Sie stellten im Polizeipräsidium Tuttlingen den Kriminalitätsbericht 2015 vor (von links): Hans Joachim Leibinger (Leiter Kriminalitätsbekämpfung), Polizeipräsident Uli Schwarz und Michael Aschenbrenner (Leiter Stabsstelle Öffentlichkeit). Foto: Schulz

Kriminalitätsstatistik: Trendumkehr bei Wohnungseinbrüchen erreicht. Straftaten nehmen insgesamt zu. Mit Kommentar

Tuttlingen - Die Polizei in Tuttlingen hat etwas länger gebraucht, um die Wohnungseinbrüche in den Griff zu bekommen, doch sie hat es geschafft. In Atem hielten die Beamten vor allem die Notaufnahmestellen für Flüchtlinge in der Region.

Es schien beinahe eine Inszenierung für den Tag der Präsentation des Kriminalberichts zu sein, als gestern Morgen wenige Stunden vor der Pressekonferenz ein Großaufgebot von Zoll und Polizei die Privatsachen von Flüchtlingen in einer Notunterkunft in Tuttlingen durchsuchte.

Gegen neun Tatverdächtige wurde schon seit einiger Zeit wegen des Verdachts ermittelt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, berichtet die Polizei. Mehr als 100 Beamte waren im Einsatz, und sie wurden fündig: Neben über 100 Gramm Marihuana, bereits für den Kleinhandel abgepackt, entdeckten sie eine Kleinmenge an Amphetaminen, szenenübliche Gegenstände, so der Bericht, und vermutlich Geld aus Drogengeschäften. Die neun Tatverdächtigen wurden vorläufig festgenommen. "Die Aktion verlief ruhig und ohne Zwischenfälle", hieß es.

Nicht mehr Sexualdelikte wegen Zustroms männlicher Flüchtlinge

Sie steht beispielhaft für die Arbeitsschwerpunkte der Polizei im Bereich des Präsidiums Tuttlingen im vergangenen Jahr. Die Landeserstaufnahmestellen und Notunterkünfte in Meßstetten (Zollernalbkreis), Immendingen (Kreis Tuttlingen) sowie Villingen-Schwenningen und Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) hielten die Beamten auf Trab. Der Tuttlinger Polizeipräsident Uli Schwarz ließ extra eine Arbeitsgruppe mit dem Namen Flüchtlinge einrichten, die sich um die tausenden Asylsuchenden kümmerte und für die Sicherheit vor Ort sorgte. Ein ums andere Mal war ein Großeinsatz der Beamten gefordert.

Im Zusammenhang mit den Massenunterkünften ist auch der Anstieg von Diebstahlsdelikten zu sehen. In Meßstetten wurden allein 468 Vorkommnisse mehr registriert als im Vorjahr, im Zollernalbkreis damit fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Der durchschnittliche Warenwert war mit 16 Euro indes gering.

Obwohl der Bereich, für den die Polizeizentrale in Tuttlingen zuständig ist, zu den sichersten in ganz Deutschland gehört, wie der Polizeipräsident bei der Vorstellung der Kriminalstatistik betont (die Kriminalitätsbelastung ist mit knapp mehr als 4000 Straftaten auf 100 000 Einwohner die geringste), kam es auch hier im Vergleich zu den Vorjahren in fast allen Sparten zu mehr Straftaten.

Im Präsidiumsbereich, der die Landkreise Freudenstadt, Zollernalb, Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar umfasst, gab es einen Zuwachs um 1874 auf 31 704 Fälle. Die Beamten hatten es mit zahlreichen Tötungsdelikten zu tun. 21 Mal wurde wegen Mords und Totschlags ermittelt, 2014 waren es noch 13 Mal. Bei Sexualdelikten beträgt der Anstieg fast 24 Prozent (von 357 auf 442 Fälle): Dies betrifft Vergehen wegen Verbreitung pornografischer Schriften, sexueller Nötigung und Prostitution. Befürchtungen, infolge des Zustroms vieler junger männlicher Flüchtlinge könne es zu einem Anstieg von Gewalt- und Sexualdelikten kommen, hätten sich nicht bestätigt, so Schwarz.

Die Zahl der Ladendiebstähle hat um 30 Prozent auf 2755 zugenommen, fast ebenso hoch ist der Anstieg bei Rauschgiftdelikten, dieser beträgt 25 Prozent bei nun 2115 Straftaten. Die höhere Quote hat auch damit zu tun, dass die Polizei hier einen Schwerpunkt setzte und mehr kriminelle Machenschaften aufdeckte.

Auch die schweren Diebstähle haben um acht Prozent zugenommen, die Zahl der Wohnungseinbrüche stieg um 66 auf fast 600 Straftaten. Seit Mitte 2015 jedoch fällt die Quote. Von Monat zu Monat wird weniger in Wohnungen eingebrochen. Die Polizei führt dies auf den Einsatz einer Ermittlungsgruppe zurück, aber auch auf die Informationsveranstaltungen zur Prävention von Wohnungseinbrüchen. Inzwischen ist die Entwicklung so, dass die Tuttlinger Beamten jetzt landesweit den besten Wert vorweisen können: Die Wohnungen scheinen in dieser Region am sichersten zu sein.

Zugenommen hat der Anteil ausländischer Tatverdächtiger. Er stieg von 3472 auf 4183 (von 25,5 auf 28,9 Prozent). Erfreuliches vermeldet die Polizei hingegen in den Bereichen gefährliche Körperverletzung (mit 752 die niedrigste Fallzahl seit zehn Jahren), Sachbeschädigungen (mit 89 Fällen ebenfalls die niedrigste Zahl seit zehn Jahren) und Jugendkriminalität. Festgestellt wurden 3342 Jungtäter (Rückgang von 25,7 auf 22,9 Prozent).

Die Zahl der im Landkreis Freudenstadt verübten Straftaten ist 2015 um 219 auf 4358 gestiegen. In Freudenstadt sank sie um 10,1 Prozent auf 1314 Fälle, in Horb stieg sie um 12,8 Prozent auf 1133 Fälle. Wesentliche Zunahmen gab es unter anderem in Seewald (um 113,6 Prozent auf 47 Fälle), Glatten (um 99,7 Prozent auf 59), Waldachtal (um 68,7 Prozent auf 167) und Pfalzgrafenweiler (um 41,4 Prozent auf 222). Unter den herausragenden Fällen, die die Polizei im Kreis 2015 beschäftigten, werden etwa der Großbrand bei der Pfalzgraf Konditorei, das Tötungsdelikt im ehemaligen Eurotel in Baiersbronn und die Körperverletzung mit Todesfolge am Rande des Freudenstädter Stadtfests angeführt.

Kommentar: Es ist so sicher

Von Armin Schulz

Auf solche Nachrichten haben einige, die schon immer meinten, es besser zu wissen, gewartet. Im Umfeld von Asylheimen wird mehr geklaut, in Notunterkünften wird mit Drogen gehandelt, die Polizei hat wegen der Flüchtlinge alle Hände voll zu tun. Sicher ist, die Beamten haben mehr Arbeit. Sicher ist auch, dass unter jenen, die vor Krieg und Elend flüchten und nach Deutschland kommen, einige sind, die Böses im Schilde führen. Und dennoch ist es nicht so dramatisch, wie von interessierter Seite geschildert wird. Vor allem kann die Polizei der Befürchtung, durch männliche Flüchtlinge komme es zu mehr Sexualdelikten, entgegentreten. Sie kann ebenso nachweisen: So sicher wie hier, lebt es sich (fast) nirgendwo. Dennoch muss sie aufpassen, dass sie sich durch kriminelle Banden nicht doch die Butter vom Brot nehmen lässt. Etwa bei Einbruchsdelikten.