Martina Kober (links) und Brigitte Herrmann von der FrauenHilfe haben für Gewaltopfer ein umfassendes Angebot parat. Foto: Alt

FrauenHilfe steht Opfern mit großem Beratungsangebot zur Seite. Täter müssen Verantwortung übernehmen.

Freudenstadt - Die einen brauchen Zeit, die anderen kommen bereits nach dem ersten Schlag. Der Jahresbericht der FrauenHilfe Freudenstadt zeigt aber vor allem eines: Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, nehmen immer häufiger das Angebot der Beratungsstelle wahr.

Es passiert jeden Tag, mitten unter uns und in den besten Familien – Gewalt gegen Frauen in der Ehe oder in der Partnerschaft. Manchmal endet sie tödlich, wie im Fall der 73-jährigen Weitingerin, die von ihrem Mann im Dezember vergangenen Jahres getötet wurde (wir berichteten auf der Seite "Aus unserer Region"). Ein Fall, der auch Birgit Herrmann und Martina Kober von der FrauenHilfe Freudenstadt an die Nieren geht, und der vielleicht hätte vermieden werden können. "Jede zweite Frau, die in Deutschland getötet wird, wird von ihrem Mann, Partner oder Ex-Partner getötet", zitiert Ex-Polizistin Kober aus einem BKA-Bericht aus dem Jahr 2011. Gefährlich sei die Situation vor allem dann, wenn die Frau sich trennen möchte. Eine begleitende Betreuung, wie sie die FrauenHilfe anbietet, könne dabei ein Anker sein.

121 Frauen suchten Beratungsstelle im vergangenen Jahr auf

Das immer mehr Frauen im Landkreis nach diesem "Anker" greifen, zeigen nicht zuletzt die Zahlen der FrauenHilfe aus dem vergangenen Jahr. 121 Frauen haben sich nach Gewalterlebnissen an die Einrichtung gewandt. Die meisten waren zwischen 18 und 35 Jahre alt, so Kober. "Gewalt gegen Frauen in der Ehe ist ein erheblich verbreitetes Phänomen", erklärt Herrmann. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 ist jede vierte Frau in Deutschland Opfer von Gewalt – jede siebte Opfer sexueller Gewalt. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts hat jüngst die andere Seite beleuchtet, wonach auch immer mehr Männer Opfer häuslicher Gewalt werden. Herrmann kritisiert diese Aussage. "Die Studie erweckt den Eindruck, dass Männer viel schlimmer dran sind als Frauen. Wir können das nicht bestätigen." Inzwischen ist das Institut in seiner Aussage zurückgerudert.

Die Gründe für Gewalt sind so vielfältig wie die Formen. "Teilweise sind es Probleme, die beide Partner aus ihren Familien mit in die Beziehung bringen", sagt Herrmann. Der Junge lerne in einer Gewaltfamilie, draufzuhauen, um Probleme zu lösen; das Mädchen lerne, sich gegen Gewalt nicht zur Wehr zu setzen. Diese Frauen bräuchten meist mehrere Anläufe, "auszubrechen", oder schafften es nie – wie die 73-Jährige aus Weitingen.

Gewalt in der Familie beschränke sich allerdings nicht nur auf Schläge – sie sei subtiler. "Natürlich spielen körperliche und die sexuelle Gewalt eine große Rolle", sagt Kober. Psychische Gewalt – etwa dann, wenn die Frau erpresst oder erniedrigt wird – oder soziale Gewalt – wenn Frauen eingesperrt werden oder ihnen das Geld weggenommen wird – seien weitere Ausprägungen. "Finanzielle Abhängigkeit ist meist ein Grund, weshalb die Frau die Gewalt erträgt, statt aus dem Teufelskreis auszusteigen. Wagt sie diesen Schritt, bedeute das meist das Beziehungsaus. Ist ein Trennung gewünscht, zeigen wir Möglichkeiten auf und begleiten das Opfer zu den entsprechenden Stellen wie dem Sozialamt, Jugendamt und so weiter – nehmen dem Opfer aber auch die Angst davor", erklärt Kober. Eine Anwältin steht der FrauenHilfe bei Rechtsfragen zur Seite, und wer das Gespräch zu Leidensgenossinnen sucht, ist bei der Selbsthilfegruppe richtig.

Die Trennung vom gewalttätigen Partner ist aber kein Muss. Will der Täter an sich arbeiten, gibt die Täterberatung der FrauenHilfe Hilfestellung bis hin zum Antigewalttraining, das beispielsweise die Stiftung Eigen-Sinn anbietet. "Beide sollen die Möglichkeit haben, an sich zu arbeiten", sagt Kober. Grundsätzlich müsste der Täter aber bereit sein, für sein Handeln Verantwortung zu übernehmen.

Info: Hier gibt’s Hilfe

FrauenHilfe und Polizei arbeiten eng zusammen, wenn es darum geht, Opfern von Gewalt einen Ausweg aus der Gewaltspirale aufzuzeigen. Sie raten im Notfall:

1. Wer Gewalt erlebt, vom Partner beschimpft, bedroht oder geschlagen wird und Angst vor dem Partner hat soll nicht schweigen.

2. Unter der Notrufnummer 110 die Polizei alarmieren.

3. Die Polizei kommt und spricht einen Wohnungsverweis aus. Das heißt: Der Täter geht – das Opfer bleibt. Der Täter muss der Polizei den Hausschlüssel übergeben. Er darf die Wohnung mehrere Tage (das wird vom Ordnungsamt festegelegt) nicht betreten.

4. Das Opfer soll diese Zeit nutzen und sich beraten lassen. Die FrauenHilfe ist telefonisch (07441/520 30 70) erreichbar, das Büro im Gebäude Lindenstraße 18 montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr besetzt. Informationen dazu gibt es auch im Internet www.frauenhilfe-fds.de.