Winzer liebt das Planschen. Mit seinen stattlichen 38 Jahren bestimmt er im Schwarzwälder Reiterverein noch, wo es lang gehen soll. Foto: Schwarzwälder Reiterverein

"Winzer" ist mit 38 Jahren der Methusalem im Schwarzwälder Reiterverein und stadtbekannte Persönlichkeit.

Freudenstadt - Ihren "heimlichen Chef" nennen sie ihn beim Schwarzwälder Reiterverein. Er ist 38 Jahre alt und selbst für erfahrene Reiter ein außergewöhnliches Pferd: Winzer besteht auch im hohen Alter noch auf seinen täglichen Ausritt.

Wasser spritzt durch die Luft, er schüttelt seinen großen Kopf und stampft kraftvoll im Becken: Auch mit 38 Jahren liebt Winzer das Planschen, wie Martina Liepelt, die zweite Vorsitzende des Schwarzwälder Reitervereins, sagt. Allgemein charakterisiert sie den Württemberger mit braunem Fell, der im Alter von vier Jahren in den Verein nach Freudenstadt kam, als "unglaublich selbstbewusst und selbstständig". Dies werde zum Beispiel deutlich, wenn man ihn aus dem Stall hole und kurz für ein Gespräch stehen bleibe: "Dann läuft er einfach allein weiter auf seine Koppel", erklärt Liepelt. Auch komme es schon mal vor, dass er einem im Stall den Halfter vor die Füße werfe, weil er "raus will".

Schließlich hat der Reiterverein eine große Halle, einen noch größeren Außenplatz sowie ein vielfältiges Gelände zum Ausreiten zu bieten – und hinter den Bäumen in dieser idyllischen Lage beherbergt der Verein auch Winzer, der dort die Reiter und andere Menschen auf Trab hält. Jahrelang war er im Schulbetrieb tätig, brachte zahlreiche Kinderaugen zum Leuchten, hat die Voltige-Kinder getragen – und manchmal auch erschreckt.

Stadtbekannte Persönlichkeit

Laut Liepelt ist Winzer bis heute noch "unfassbar motiviert" und gleicht die Mängel bei den Gangarten Schritt und Trab mit einem rasanten Galopp aus. Er wurde von den Kindern verhätschelt und gepflegt, und wohl mehr als eine Freudenstädter Generation hat auf ihm das Reiten gelernt. "Immer wieder trifft man Leute in der Stadt, die erzählen, dass sie auf Winzer auch schon geritten sind. Er ist schon so was wie eine Persönlichkeit", sagt Liepelt.

Als Winzer 28 Jahre alt war, entschloss sich der Verein, ihn in den wohlverdienten "Ruhestand" zu schicken. Er wurde aus dem Reitunterricht genommen und in private Hand übergeben – allerdings habe sich schnell herausgestellt, dass Winzer mit diesem Plan nicht einverstanden war: Nach wie vor bestehe er täglich auf seinen Ausritt, so Liepelt. Man habe sich damit abgefunden, dass er auch heute, mit stolzen 38 Jahren, sagt, wo es langgehen soll. "Für ein Pferd ist 30 schon ein hohes Alter, aber dass eins mit 38 immer noch geritten wird, ist unglaublich", erklärt Liepelt. Entsprechend sei Winzer "jedermanns Liebling", eine absolute Seltenheit.

Malzbier, Honig, klein geschnittene Äpfel und Karotten sowie bestes Heu und eine liebevolle Pflege lassen den Verein und Winzers Besitzer hoffen, dass sie auch noch seinen 40. Geburtstag mit ihm feiern dürfen – und vielleicht darüber hinaus noch viele weitere Jahre im Schwarzwälder Reiterverein mit ihm erleben.