Drehleiter im Einsatz: Die Feuerwehrabteilung Freudenstadt trainierte am Lebenshilfezentrum für den Ernstfall. Foto: Haubold

Knifflige Aufgabe für den Einsatzleiter: Feuerwehr und Lebenshilfe proben Ernstfall mit Drehleiter.

Freudenstadt - Am Mittwochabend evakuierte die Feuerwehr das Haus "Mittendrin" der Lebenshilfe Freudenstadt. Doch keine Panik: Es war nur eine Übung. Die Feuerwehrabteilung Freudenstadt trainierte für den Ernstfall.

Das angenommene Szenario: Eine starke Rauchentwicklung im Keller des Lebenshilfezentrums "Mittendrin" in der Hirschkopfstraße. 27 Menschen befinden sich noch im Gebäude. Die Übung war für die rund 40 aktiven Mitglieder der Feuerwehrabteilung, unter Leitung von Florian Möhrle und Stefan Wolf eine große Herausforderung: Denn in dem Gebäude, das in Brand geraten ist, halten sich normalerweise Menschen auf, die ein Handicap haben. Es war also kein gewöhnlicher Hilfseinsatz, da die Einsatzkräfte nicht wussten, wie die Bewohner auf sie reagieren werden.

Das Schreckensszenario traf die Betreuer und Bewohner aber nicht unvorbereitet. Sie hatten im Vorfeld den Ernstfall trainiert und sich diese Übung selber gewünscht. Denn die Mitglieder der Feuerwehr sollten das Haus kennenlernen, sich mit den Örtlichkeiten und den Bewohnern vertraut machen, betonte Geschäftsführerin Nicole Winter von der Lebenshilfe.

Durchgespielt werden sollte, wie die Feuerwehrangehörigen auf die besondere Einsatzumgebung, in der behinderte Menschen wohnen und täglich zwölf Kinder im Kindergarten betreut werden, reagieren. Schon vor knapp einer Woche hatte die Feuerwehr eine Räumungsübung mit den Kindern durchgeführt, dabei konnten die Hilfskräfte ihre Erfahrungen im Umgang mit Behinderten vertiefen. Für den Feueralarm entwickelten die Einsatzkräfte zusammen mit der Einrichtungsleitung einen möglichst realistischen Brandfall: Eine Maschine im Keller imitierte den Rauch, um die Brandbekämpfung und die Suche nach Personen unter Atemschutzgeräten so realitätsnah wie möglich zu gestalten. "In allen Stockwerken gibt es jetzt eine starke Rauchentwicklung, und das Treppenhaus ist nicht mehr begehbar", erklärte Möhrle vorab die Übung.

Die praktische Umsetzung der Rettungsaktion klappte gut. Innerhalb kurzer Zeit trafen das Einsatzfahrzeug mit einer Führungsgruppe und die Löschfahrzeuge ein. Einsatzleiter Möhrle stand vor einer kniffligen Aufgabe, denn aus dem dreistöckigen Gebäude mussten die Menschen schleunigst mit Hilfe der Drehleiter gerettet werden, während im Keller zeitgleich der Brandherd bekämpft werden musste. Alle Hausbewohner konnten gerettet werden und erhielten am Sammelplatz auf dem Hof des DRK-Ortsvereins eine erste Betreuung.

Ein weiterer Übungsschwerpunkt war die Wasserversorgung. Eine lange Versorgungsleitung wurde verlegt, damit ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand. Eine halbe Stunde lang sperrten die Feuerwehrleute die Straße und zahlreiche interessierte Beobachter sahen bei der großangelegten Übung zu.

"Wichtig ist, dass das Vertrauen der Bewohner zur Feuerwehr gestärkt wird und dass die Evakuierung reibungslos funktioniert", so Möhrle nach dem Einsatz. Seit einigen Wochen ist die Brandschutzerziehung Thema im Haus der Lebenshilfe. Um den Behinderten die Ängste vor der Feuerwehr zu nehmen, wurde in den offenen Hilfen ein Nachmittag mit den Mitarbeitern der Feuerwehr gestaltet. Auch mit den vier Bewohnern der Wohngemeinschaft wurden verschiedene Szenarien durchgespielt und Fluchtwege abgelaufen.

"Behinderte Menschen können in Extremsituationen ganz anders und unvorhergesehen reagieren als nicht behinderte Menschen", schilderte die Geschäftsführerin ihre Erfahrungen. Auch mit den Kindern der Kinderkrippe im Dachgeschoss konnten in den letzten Wochen bei Veranstaltungen der Wehr und des DRK-Ortsvereins Berührungsängste Zug um Zug abgebaut werden.