Der Tatort beim Stadtbahnhof wurde von der Polizei für die Spurensicherung abgesperrt. Foto: Breitenreuter

Jugendkammer bringt Licht in Geschehnisse bei Stadtfest. Gericht: "Schlag nicht gerechtfertigt."

Freudenstadt/Rottweil - Das Landgericht Rottweil hat nun das Urteil im Fall des tödlichen Faustschlags beim Stadtfest in Freudenstadt vor zwei Jahren bekanntgegeben: Der zur Tatzeit 17-jährige Angeklagte ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden.

Die 1. Große Jugendkammer setzte die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung aus. Die viertägige nichtöffentliche Hauptverhandlung habe erbracht, dass der zur Tatzeit jugendliche Angeklagte im Rahmen einer Auseinandersetzung in Freudenstadt am 5. Juli 2015 einem 19-jährigen Mann einen Faustschlag gegen den Kopf versetzt hat, ohne dabei den Tod des Opfers billigend in Kauf zu nehmen, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Durch den Schlag erlitt der Geschädigte eine schwere Hirnblutung, der er noch in den Morgenstunden des selben Tages erlegen ist. Nach den Feststellungen der Kammer ging diesem Schlag folgender Sachverhalt voraus:

Die Gruppe um das spätere Opfer geriet nach Verlassen des Stadtfests im Bereich des Stadtbahnhofs gegen 2 Uhr in eine Auseinandersetzung mit einem zur Tatzeit 22-Jährigen, in deren Verlauf die Gruppe um das spätere Opfer auch mit einem Messer bedroht wurde.

Angeklagter über vermeintliche Lüge erbost

Die Gruppe um das spätere Opfer – zu diesem Zeitpunkt drei Personen – verließ daraufhin den Bereich des Stadtbahnhofs und traf auf dem Verbindungsweg zwischen der Wallstraße und der Ludwig-Jahn-Straße entlang eines Schotterparkplatzes auf eine mindestens zehnköpfige Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zu der auch der Angeklagte gehörte. Nach Schilderung der vorangegangenen Bedrohung erbot sich die Gruppe um den Angeklagten, den Vorfall mit dem Messer "zu klären".

Die beiden Gruppen begaben sich daraufhin gemeinsam zurück zum Stadtbahnhof, wo es erneut zu einem Aufeinandertreffen mit der Gruppe um den 22-Jährigen kam. Dieser konnte die Gruppe um den Angeklagten jedoch wahrheitswidrig davon überzeugen, dass es zuvor zu gar keiner Bedrohung mit einem Messer gekommen sei, so das Gericht in seiner Pressemitteilung.

Der Angeklagte war über die vermeintliche Lüge der Gruppe um das spätere Opfer so erbost, dass er dem späteren Opfer bereits in der Dammstraße gegen 2.40 Uhr eine erste Ohrfeige versetzte. Nur kurze Zeit später setzte der Angeklagte seinen Angriff fort.

Er versetzte auf dem Verbindungsweg zwischen der Wall- und der Ludwig-Jahn-Straße dem späteren Opfer einen Fußtritt gegen den Oberkörper, worauf dieser erneut zu Boden ging. Dies nahm der 21-jährige Begleiter des Geschädigten zum Anlass, dem Angeklagten einen Fausthieb gegen den Kopf versetzte.

Der Angeklagte, der daraufhin zu Boden gegangen war, konnte sich aufrappeln und setzte der nun flüchtenden Gruppe um das Opfer nach. Dabei kam es zu dem – nicht gerechtfertigten – Faustschlag gegen den Kopf des 19-jährigen Opfers.

Der so getroffene junge Mann ging zu Boden und verlor umgehend das Bewusstsein, was eine Begleiterin des Opfers bemerkte. Sie verständigte sofort eine Polizeistreife, die zufälligerweise nicht weit vom Ort des Geschehens entfernt war.

Alkohol hat keine Auswirkung auf die Schuldfähigkeit

Auch der Rettungsdienst war sofort gerufen worden und begann noch vor Ort mit Reanimationsmaßnahmen. Dennoch verstarb der 19-jährige aufgrund eines durch "die massive und irreversible Hirnblutung verursachten zentralen Regulationsversagens", heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Die Kammer kam zur Überzeugung, dass der Tod auf den ungerechtfertigten Faustschlag des Angeklagten zurückzuführen war. Einen für den Tod "kausalen Verursachungsbeitrag" dritter Personen schloss die Kammer aus. Der Angeklagte war alkoholisiert, allerdings hatte dies keine Auswirkungen auf seine Schuldfähigkeit. Auch von anderen Drogen war er nicht beeinflusst.

Die Vollstreckung der Jugendstrafe setzte die Kammer zur Bewährung aus, da auch aufgrund der mittlerweile eingetretenen Lebensverhältnisse des Angeklagten unter Zuhilfenahme richterlicher Weisungen nicht mit weiteren Straftaten des Angeklagten innerhalb der zweijährigen Bewährungszeit zu rechnen ist. Zudem gab es zuvor keine Verurteilungen des jungen Mannes. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.