Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) bei ihrem Besuch. Foto: Wiegert

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zeigt sich wenig zimperlich –­ auch bei der Bildung im ländlichen Raum.

Freudenstadt - Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) mag es gern unverblümt und offen: "Sagen Sie mal ganz ehrlich: Wie finden Sie unser Fortbildungsangebot, und was hat es Ihnen gebracht?", fragt sie eine Lehrerin beim Rundgang durch das berufliche Schulzentrum in Freudenstadt. Die Antwort fällt ehrlich aus, und Eisenmann resümiert: "Da haben wir wohl noch Luft nach oben."

Bildung im ländlichen Raum ist an diesem Tag das zentrale Thema der Landpartie, zu der der Parteikollege und Freudenstädter Landtagsabgeordnete Norbert Beck (CDU) die Ministerin eingeladen hat. Und Eisenmann weiß, gerade in diesem Bereich gab es bei ihrem Amtsantritt vor knapp einem Jahr durchaus Skeptiker. "Kann die überhaupt ländlichen Raum?", sei eine der bangen Fragen gewesen, als sie vom Posten der Stuttgarter Schulbürgermeisterin ins Chefzimmer des Kultusministeriums wechselte, erzählt die Ministerin und scherzt: "Ich weiß nicht, ob ich das kann, aber ich bemühe mich."

Für die Probleme, mit denen die Landregionen bei der beruflichen Bildung zu kämpfen haben, hat Eisenmann jedenfalls ein offenes Ohr und sorgt beim Thema Kleinklassen in Freudenstadt für Lichtblicke: Die Mindestzahl von 16 Schülern pro Klasse wird sie mit Blick auf die Standortsicherung flexibel und großzügig handhaben, verspricht sie den Schulleitern: "Wenn es die regionale Schulentwicklung bestätigt und die beruflichen Bedarfe auch längerfristig und nachweislich gegeben sind, dann kann auch eine zweistellige Anmeldezahl unterhalb des sonst gültigen Klassenteilers ausreichen." Denn die berufliche Bildung hat für die 52-Jährige "herausragende gesellschaftliche Relevanz".

Deshalb hat sie sie auch als Schwerpunktthema für die Kultusministerkonferenz gewählt, die Eisenmann seit Anfang des Jahres als Präsidentin führt. "Ein Studium ist nicht der einzige Weg zu Glück und Reichtum, unser berufliches Bildungswesen genießt weltweit hohes Ansehen und bietet jungen Menschen viele gleichwertige Erfolgschancen", sagt sie. Allerdings sei das in den Köpfen der Eltern und Schüler noch zu wenig angekommen, bedauert die Ministerin.

Am Ansehen des Bildungswesens muss wieder gefeilt werden

Am Ansehen des allgemeinen Bildungswesens im Land muss nach dem Abrutschen Baden-Württembergs in der jüngsten Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hingegen wieder kräftig gefeilt werden. "Baden-Württemberg hat zu lange über Schulstrukturen diskutiert. Nach den vielen Reformen der vergangenen Jahre müssen wir wieder für mehr Kontinuität und Qualität an den Schulen sorgen", sagt Eisenmann beim anschließenden Treffen mit Bürgermeistern und Schulvertretern und verspricht: "Es wird mit mir keine Strukturdebatten mehr geben."

Stattdessen will die Kultusministerin den Leistungsgedanken in den Schulen wieder ernster nehmen. Dafür stellt sie gerade vieles auf den Prüfstand und ist dabei nicht eben zimperlich. In einigen Kreisen hat sie sich dadurch schon den Ruf der "Eisernen Lady" eingehandelt, doch damit kann Eisenmann leben: "Ich will nicht mit dem Kopf durch die Wand und bin kompromissbereit, aber wenn ich von etwas überzeugt bin, kann ich kämpfen und durchaus auch einen eisernen Kurs fahren", sagt sie entschlossen.

Keine Strukturdebatten mehr, aber zur Qualitätsverbesserung will Eisenmann an einigen Stellen nachsteuern: In den Grundschulen soll der Fremdsprachenunterricht in den ersten beiden Klassen wegfallen, damit sich die Lehrkräfte wieder verstärkt den Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen widmen können. Der Methode "Schreiben nach Hören" erteilt die Ministerin zugunsten einer korrekten Rechtschreibung eine klare Absage, und die Grundschulempfehlung muss den weiterführenden Schulen künftig wieder verbindlich vorgelegt werden. Ab dem Schuljahr 2018/19 soll an allen Schularten ab Klasse sieben Informatik unterrichtet werden, und in die Digitalisierung der Schulen wird verstärkt investiert – vorausgesetzt, die von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) angekündigten "Wanka-Gelder" fließen nach der Bundestagswahl tatsächlich in die Länder.

Auch in den eigenen Reihen prüft die Ministerin den Ressourceneinsatz: "Durchschnittlich betrachtet ist bei uns die Schüler-Lehrerrelation besser als in Bayern", sagt Eisenmann. Dennoch sei man bei der Lehrerversorgung auf Kante genäht. Deshalb stellt sie die rund 10.000 Abordnungen – das sind Lehrer, die mit anderen Systemaufgaben statt mit Unterrichten beschäftigt sind – ebenso auf den Prüfstand wie die Kontroll-Arbeit des Landesinstituts für Schulentwicklung: "Bei der bisherige Fremdevaluation der Schulen und dem Aufwand, mit dem sie betrieben wird, wird es ganz grundsätzlich Änderungen geben", kündigt Eisenmann den Schulvertretern in Freudenstadt an.

Bei der Schulentwicklung will die Kultusministerin mehr auf Hilfe als auf Kontrolle setzen: "In anderen Bundesländern entwickeln Teams bei Schulbesuchen passgenaue Unterstützungssysteme, das könnte auch hier eine Option sein", sagt Eisenmann. Überhaupt fällt ihr Blick dieser Tage öfter mal über die Landesgrenze nach Hamburg oder Schleswig-Holstein. Beide Länder haben in den vergangenen Jahren deutlich an Bildungsqualität zugelegt, und da lohnt es sich laut Eisenmann schon mal, genauer hinzuschauen: "Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden", meint die Ministerin abschließend.