Rege Gebrauch machten Landwirte aus den Landkreisen Calw und Freudenstadt von einem Dialog mit Sascha Siegel, Leiter Agrarrohstoffe an der Leipziger Börse, und dem hiesigen Wahlkreisabgeordneten Hans-Joachim Fuchtel. Foto: Klein-Wiele Foto: Schwarzwälder Bote

Landwirtschaft: Debatte mit Experten

Region. Bessere Preise kann die Börse den Landwirten nicht garantieren, sagt Sascha Siegel, aber sie kann eines: "Sie gibt ihnen Preissicherheit." Drei Stunden – und damit doppelt so lang wie geplant – diskutierte der Agrarexperte aus Leipzig mit Landwirten aus den Kreisen Freudenstadt und Calw im Dekra-Congress-Center in Wart.

Schließlich machte der Leiter Agrarrohstoffe bei der EEX den Bauern, die zahlreich nach Wart gekommen waren, ein Angebot: Gerne komme er aufgrund des großen Interesses für ein Tagesseminar zurück in den Wahlkreis des Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Fuchtel, der die Idee zu dieser Begegnung im Nordschwarzwald hatte.

Fuchtel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: "Ich bin beim Ministerium für Märkte und damit auch für die Milch zuständig", sagte der Abgeordnete, als er den Branchenexperten in Wart vorstellte. "Nach Ende der Milchquoten-Politik bedarf es einer Strategie, die für alle mehr Verlässlichkeit bringt", so Fuchtel, "also müssen wir an neuen Lösungen arbeiten." Die Genossenschaften sollten erhalten bleiben, aber die Vertragsgestaltung müsse flexibler werden.

Ein Teil der Lösung sei das Termingeschäft an der Leipziger Börse. Wer einem Broker einen Teil seines Milchkontingents anvertraue, sei preislich zumindest für eine gewisse Menge seiner Produktion auf der sicheren Seite. Der "Börsenagrarier ohne Hof", wie sich Siegel selbst bezeichnete, erklärte den Landwirten, warum es sicherer ist, mit Agrarderivaten an der Börse zu handeln, statt auf steigende Milchpreise zu spekulieren. "Die Preisvolatilität für Milch und Milchprodukte hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen", betonte er. Das Risikomanagement des Milcherzeugers an der Warenterminbörse, das auch zentral über die Molkereien erfolgen könne, sei ein Weg zu mehr Unabhängigkeit. So könne sich der Landwirt auch auf veränderte Marktsituationen einstellen.

"Für die Zukunft schaffen wir eine bessere Ausgangslage, wenn wir lernen, mit den Problemen des Markts umzugehen", sagte Fuchtel. Die europäische Idee von den "fairen Preisen" müsse unbedingt auf nationaler Ebene umgesetzt werden, "damit manche Praktiken im Handel beendet werden".

Norbert Mast aus Sommenhardt, Vorstand der Milchwirtschaftlichen Beteiligungs-AG, dankte Siegel ebenso wie die Kreisobmänner Gerhard Fassnacht (Freudenstadt) und Friedrich Großhans (Calw). "Für uns ist es hochinteressant, die verschiedenen Optionen mit einem Fachmann diskutieren zu können" so Mast. Deshalb wolle man den Dialog fortsetzen. Peter Schäfer, Abteilungsleiter für Landwirtschaft und Naturschutz betonte, dass der Landkreis Calw alles daransetze, um die Milchwirtschaft in der Region zu halten.

"Hoher Handlungsbedarf"

Fuchtel sieht einen "hohen Handlungsbedarf", um die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, teilt sein Büro mit. Dazu gehöre auch, sich intensiv mit den internationalen Märkten auseinanderzusetzen: "Wenn wir uns global zurückziehen würden, würden wir das im ländlichen Raum durch Rückgang von Arbeitsplätzen zu spüren bekommen", ist er überzeugt, "deshalb müssen wir auf dem Gebiet noch viel besser werden, um die Landwirtschaft halten zu können."