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AGR und deutsche Sägeindustrie verärgert. Ist ein Nationalpark der Dolchstoß für die heimischen Werke?

Freudenstadt - Ist ein Nationalpark der Dolchstoß für die heimische Sägeindustrie? Für Denny Ohnesorge, Geschäftsführer AGR und Wald/Rohstoff der deutschen Säge- und Holzindustrie, ist die Richtung klar: Kommt der Nationalpark, steht die Wirtschaftlichkeit vieler Betriebe auf der Kippe.

Die aktuelle repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Naturschutzbunds NABU, wonach sich zwei Drittel der Baden-Württemberger für einen Nationalpark aussprechen, sorgt für Unmut bei der deutschen Sägeindustrie. Selbst in den vom Nationalpark betroffenen Landkreisen Freudenstadt, Rastatt und Calw sprachen sich 59 Prozent klar für einen Nationalpark aus. Nur 16 Prozent bewerten die Idee als schlecht.

»Ich bin überrascht, dass das Ergebnis so eindeutig ist«, sagt Ohnesorge im Gespräch mit unserer Zeitung und nennt auch gleich den Grund, der aus seiner Sicht für die hohe Zustimmung verantwortlich ist. »Die Antworten einer Umfrage hängen vom Kontext der Befragung ab.«

Ohnesorge hält der NABU-Umfrage die Befragung entgegen, die die Säge- und Holzindustrie Anfang 2013 gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher (AGR), dem nationalparkkritischen Verein »Unser Nordschwarzwald« und verschiedenen Unternehmen im Nordschwarzwald durchgeführt hatte. Im Gegensatz zur aktuellen Forsa-Umfrage war nicht allgemein danach gefragt worden, wie man es findet, wenn ein Nationalpark im Nordschwarzwald eingerichtet wird, sondern danach, woher holzverarbeitende Unternehmen in Baden-Württemberg ihr Holz beziehen sollen, ob zugunsten von Naturschutzgebieten auf heimisches Holz verzichtet werden solle, oder ob der Nationalpark wirklich alternativlos ist.

Das Ergebnis ist bekannt. Die Bevölkerung will Holz aus der Region (31 Prozent), ist nicht bereit, auf einheimisches Holz zu verzichten (72 Prozent), und die Förderung des Naturparks als Alternative zum Nationalpark gefiel auch den meisten (57 Prozent). Ganz schön konträr, könnte man meinen.

Betriebe befürchten, dass die Holzmengen ausbleiben

Nationalpark hin oder her – Ohnesorge und seinem Dachverband geht es vor allem um die Auswirkungen des Parks. Nach wie vor sei unklar, wie die Landesregierung die Holzausfälle, die die Stilllegung von Waldflächen mit sich bringt, kompensieren will. »Es gibt kein Konzept«, sagt Ohnesorge. Wo soll das Holz herkommen? Wie soll das Holz in die Region transportiert werden? Welche Folgekosten können für die Sägewerke vor Ort entstehen? »Das ist nach wie vor alles offen.«

Die Holzbetriebe in der für einen Nationalpark vorgesehenen Region haben unter anderem die Befürchtung, dass die Holzmengen, die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit notwendig sind, ausbleiben, beschreibt der Geschäftsführer die Lage im Nordschwarzwald. Ohnesorge zeichnet ein düsteres Bild: »Nehmen wir als Beispiel einen Palettenhersteller. Der kann sein Holz vor Ort einkaufen oder importieren. Letzteres wird schließlich zur Preisfrage. Kann er den Preis nicht mehr bezahlen, stellt der Palettenhersteller irgendwann den Standort infrage, oder er macht dicht. Und das findet statt.«

Doch das sehen nicht alle so. Holger Rothfuß ist ein Insider. Er war jahrelang Geschäftsführer eines Baiersbronner Traditionssägewerks – bis dieses vergangenes Jahr dichtmachen musste. Der Grund: Das kleine Sägewerk konnte mit den großen nicht mithalten.

Schuld sei der Strukturwandel, sagt Rothfuß. Und dieser, nicht der Nationalpark Nordschwarzwald, bedrohe auch die anderen kleineren Sägewerke und Holzbearbeitungsbetriebe im Nordschwarzwald. »38 Prozent des Holzeinschlags wird außerhalb der Region verarbeitet, deutschlandweit, in Frankreich und in anderen Nachbarländern«, sagt Rothfuß.

Die Krux: Vom Holz aus der geplanten Nationalparkregion im Südwesten profitieren die großen Sägewerke, die wiederum in der AGR vertreten seien. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass durch den Preisdruck der großen die kleinen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Manche müssten schließen. Im vergangenen Jahr waren das allein vier Sägewerke in der Region – und das ganz ohne Nationalpark.