Im Prozess um die jahrelang verschwundene Maria hat nun die Mutter des Mädchens ausgesagt. (Symbolbild) Foto: dpa

55-Jährige: Tochter leidet bis heute. Hat Angeklagter auch eigene Tochter missbraucht?

Freiburg - Im Freiburger Prozess um die jahrelang verschwundene Maria hat die Mutter der heute 19-Jährigen als Zeugin ausgesagt.

Zudem steht seit der Verhandlung am Freitag ein neuer Verdacht gegen Bernhard H. im Raum: Der Angeklagte könnte offenbar auch seine mittlerweile erwachsene Stieftochter im Kindesalter sexuell missbraucht haben. Eine Aussage hierzu im nichtöffentlichen Teil des Verfahrens scheiterte allerdings, weil die Frau auf dem Weg in den Gerichtssaal einen Zusammenbruch erlitt. Nun ist offen, ob sie gegen ihren Stiefvater aussagen kann.

Der Stiefsohn des Angeklagten deutete den Missbrauch an der Frau durch Bernhard H. ebenfalls an. Details wollte er aber erst berichten, nachdem die Öffentlichkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft von der Verhandlung ausgeschlossen wurde. Außerdem, so der 34-Jährige, habe er als Teenager bei seinem Stiefvater eine CD mit Kinderpornos gefunden. Bernhard H., der damals für die rechtsgerichteten Republikaner politisch aktiv war, habe den Besitz der Bilder damit erklärt, dass er diese zu Recherchezwecken für seine Partei benötige.

Jahre mit Bernhard H. hinterlassen Spuren

Im Mittelpunkt des Verhandlungstags stand indes die Aussage von Monika B. (54), der Mutter von Maria H., mit der Bernhard H. vor sechs Jahren gemeinsam durchgebrannt war. Monika B. schilderte, dass die Jahre an der Seite des 40 Jahre älteren Mannes nicht spurlos an ihrer Tochter vorübergegangen seien: Bis heute habe Maria Schlafstörungen und Probleme, sich normal zu ernähren. Fünf Jahre lang habe es für Maria zusammen mit Bernhard H. fast nur Wasser und Brot gegeben, ab und an etwas Wein dazu. Schon ein Glas Marmelade sei ein Luxus gewesen, so habe es Maria ihr berichtet. Es falle Maria zudem schwer, sich nicht selbst die Schuld und Verantwortung für das Geschehene der vergangenen Jahre zu geben. Ein Wendepunkt sei erst erreicht gewesen, als sie vor einigen Wochen einen Tatort-Krimi gesehen habe, der in Freiburg spielt und von einem Mädchen handelt, das mit einem älteren Mann durchgebrannt ist. Ebenfalls geholfen habe es Maria, am vergangenen Montag acht Stunden lang im Prozess gegen Bernhard H. als Zeugin auszusagen. "Das war ein Riesenschritt für sie", so die Mutter.

Schwieriger sei es hingegen in der Anfangszeit nach Marias Rückkehr im August 2018 gewesen. So habe Maria zunächst geglaubt, sie könne für das, was sie getan hat, verhaftet werden. Und sie habe zunächst gegenüber ihrer Mutter und der Polizei gelogen, um Bernhard H. vor dessen Verhaftung zu schützen. Monika B. beleuchtete in ihrer Aussage auch, wie sie selbst das Verschwinden ihrer Tochter vor sechs Jahren in Erinnerung hat: "Für mich gab es keinen Tag mehr und keine Nacht, ich bin nicht mehr aus der Wohnung raus", so die Mutter über ihre Ängste und Sorgen. Dass Bernhard H. sich im Jahr davor an Maria im Internet herangemacht hatte, wusste sie zwar. "Ich dachte aber, die Sache sei längst erledigt." Ein folgenschwerer Irrtum: Maria war heimlich mit H. in Kontakt geblieben, nachdem dieser von seiner mittlerweile geschiedenen Frau beim Chat mit ihr erwischt wurde und die Online-Affäre des ungleichen Paars publik wurde.

Auch Schulfreundin von Maria sagt aus

Sie habe allerdings immer gewusst, dass die Sache irgendwann ein Ende haben werde, so Monika B., die bis heute an Depressionen leidet. Dass Maria tot sein könnte, habe sie sich nicht erlaubt zu denken. Nach einem Jahr habe sie aber begonnen zu verstehen, dass manche Eltern Grabsteine für ihre vermissten Kinder aufstellen.

Neben Monika B. sagte am gestrigen Vormittag Marias Schulfreundin Michelle L. (19) aus. Die Freiburgerin wusste seinerzeit von Marias Kontakt zu H., "ein oder zweimal" habe sie ihn gesehen, er sei "zuvorkommend und nett" gewesen. Michelle fungierte als Alibi, wenn das ungleiche Paar sich heimlich in einem Freiburger Billighotel traf. An allzu viele Details wollte die junge Frau sich aber vor Gericht nicht erinnern.