Großer Bahnhof im IHK-Gebäude: Zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Kommunalpolitik und Verbänden freuten sich über die Vertragsunterzeichnung für den Campus Schwarzwald in Freudenstadt. Foto: Rath

Uni Stuttgart und Geschäftsführung unterzeichnen Vertrag. Bauarbeiten sollen in Kürze starten.

Freudenstadt - Ab sofort mit Brief und Siegel: Der Campus Schwarzwald ist vertraglich in trockenen Tüchern. Uni Stuttgart und Campus-Geschäftsführung unterzeichneten am Montag in Freudenstadt die Kooperationsvereinbarung. Vertreter von Wirtschaft und Politik sprachen von einem "Meilenstein".

Zur Vertragsunterzeichnung herrschte großer Auftrieb im Gebäude der IHK in Freudenstadt. Unmittelbar vor der Sitzung des Fördervereins besiegelten Campus-Geschäftsführer Stefan Bogenrieder und Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, die Zusammenarbeit mit ihrer Unterschrift. Der Vertrag hat zunächst eine Laufzeit von zwölf Jahren.

Die Stimmung im Saal war entsprechend feierlich. Kurt Schmalz, geschäftsführender Gesellschafter der J. Schmalz GmbH und mit Klaus Fischer von der fischer-Unternehmensgruppe treibende Kraft des Projekts, sprach von einem "innovativen Konzept" für den Campus. Er freute sich, dass es mit der Außenstelle der Uni Stuttgart in Freudenstadt geklappt hat; es habe ja "auch andere Initiativen im Land" gegeben. Der Masterstudiengang Maschinenbau/Technologiemanagement habe drei Spezialisierungsfächer: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Führung. "Die Unternehmen in der Region brauchen nicht nur Fachkräfte, sie brauchen auch Führungskräfte", so Schmalz. Eine Besonderheit sei auch der starke Praxisbezug und die enge Verbindung der Studenten mit den Unternehmen in der Region. Das Labor ermögliche Studium und Forschung "am offenen Herzen", der Campus in Freudenstadt sei dabei an den Großrechner der Uni Stuttgart angeschlossen. "Damit kann man echte Projekte machen", so Schmalz. Die Firmen hegen die Hoffnung, dass möglichst viele Absolventen nach ihrem Studium "von der Region begeistert sind und in der Region bleiben". Wenn der Campus auch Keimzelle für neue Unternehmen werde und es "ein paar Ausgründungen" für die Region gebe, dann "hat man gewonnen".

Klaus Fischer sagte, gute Kräfte für Management und Führung zu finden, werde in Zukunft "bedeutend sein" für Unternehmen. "Erfolg und Misserfolg werden von Menschen gemacht", so Fischer. Führungskräfte auszubilden habe an den meisten Hochschulen "nicht gerade Priorität eins". Dabei werde diese Aufgabe bald "von ganz entscheidender Bedeutung" sein. Das treffe auch für die anderen Schwerpunkte zu: Digitalisierung und Nachhaltigkeit – oder wie es Klaus Fischer bezeichnete: "Verschwendung vermeiden."

Laut Uni-Rektor Ressel betrete auch seine Institution mit der Außenstelle in Freudenstadt "Neuland". Bislang habe die Uni keine Standorte auf dem Land. Der Campus sei gut für die regionale Wirtschaft. Daimler, Bosch und Porsche würden sich den Studenten an der Uni "praktisch wöchentlich vorstellen". Jetzt hätten hätten die Unternehmen im Schwarzwald "deutlich mehr Kontakte" zu den Studenten. Die Firmen seien "gut eingebunden" in die Hochschule. Wenn die Infrastruktur in Freudenstadt dann bald stehe, seien "alle Voraussetzungen für den Erfolg geschaffen."

Betriebe mit starken Charakteren an Spitze

Landrat Klaus-Michael Rückert sprach von einem "großartigen Tag" für den Landkreis. Der Campus sei "eins der wichtigsten Zukunftsprojekte des Landkreises Freudenstadt". Es gebe hier "exzellente mittelständische Unternehmen", größtenteils inhabergeführt, "bodenständig und innovativ" und mit starken Charakteren an der Spitze. "Studenten können hier viel mitnehmen", so Rückert. Dass der Campus Chance für die Raumschaft ist, daran gebe es im Kreistag keinen Zweifel. Die notwendigen Beschlüsse seien "schnell gefasst" worden.

Auch für die Stadt Freudenstadt sei dies "ein bedeutender Tag", so OB Julian Osswald. Die Stadt habe eher das Image, Tourismus-Hochburg zu sein. Dass der Landstrich auch Heimat zahlreicher mittelständischer Unternehmen ist, die laut IHK-Hauptgeschäftsführer Martin Keppler in ihren Geschäftsbereichen oft Weltmarktführer seien, sei bislang weniger im öffentlichen Bewusstsein verankert. Das soll sich ändern. Auch der Gemeinderat stehe geschlossen hinter dem Projekt. Der Campus sei zukunftsweisend für Stadt und Region.

Mit der jetzt vereinbarten Kooperation kann die Campus-Leitung nun weiterarbeiten. Die "zentralen Schritte" würden jetzt angegangen, so Geschäftsführer Bogenrieder. Dazu zähle der Aufbau einer Stiftungsprofessur sowie die Eingliederung in das Studentenwerk Stuttgart.

Info: Kreissparkasse finanziert den Umbau zum Campus

Die Bauarbeiten am "Campus Schwarzwald" sollen in Kürze beginnen. Dazu muss das ehemalige Bahnhofshotel abgerissen werden. Die Beteiligten gehen davon aus, dass der Umbau des ehemaligen EnBW-Gebäudes zu einer Labor- und Kongresshalle innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden kann.

Laut OB Julian Osswald stünden dort rund 3200 Quadratmeter Nutzfläche sowie Optionen für Erweiterungen zur Verfügung. Das Gelände gehört der Stadt. Investorin für den Umbau ist die Kreissparkasse Freudenstadt, so Landrat Klaus-Michael Rückert auf Nachfrage. Die Bank werde dazu eine Tochtergesellschaft gründen.

Die Investitionen am Gebäude lägen nach derzeitiger Kalkulation im "größeren einstelligen Millionenbereich". Laut Osswald sollen die Studentenwohnheime – 48 Plätze sind geplant – über einen privaten Investor finanziert und möglicherweise über das Studentenwerk der Uni Stuttgart betrieben werden. Es gebe sieben Investoren, die Interesse am Bau der Wohnheime hätten.

Finanziert wird der laufende Betrieb des Campus’ von Wirtschaft und öffentlicher Hand: Die Unternehmen im Förderverein Campus Nordschwarzwald schießen jedes Jahr 550.000 Euro zu, Stadt und Landkreis Freudenstadt jeweils 250.000 Euro. Dem Förderverein gehören derzeit 14 namhafte Unternehmen aus der Region an, er sei aber offen für weitere Partner.

Betrieben wird der Campus vom Centrum für Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald gGmbH mit Sitz in der Marie-Curie-Straße 2 in Freudenstadt, auch Adresse der Außenstelle der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald. Dem Vorstand des Vereins Hochschulcampus Nordschwarzwald gehören Kurt Schmalz (J. Schmalz GmbH), Klaus Fischer (fischer-Unternehmensgruppe und IHK-Hauptgeschäftsführer Martin Keppler an.