Mit "in aller Welt – zu jeder Stund" empfiehlt die Chemiefaser Lenzing AG ihr Produkt Viscolen und präsentiert den Kunden eine Weltuhr als Werbegeschenk. Fotos: Kouba Foto: Schwarzwälder Bote

Historisches: Deutsches Uhrenmuseum präsentiert Objekt des Monats August

Furtwangen (kou). Seit geraumer Zeit zeigt und kommentiert das Deutsche Uhrenmuseum Besonderheiten in seinem Depot. Das Objekt des Monats August rangiert unter dem Titel "Mit Gaslaternen ins 21. Jahrhundert?". Bei dem Sammlerstück handelt es sich um eine Weltzeituhr aus den 1960er-Jahren mit Uhrwerk einer Wiener Gaslaterne aus dem Hause "Lenzing Technik" der oberösterreichischen Gemeinde Lenzing.

Ende der 1960er Jahre standen die Zeiger auf Wirtschaftswachstum und die Firma Chemiefaser Lenzing wollte Global Player werden. Zugleich wollte das Unternehmen nicht von seiner Tradition abrücken und ein sinniges Werbegeschenk kreieren. Das Tochterunternehmen Lenzing Technik fertigte eine Tischuhr mit Weltzeitanzeige, deren Uhrwerk aus Wiener Gaslaternen entstammte – ein Produkt, das Tradition und Zukunftsvision vereinte.

Die Rückseite der Uhr verrät: nach dem Wiener Kongress kamen die Gaslaternen auf und "Das Werk dieser Weltzeituhr stammt aus einer Wiener Gaslaterne und hatte durch Jahrzehnte die Aufgabe, als Schaltuhr bei Einbruch der Dämmerung die Laterne anzuzünden und beim Morgengrauen wieder zu löschen." Die automatischen Zünd- und Löschuhren waren in den Gastraßenleuchten seit 1912 im Einsatz. Vor jener Zeit waren es Laternenwärter, die die Straßenlaternen an- und ausschalten mussten.

Die neuen Schaltuhren waren eine zukunftsorientierte Neuerung, die Zeit und Geld sparte. Doch die Entwicklung blieb nicht stehen und elektrische Laternen folgten. Bis 1964 war die Straßenbeleuchtung umgestellt und Schaltuhren hatten ausgedient.

Vielerorts blieb aus Nostalgie die beliebte alte Gaslaterne erhalten, fast wehmütig ist auf dem Objekt zu lesen: "Heute ist die Gaslaterne aus dem Stadtbild verschwunden; im Jahre 1963 wurde die letzte Gaslaterne feierlich gelöscht. Aber die Erinnerung an die Wiener Gaslaterne mit ihrer Romantik und dem Zauber einer vergangenen Zeit lebt in vielen Liedern, in der Literatur und im Wiener Humor weiter." Man denke an "In unsern Gasserl brennt no d’ Gaslatern" oder "Du guate alte Gaslatern".

Der Blog des Uhrenmuseums ergänzt: "Allein, dass die letzte Gaslaterne ›feierlich gelöscht‹ wurde, zeigt uns – auch wenn moderne Straßenbeleuchtungen begrüßt und vermeintlich rückständige Technik abgebaut wurde; so ganz ohne Wehmut wollte man sich doch nicht von der Vergangenheit verabschieden. Zumindest ein bisschen vom Zauber der vergangenen Zeit sollte bewahrt werden."