Renate Braun-Schmid (links) und Heike Wöhr von der diakonischen Bezirksstelle Freudenstadt organisieren den zweiten Fachtag "Behinderte Lust" am 2. April im evangelischen Gemeindehaus Ringhof. Foto: Haubold Foto: Schwarzwälder-Bote

Pädagogen und Mitarbeiter beschäftigen sich mit der sexualtherapeutischen Begleitung von behinderten Menschen

Von Petra Haubold Freudenstadt. Auch Menschen mit Handicap empfinden Liebe und Lust. Darum soll es bei einer Fachtagung der Diakonie Freudenstadt am 2. April gehen. Unter dem Motto "Behinderte Lust" bilden sich rund 30 Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg zum Thema Sexualität und Behinderung weiter. Der Alltag in Schule, Wohnheim und Werkstatt zeige, dass Menschen mit Behinderung sexuelle Bedürfnisse haben, betont die Geschäftsführerin der Diakonie Freudenstadt, Renate Braun-Schmidt, beim gestrigen Pressegespräch. In der Gesellschaft werde diesem Thema oftmals mit Vorurteilen begegnet. Welche Vorurteile gibt es in der Gesellschaft, wenn es um die sexualpädagogische Begleitung von Menschen mit Behinderungen geht? Welche rechtlichen Aspekte sind zu beachten? Diese in der Öffentlichkeit und Gesellschaft oftmals tabuisierten Themen sollen bei der Fachtagung im Gemeindehaus Ringhof mit Experten und Referenten diskutiert werden. Organisiert wird das eintägige Seminar von Heike Sabisch vom Gesundheitsamt Pforzheim und von Heike Wöhr von der Freudenstädter Schwangerschaftsberatungsstelle.

Die Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten werde nach wie vor in vielen Einrichtungen tabuisiert, betont Heike Wöhr. Für die Mitarbeiterinnen stelle sich die Frage, wie man dieses Thema stärker in die Einrichtungen hineintragen kann. Das Recht auf eine selbstbestimmte Sexualität, das ja auch in der Behindertenkonvention festgelegt wurde, sei in vielen Einrichtungen noch nicht angekommen. Konkret gebe es da viel zu tun, denn gerade Menschen mit Behinderung benötigten eine besondere Feinfühligkeit ihrer Umwelt und das sensible Wahrnehmen ihrer Bedürfnisse und Verhaltensweisen. Viele Eltern von Kindern mit Behinderung würden der Sexualerziehung gerne die gleiche Aufmerksamkeit widmen wie der Förderung der Motorik oder Sprache, aber sie scheuen sich davor, weiß Heike Wöhr. Mit dem schon zum zweiten Mal stattfindenden Fachtag wolle man auch dem Anliegen vieler sozialer Fachkräfte entgegenkommen und ihnen möglichst konkrete Hilfestellungen für ihre tägliche Arbeit im Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch geben. "Kriminologen gehen davon aus, dass die Zahl der Übergriffe auf Behinderte in den vergangenen Jahren gestiegen ist", meint Renate Braun-Schmidt. Da gebe es aber auch eine große Dunkelziffer. Es sei schwierig, dort Präventionsarbeit zu leisten, deshalb hätten die Betreuer den Wunsch, intensiver geschult zu werden, so die Initiatorinnen.

Geplant sind drei Workshops. In ihnen erarbeiten die Teilnehmer zusammen mit dem Diplompsychologen Ulrich Hähner aus Pforzheim Präventionsstrategien und Hilfen zur Alltagsbewältigung behinderter Menschen anhand von Fallbeispielen und setzen sich zusammen mit Sozialarbeiterin Katharina Binder aus Stuttgart mit sexuellen Übergriffen auf Menschen mit Handicap auseinander. Inhalte zur sexualpädagogischen Begleitung vermittelt unter anderen Heike Sabisch.

Ab 15.30 Uhr sind dann Interessierte und Betroffene zu einer öffentlichen Lesung mit Buchautorin Ilse Achilles eingeladen. Die Journalistin aus München stellt ihr Buch "Was macht ihr Sohn denn da" vor und moderiert im Anschluss eine Diskussionsrunde. Auch die Schulen im Landkreis sind zur Veranstaltung eingeladen.