Der 19-Jährige schlug einem anderen Gast in einem Lokal mit der Faust mehrfach ins Gesicht. Foto: dpa

Gericht entscheidet: 19-Jähriger erhält für Schlägerei und Sachbeschädigung Verwarnung.

Freudenstadt - Amtsgerichtsdirektor Michael Gross verpasste einem 19-Jährigen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung einen Denkzettel. Der junge Mann, der bei der Tat stark betrunken war, erhielt eine Verwarnung, muss 25 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten und zur Suchtberatung.

Die Tat hatte sich im Februar in einem Freudenstädter Lokal abgespielt. Der 19-Jährige schlug einem anderen Gast mit der Faust mehrfach ins Gesicht. Sein Gegner erlitt dabei einen Kieferbruch und musste zur stationären Behandlung ins Krankenhaus. Narben sind bis heute sichtbar, die Kieferoperationen dauern an. Außerdem beschädigte der junge Mann zwei Monate später, wiederum unter Alkoholeinfluss, zwei geparkte Autos. An einem trat er den Außenspiegel ab, am anderen einen Frontscheinwerfer ein. Zum Prozess – beide Fälle wurden in einem Aufwasch verhandelt – hatte das Gericht elf Zeugen geladen, von denen zehn erschienen und ihre Beobachtungen schilderten. Der Angeklagte selbst erklärte, er könne nicht sagen, ob die Vorwürfe stimmen. Er erinnere sich "nur noch bruchstückhaft". Bei der zweiten Tat hatte der Schüler eine Alkoholkonzentration von 2,2 Promille im Blut.

Bei der polizeilichen Vernehmung hatte er die Straftaten bestritten. Vor Gericht äußerte er sich dahingehend, dass er beide Vorkommnisse zumindest nicht ausschließen könne. Eine Entschuldigung beim Mann, dem er einen Kieferbruch zugefühgt hatte, bliebt aus.

Der Angeklagte lebt seit zehn Jahren in einem Kinderheim, da sich seine Eltern 2008 getrennt hatten. Im Zuge des Sorgerechtsstreits wurden er und seine drei Geschwister in Heimen untergebracht. Der 19-Jährige wird das Heim Ende des Monats verlassen, um zu seinem Vater in den Landkreis Calw zu ziehen. Das Gymnasium wolle er verlassen, nachdem er die 11. Klasse wiederholt habe und keine Chance auf ein gutes Abitur sehe. Er wolle nun eine Ausbildung in der Hotellerie beginnen.

Zerrüttete Familie

Nach eigenen Schilderungen hat er bereits als 15-Jähriger angefangen, regelmäßig Alkohol zu trinken. Die Mengen hätten sich im Lauf der Zeit gesteigert. "Saufen" im Kreis seiner Kumpels habe Spaß gemacht, sagte er auf Frage des Staatsanwalts. Die Mitarbeiterin des Jugendamts schlug vor, dass dem Angeklagten eine Suchtberatung mit mindestens fünf Terminen im Landkreis Calw auferlegt werden soll. Darüber hinaus soll er ein Einzeltraining zur Wahrnehmung und Selbststeuerung absolvieren, wobei seine Eltern eingebunden werden sollten.

Der Staatsanwalt erklärte in seinem Plädoyer, dass es nach den Zeugenaussagen keine Zweifel an der Täterschaft gebe, ebensowenig an der Schuldfähigkeit des Schülers. Er und die Jugendgerichtshilfe plädierten für eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht, aufgrund der Lebensumstände liege eine Reifeverzögerung vor. Vorstrafen gab es keine. So schloss sich der Staatsanwalt den Forderungen der Jugendhilfe an in Bezug auf Suchtberatung und plädierte darüber hinaus für 40 Stunden gemeinnützige Arbeit. Amtsgerichtsdirektor Michael Gross folgte dem in seinem Urteil im Wesentlichen, reduzierte jedoch die Zahl der Sozialstunden auf 25. Er wolle dem jungen Mann die Chancen auf Beginn einer Ausbildung im September nicht verbauen. Aber ein Denkzettel müsse sein. Der Schüler nahm das Urteil an.