandet ist oder nicht.

 Bei Elfmetern ist kein Nachschuss mehr erlaubt. Stattdessen gibt es Abstoß.

 Feldspieler sollen Abstöße künftig auch innerhalb des Strafraums annehmen dürfen.

 Meckern lohnt sich nicht: Kritik am Schiedsrichter wird mit Tor- oder Punktabzug bestraft.

 Das Spiel wird erst abgepfiffen, wenn der Ball im Aus ist.