Im Upjoy in Villingen-Schwenningen ist nach wie vor einiges los. Ein paar Stammbesucher haben jedoch ihre Verträge zeitweise ausgesetzt. Foto: Eich

Wie viele Kletterhallen, Indoor-Erlebnis- und Spielplätze wird es im kommenden Jahr noch geben? Im Winter sind die Menschen vermehrt auf der Suche nach Freizeitangeboten, die drinnen stattfinden. Ganz anders sieht das in diesem Jahr aus.

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Oberndorf - Regen, Kälte, Dunkelheit. Da setzen die wenigsten in der Freizeit gerne den Fuß vor die Tür. Umso besser besucht sind zu dieser Zeit Freizeitangebote in geschlossenen Räumen. Seit Anfang Dezember gilt in Baden-Württemberg jedoch die 2-G-plus-Regel - die inzwischen schon wieder etwas aufgeweicht wurde - und die Infektionszahlen sind nach wie vor hoch. Die Verunsicherung der Besucher bringt viele Betreiber von Indoor-Freizeiteinrichtungen an den Rand der Existenzkrise. 

Stammgäste setzten Verträge aus

Es gibt da auch ein paar glückliche Ausnahmen. Die Boulderhalle Upjoy in Villingen ist nach wie vor gut besucht. Dort gibt es Boulderrouten mit bis zu 4,5 Metern Höhe mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen für Kletter-Begeisterte. Mitarbeiter Jannik Raible erklärt: "Bei uns gilt wie überall gerade die 2-G-plus-Regel, außer man ist geboostert und vor weniger als sechs Monaten geimpft worden." Noch sei fast genauso viel los, wie sonst. Das liegt auch an den festen Besuchern. "Morgens haben wir meistens Reha-Kurse und die sind natürlich nach wie vor voll."

Ein paar Stammgäste haben gesagt, sie legen bei ihrem Vertrag eine Pause ein, weil sie zum Beispiel vor mehr als sechs Monaten die letzte Impfung hatten und den Termin für den Booster erst in zwei oder drei Wochen haben, erklärt Raible. Insgesamt wirke sich das aber wenig auf den Besucherstrom aus. Das könnte daran liegen, dass Boulderer regelmäßig ihrem Hobby nachgehen. Sie sind über Regeländerungen informiert. Damit hat die Kletterhalle einen Vorteil gegenüber Museen oder Spielplätzen, die der einzelne in der Regel nur einmal besucht. "Und die Leute gehen nach wie vor ihren Hobbys nach", ist Raibles Eindruck. Damit gehört das Upjoy zu den wenigen glücklichen Indoor-Freizeitbetreibern, die gerade nicht zu kämpfen haben.

Besucher sind zögerlich

Ganz anders geht es dem Berolino in Balingen. Auf dem Hallenspielplatz können sich Kinder auf 2400 Quadratmetern unter anderem auf Rutschen, Klettertürmen und Trampolinen austoben. "Die Coronaregeln sind gerade sehr verwirrend", merkt Geschäftsführerin Marion Kapfer an. "Die Leute sind zögerlich, weil sie gar nicht mehr wissen, was gilt. Sie sagen sich, bevor wir umsonst hinfahren, bleiben wir lieber daheim."

Seit zwei Jahren fühle sie sich wie die Corona-Hotline. "Die Leute beschweren sich, dass sie mit Anrufen nicht durchkommen. Das ist auch kein Wunder, so viele Anrufe, wie ich täglich bekomme. Das ist kaum zu stemmen." Seit den Herbstferien werde sie auch regelmäßig gefragt, wie es in den Weihnachtsferien laufe. Müssen sich die Kinder dann testen lassen? Sie werden dann schließlich nicht mehr in den Schulen und Kindergärten getestet. "Ich musste bis vor einer Woche noch sagen, dass ich es nicht weiß", sagt Kapfer. "Es gab so lange vonseiten des Landes keine klaren Anweisungen dazu."

Kinder müssen in den Ferien zum Test

Inzwischen ist es offiziell: Kinder müssen in den Weihnachtsferien ins Testzentrum. "In den Ferien müssen Kinder ab sechs Jahren einen Test vorlegen, wenn 2-G-plus gilt", bestätigt Pascal Murmann, Sprecher des Sozialministeriums Baden-Württemberg. "Sobald wieder Unterricht stattfindet, reicht dann wieder der Schülerausweis oder ein anderes geeignetes Dokument." Die zertifizierten Schnelltests sind bei Kindern genauso lange gültig, wie bei Erwachsenen, nämlich einen Tag lang.

Ob in den Weihnachtsferien eine Überlastung der Testzentren zu befürchten ist? "Sicherlich wird die Auslastung zunehmen", so der Sprecher. "Derzeit gibt es mindestens 2800 Teststellen in Baden-Württemberg, die Bürgertestungen nach der Test-Verordnung des Bundes anbieten. Nachdem der Bund die Bürgertests nun wieder finanziert, rechnen wir mit einer weiteren Zunahme an Bürgerteststellen. Wir haben im Frühjahr festgestellt, dass sich das Angebot in sehr kurzer Zeit dem Bedarf anpasst, wenn dieser besteht. Zudem gibt es in Baden-Württemberg ein dichtes Netz von Apotheken, die ebenfalls Tests anbieten." Das Ministerium weise darauf hin, dass auch Veranstalter und Gastronomen ihren Gästen Selbsttest anbieten dürfen. Denn auch solche Selbsttests unter Aufsicht der Einrichtung seien zulässig in allen Bereichen, in denen 2G-plus oder 3G gelte.

Nicht annähernd kostendeckend

Die Besucher des Berolino in Balingen haben bisher großteils verständnisvoll auf die offenen Fragen reagiert und sich immer wieder einmal bei Kapfer gemeldet und nach Neuigkeiten erkundigt. Dennoch gehe es da zum Beispiel um Kindergeburtstage, die geplant werden müssen, gibt die Betreiberin des Indoor-Spielplatzes zu bedenken. "Manche Kinder haben ihren Geburtstag schon zwei Mal nicht gefeiert. Und nun konnten sie beim dritten Mal vielleicht auch nichts besonderes planen, weil die Verordnungen so undurchsichtig waren."

Bis vor zwei Wochen sei das Berolino von wegbrechenden Besucherzahlen gar nicht stark betroffen gewesen. "Das hat sich aber schlagartig geändert, seit die neue Landesverordnung kam. Viele Vorreservierungen wurden storniert", bedauert Kapfer. "Die Vorweihnachtszeit ist für uns eigentlich eine gute Zeit. Wir haben da normalerweise 20 bis 30 Schulklassen zu Besuch. Dieses Jahr kommt keine einzige. An vielen Schulen wurden Ausflüge untersagt."

Aber immerhin habe sie überhaupt geöffnet. "Wir haben schon damit gerechnet, dass es läuft wie letzten Winter und wir wieder in den Lockdown müssen. Zum Glück ist das bis jetzt nicht der Fall. So wenige Besucher wie wir diesen Monat haben, arbeiten wir aber nicht mehr annähernd kostendeckend." Es gebe jetzt einen neuen Mitarbeiter im Berolino, der nichts anderes mache, als Impfzertifikate und Ausweise kontrollieren. Das bedeute mehr Kosten bei weniger Einnahmen. "Aber ganz zu machen können wir auch nicht", erklärt sie das Dilemma. "Sollten noch einmal Hilfspakete kommen und wir haben geschlossen, fallen für uns alle Fördermöglichkeiten weg." Obwohl die Hilfspakete bei einem Unternehmen in dieser Größe auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind.  

"Ich habe die Hoffnung, dass sich die allgemeine Verwirrung bis in ein paar Wochen wieder legt und sich die Besucherzahlen wieder einpendeln. Wenn wieder so viele kämen wie im Oktober oder November, könnten wir uns über den Winter hangeln", sagt Kapfer. "Wenn nicht, wird es kritisch."

So wenige Gäste wie noch nie 

Kritisch könnte es auch bei der Experimenta in Freudenstadt werden, wenn sich die Besucherzahlen nicht bald erholen. "Bei uns sieht es gerade trostlos aus", sagt Michael Krause, Inhaber der Mitmach-Ausstellung. Die Besucher entdecken dort Phänomene des täglichen Lebens und der Natur und es gibt vieles zum Anfassen, Ausprobieren und Mitmachen. Ein Zeitvertreib für alle Altersgruppen an trüben Tagen also. Dennoch habe die Ausstellung nie so wenige Besucher verzeichnet, wie in diesem Monat. "Der Dezember ist eine Katastrophe. Vielleicht liegt es aber nicht nur an 2-G-plus", hofft Krause. "Das Wetter und die Ferienzeiten spielen ja auch immer eine Rolle. Ich erwarte in den Weihnachtsferien schon wieder mehr Besucher." Die Gästezahlen in den Hotels seien im Raum Freudenstadt gerade ganz gut, habe er gehört. "Auf etwas muss man ja hoffen", sagt er und lacht.

Dennoch sei nicht zu leugnen, dass die Menschen verunsichert seien. Es gebe momentan viele Anrufe. "Die Leute Fragen: Was ist Sache? Müssen wir reservieren?", so Krause. "Dann sagen wir ihnen, dass sie die Impf- oder Genesenennachweise mitbringen müssen." Eventuell noch einen Test. Und natürlich den Ausweis. "Wir machen das alles ganz coronakonform. Und hoffen auf bessere Zeiten."