Wolfgang Sartorius (Zweiter von rechts), Michael Marxhausen (rechts) und Wolfgang Günther (links) mit zwei Langzeitarbeitslosen vor Büchern, die in der Kommode gekauft werden können. Foto: Bronner

Erlacher Höhe unterstützt Initiative. In Freudenstädter Kommode finden Langzeitarbeitslose Beschäftigung.

Freudenstadt - Knapp 1,1 Millionen Langzeitarbeitslose gebe es in Deutschland. Menschen, die die Bundesregierung nicht mehr auf dem Schirm habe, kritisiert Wolfgang Sartorius, Vorstand der Erlacher Höhe. Der Verbund diakonischer Einrichtungen hat diese Menschen sehr wohl auf dem Schirm.

Sandra Hilsenbeck ist den Tränen nahe. Über die Zeit ihrer Langzeitarbeitslosigkeit zu sprechen, belastet sie immer noch sehr, wie sie sagt. "Ich bin ein Mensch, der was tun muss." Über eineinhalb Jahre war die gelernte Altenpflegerin und Bürokauffrau aufgrund von Krankheit ohne Arbeit, dann hat sie eine Beschäftigung bei der Kommode in Freudenstadt bekommen. Das Sozialkaufhaus beschäftigt zurzeit 14 Mitarbeiter. Es ist eines der sozialen Beschäftigungsunternehmen der Erlacher Höhe Freudenstadt. Hier finden Langzeitarbeitslose vorübergehend eine Beschäftigung.

Die Arbeit in der Kommode sorge für einen geregelten Tagesablauf, das sei sehr wichtig, und man fühle sich durch die Arbeit wieder mehr wert, berichtet eine andere Langzeitarbeitslose, die seit Januar in der Maßnahme ist. Ein gelernter Sägewerker, der zudem eine käufmännische Ausbildung hat, freut sich vor allem über den Kundenkontakt. Im Gegensatz zu manchem Ein-Euro-Job sieht er in seiner Arbeit bei der Kommode einen Sinn. Auch die Bewerbungshilfen brächten ihn voran.

Sechs Monate dauert eine Maßnahme in der Kommode, danach kann noch mal um die gleiche Zeit verlängert werden. Dann sind die Menschen allerdings wieder auf sich gestellt. Viele arbeiteten dann ehrenamtlich gegen eine geringe Aufwandsentschädigung weiter in der Kommode, um nicht daheim rumsitzen zu müssen, erzählt Michael Marxhausen, Leiter der Kommode.

"Das ist aber kein Idealzustand", so Wolfgang Sartorius. Er kritisiert die starke Kürzung der Mittel zur Wiedereingliederung von Arbeitslosen. Diese sind laut Erhebung der Bundesagentur für Arbeit seit 2010 bundesweit um 42 Prozent und in Baden-Württemberg um 16 Prozent reduziert worden. Im Landkreis Freudenstadt besteht großes Interesse an den Arbeitsplätzen bei der Erlacher Höhe: "Die Nachfrage seitens der Arbeitslosen ist da", sagt Wolfgang Günther, Abteilungsleiter der Erlacher Höhe Freudenstadt, allerdings könnten viele Menschen nicht berücksichtigt werden. Und auch dem Job-Center fehlten Mittel, beklagt er.

"Die Reichen werden immer reicher, und die Armen werden immer ärmer." Das ist für Wolfgang Sartorius nicht nur eine Floskel. Mit der Erlacher Höhe unterstützt er deshalb die Initiative "Pro Arbeit" der Diakonie.

Diese wirbt unter anderem für mehr öffentlich geförderte Beschäftigung, um Arbeitslose wieder auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Auch in die Gesellschaft fühlen sich Arbeitslose oftmals nicht mehr integriert. "Man kann viele Sachen nicht mehr tun", erklärt Sandra Hilsenbeck. Essen gehen oder Kinobesuche seien einfach nicht drin. Dadurch entstehe die gesellschaftliche Ausgrenzung.

Die Diakonie Württemberg startete mit ihrer Initiative "Pro Arbeit" eine Unterschriftenaktion, um auf öffentlich geförderte Beschäftigung aufmerksam zu machen.

Weitere Informationen: www.initiative-pro-arbeit.de