Das Berliner Kriminal-Theater brachte mit "Mord im Pfarrhaus" eine unterhaltsame Detektivgeschichte von Agatha Christie auf die Bühne. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Agatha Christies Kriminalstück nimmt die Gestalt einer Volksbühnen-Aufführung an

Das Berliner Kriminal Theater brachte im Theater im Kurhaus Freudenstadt die Detektivgeschichte "Mord im Pfarrhaus" von Agatha Christie unter der Regie von Wolfgang Rumpf auf die Bühne.

Freudenstadt. Das zahlreiche Publikum musste sich mit keiner haarsträubenden Horrorstory auseinandersetzen. Keine blutüberströmte Leiche ließ die Zuschauer schaudern – das Opfer blieb diskret im nicht einsehbaren Nebenzimmer liegen. Der Mord an einem unangenehmen Zeitgenossen lieferte eher den Hintergrund für eine zwar reichlich unterhaltsame, aber über weite Strecken recht betuliche Aufführung mit Volksbühnen-Charakter.

Dramaturgie verzichtet auf Verwirrspiel

Das Verdienst der Inszenierung ist denn auch darin zu erkennen, dass sie Christies mit üppigem Personal angereicherten Roman konsequent abspeckt. Eine Reihe von Figuren taucht gar nicht erst auf, beispielsweise Pfarrer Clements "irritierende" Gattin oder der Polizeichef Colonel Melchett. Die Dramaturgie verzichtet ferner weitgehend auf den Wust an irreführenden Fährten und das Verwirrspiel mit Zeit- und Ortsangaben, die den Leser der Vorlage mitunter schwindelig machen. So ackert sich das neunköpfige Ensemble durch den Fall, der Christies Markenzeichen "Miss Marple" als Folie für ihr Aufklärungshobby dient.

Der im Pfarrhaus der Gemeinde St. Mary Mead hinterrücks erschossene ewige Nörgler Colonel Protheroe reißt die Leute aus ihrer biedermeierlichen Lethargie und provoziert eine Kette von Verdächtigungen, falschen Geständnissen und ans Tageslicht tretende Affären. Das Bedauern über das unappetitliche Ableben Protheroes hält sich in Grenzen, nicht nur bei den nächsten Angehörigen.

Dass die Tat ausgerechnet im Pfarrhaus geschehen ist, bringt unangenehmerweise den Chefgeistlichen selbst in die Bredouille, geht es doch auch um Unregelmäßigkeiten in der Ablieferung von Kollekten. Miss Marple, von Anette Felber maßgeschneidert verkörpert, bringt mit ihrer Kombinationsschärfe, die insbesondere Kommissar Slack verdrießt, die Aufklärung voran und den Mörder zur Strecke.

Die neugierige alte Dame ist wahrlich nicht bei allen beliebt, zu stark ist ihr Drang ausgeprägt, von ihrem Horchposten im Garten aus die Verhältnisse zu sichten und ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Der Ermittler (Peter Groeger) schätzt insbesondere ein preußisch-zackiges Auftreten, erheiternd, aber nicht unbedingt britischer Stil.

Die Inszenierung hebt verständlicherweise deutlich auf die Figur der Protagonistin ab – im Gegensatz zum Roman, der ihr viel weniger Profil zugesteht. Pfarrer Clement gibt im Vorlagentext die Handlung in der Ich-Form wieder, was die Authentizität stärkt. Seine Rolle im Stück, durchaus anschaulich von Karl-Heinz Barthelmeus eingebracht, wirkt dagegen zurückgenommen.

Fatales Verhältnis zu Kunstmaler

Es stellt sich heraus, dass die attraktive Witwe Anne Protheroe (Jutta Schröder) ein letztlich fatales Verhältnis zu dem Kunstmaler und Fotografen Lawrence Redding (Thomas Linke) eingegangen ist. Mary Jenkins (Vera Müller), die gute Seele im Pfarrhaus, bringt mitunter erheiternden Berliner Slang in die Gespräche ein. Ihre Überraschung, als sie den Ermordeten entdeckt, klingt indes eher beiläufig als von Entsetzen geprägt. Schließlich ist da noch Vikar Ronny Hawes (Alexander Altomirianos), der in manchen Auftritten mit clownesken Attitüden eine recht ungünstige Figur abgeben muss.

Jugendliche Unbekümmertheit wird verkörpert durch die Protheroe-Tochter Lettice und den Pfarrers-Neffen Dennis (Felix Isenbügel). Kathrin Horodynski kokettiert mit tadelloser Figur und gefällt sich darin, mit ihrem Sex-Appeal die Blicke auf sich zu ziehen. Das Publikum dankte mit reichlich Applaus für eine leicht verdauliche, unangestrengte Inszenierung.