Wie sozial soll es werden? Darüber diskutierten (von links) Dietmar Lust (Grüne), Saskia Esken (SPD), Reinhard Günther (FDP) und Hans-Joachim Fuchtel (CDU) im Podiumsgespräch der diakonischen Einrichtungen und Dienste. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Podiumsdiskussion über soziale Themen vor kritischem Publikum

Von Tina Eberhardt

Freudenstadt. Wie sozial wird die nächste Regierung? In einer Podiumsdiskussion der diakonischen Einrichtungen und Dienste im Landkreis Freudenstadt im Gemeindehaus Ringhof in Freudenstadt sollten die Bundestagskandidaten des Wahlkreises Farbe bekennen. Sie sahen sich dabei einem Publikum gegenüber, das recht kritisch war.

Im Mittelpunkt standen die großen sozialen Fragestellungen von Langzeitarbeitslosigkeit bis zu Chancengleichheit im Schulsystem. Auf den Stühlen vor Moderator Friedemann von Keler saßen Hans-Joachim Fuchtel, CDU, Reinhard Günther, FDP, Saskia Esken, SPD, und Dietmar Lust, Grüne. Von Keler durfte sich über ein umgängliches Diskussionsteam freuen.

Die mit faktenlastigen Einleitungen versehenen Fragen waren äußerst umfangreich. Nicht jeder der Kandidaten vermochte daraufhin, den Kern des Themas zu treffen. Insbesondere bei SPD, aber auch CDU, siegte dazu gelegentlich die Verlockung zu Kurzpredigten; konkrete Antworten blieben dann zum Beispiel bei Sasika Esken auf der Strecke. Was die SPD beispielsweise beim Finanzierungsnotstand der ambulanten Pflegedienste unternehmen möchte, blieb offen. Hans-Joachim Fuchtel verlagerte sich im Gegenzug auf die Argumentation von hinten nach vorne. Beim Thema Langzeitarbeitslosigkeit und auch sonst habe die Regierungskoalition viel auf den Weg bringen können, das wolle man nun fortsetzen.

Während sich SPD- und CDU-Vertreter immer wieder in parteipolitischen Grundsatztheorien verloren, konnte Lokalmatador Dietmar Lust (Grüne) verschiedentlich mit pragmatischem Antwortstil punkten. Applaus sicherte er sich damit beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft. Integration beginne im Kopf und nicht im Pass, betonte er. Die Kunst der pointierten Sätze verstand auch FDP-Kandidat Reinhard Günther. Doch bei den sozialen Themen wollte es dem Liberalen nicht recht gelingen, die Brücke zu den Zuhörern im voll besetzten Ringhofsaal zu schlagen.

Wolfgang Günther, Geschäftsführer der Erlacher Höhe, kritisierte: "Sie sind eine Partei der Gutverdiener, die sich ein soziales Mäntelchen umhängt."

Insgesamt bemühte man sich auf dem Podium um einen ausgeglichenen Präsentationsstil – und fiel damit bei der für die Diakonie brennenden Frage nach praktikablen Reformansätzen in Sachen Pflegedienstfinanzierung durch. Während Esken in Gemeinplätzen verloren ging, klammerten sich Fuchtel wie auch Günther am "hoch innovativen Pflegeneuordnungsgesetz" fest. Dietmar Lust würde das Geldtopfanzapfen gleich ganz bleiben lassen und lieber mit einer Bürgerversicherung die verwaltungslastige Kassenlandschaft verschlanken.

Doch vielen Zuhörern waren die Antworten zu unkonkret. "Thema verfehlt", kommentierte Wolfgang Pfau, Geschäftsführer der Diakonie Baiersbronn. Leichter wurde die Sache wieder im Endspurt. Bei Friedemann von Kelers Frage, warum der Kandidat des Bürgers Stimme verdient, wurde nochmals rednerisch Fahrt aufgenommen. Denn nun konnte man sich auf den sicheren Boden der klangvollen Slogans zurückziehen – und diese sitzen gut.