Forschung: Neue Studie im Nationalpark Schwarzwald / Brustgurte messen Herzfrequenz

Über die wohltuende Wirkung des Waldes ist schon einiges bekannt. Aber wie verhält es sich mit Wildnis? Erleichtert sie die Entspannung, weil sie noch ungewohntere Bilder und Erfahrungen liefert oder wirkt sie eher verstörend?

Region. Solchen Fragen widmet sich eine neue Studie im Nationalpark Schwarzwald – und leistet damit Pionierarbeit. "In der umweltpsychologischen Forschung ist seit Jahrzehnten belegt, dass naturnahe Umwelten Erholung von Stress und ermüdeter Konzentrationsfähigkeit bieten, wenn sie als faszinierend erlebt werden und ein Kontrasterleben zum Alltag ermöglichen. Allerdings wissen wir noch nicht, welche Rolle Wildnis hierbei spielt", erklärt Eike von Lindern vom Unternehmen Dialog N – Forschung und Kommunikation für Mensch, Umwelt und Natur, der die Studie gemeinsam mit der Umweltwissenschaftlerin Susanne Blech leitet.

An drei Tagen haben Studenten der Universität Landau und der Hochschule Darmstadt drei Wege im Schutzgebiet genau unter die Lupe genommen: mit Fotokameras, um besonders wilde Anblicke einzufangen, und Fragebögen, um ihr Erleben möglichst genau zu beschreiben. "Wir haben außerdem alle Teilnehmer mit Herzfrequenz-Sensoren und GPS-Geräten ausgerüstet, um die Herzfrequenzraten mit Punkten in der Landschaft zusammenbringen zu können", erläutert von Lindern. Die Studenten lernen gleich doppelt: "Neben Erkenntnissen über ihr subjektives Wildniserleben bekommen sie hier anwendungsbezogene Forschung mit – und das eben auf einem noch ganz neuen Gebiet", sagt Kerstin Ensinger, die den Sachbereich Erholung und Tourismus im Nationalpark leitet und im Sommer 2016 mit einer ersten Pilotstudie den Grundstein für diese besondere Wildnisforschung gelegt hat.

Die getesteten Wege in der neuen Studie – Schliffkopfrunde, Wildseeblick-Runde und Wildnispfad – wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Ranger- und Pädagogenteam des Nationalparks ausgewählt, die später wiederum von den Ergebnissen profitieren. "Wenn wir genauer wissen, welche Anblicke und Orte wie auf Menschen wirken, können wir das in unsere Führungen einfließen lassen und die Gäste genau dort abholen", erklärt Ensinger.

Ergebnisse nächstes Jahr

Natürlich sind die Daten nicht repräsentativ für alle Besucher – "aber sie geben uns Ansatzpunkte", sagt die Psychologin. Die Arbeit mit Studenten sei hier die beste Lösung gewesen, "weil sie auch die Ausdauer und Motivation hatten, wirklich drei Tage lang mitzuforschen", ergänzt von Lindern. Allerdings hätten sich relativ spontan noch einige Urlauber entschieden, ebenfalls an dem Projekt mitzuwirken.

Mit ersten Ergebnissen rechnet Ensinger Anfang nächsten Jahres. Aber – so viel kann von Lindern bereits jetzt sagen – "die Methode, Wildnishaftigkeit mit verschiedenen Fragen zu erfassen, hat auf jeden Fall funktioniert, das ermöglicht uns ein vertiefendes Verständnis von den komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt".

In Zukunft könne darauf aufbauend vielleicht sogar eine App entwickelt werden, "mit der Nationalparkgäste ihre eigenen Reaktionen auf den wilder werdenden Wald erforschen können", verrät Ensinger.