Für die Plädoyers wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Foto: Deckert

Öffentlichkeit wird von Plädoyers ausgeschlossen. Urteil soll am 9. Juli verkündet werden.

Freiburg - Im Prozess um die jahrelang verschwundene Maria hat das Landgericht Freiburg die Beweisaufnahme beendet.

Eigentlich sollte man denken, dass es da wenig zu lachen gibt: zum Abschluss der Beweisaufnahme im Prozess gegen den 59 Jahre alten Bernhard H. aus Blomberg in NRW wurden am Freitag vom Gericht unter anderem die kinderpornographischen Umtriebe des Angeklagten erörtert und die Missbrauchsanschuldigungen seiner Stieftochter in Form eines Verhörprotokolls in das Verfahren eingeführt. H. schien das wenig zu beeindrucken. Er grinste mal ins Publikum, dann wieder starrte er sein Opfer Maria H. (19) und deren Mutter Monika B. an, die ihn als Nebenklägerinnen jedoch keines Blickes würdigten. Bernhard H. war mit Maria über fünf Jahre untergetaucht, bevor sich die junge Erwachsene im Sommer 2018 auf Sizilien von ihm absetzte. Kurz darauf wurde der Mann verhaftet und nach Deutschland überstellt. Monika B. leidet bis heute unter den psychischen Folgen des Verschwindens ihrer Tochter und ist arbeitsunfähig geschrieben. Gegen H. strebt sie ein Schmerzensgeldverfahren an.

Knapp 400 kinder- und jugendpornografische Bilddateien, unter anderem auch von missbrauchten Babys, und rund 10.000 einschlägige Suchanfragen im Internet hatte die Polizei auf einem Rechner von Bernhard H. rekonstruieren können. Nach nackten Kindern und Kindern in Reizwäsche, nach "Lolitas", "Nude Babes" ("Nackte Babies") und nach "Teens 13 - 19" soll der Mann gesucht haben. Auch sind zwei Nacktfotos aufgetaucht, die H. an die 40 Jahre jüngere Freiburger Schülerin geschickt hat, bevor das ungleiche Paar im Mai 2013 verschwand. Die Nacktfotos habe er "direkt hintereinander weg" an Maria geschickt, so der Mann, der kein Schuldbewusstsein zu kennen scheint. Stattdessen betonte er, dass die kleinen Vorschaubilder, die man sichern konnte, kein Garant seien, dass das Abgebildete auch wirklich zu sehen gewesen sei, wenn man es anklickte. "Da kann auch Werbung oder irgendwas anderes auftauchen."

Auch der Frage, ob Bernhard H. seine mittlerweile 37 Jahre alte Stieftochter missbraucht hat, ging das Gericht am Freitag nach. Die Frau war zweimal aufgrund von Panikattacken nicht zur Aussage fähig, mittlerweile ist sie in einer psychiatrischen Klinik in stationärer Behandlung. Richter Arne Wiemann griff daher auf ein Verhörprotokoll zurück, das die Aussage der Frau aus dem Jahr 2013 nach dem Verschwinden Marias und des Mannes wiedergab: im Schlaf angefasst habe Bernhard H. sie erstmalig als sie sieben Jahre alt war, so die Zeugin. Zweimal habe er das in der Folge noch versucht, da sei sie aber jedes Mal aufgewacht und habe geschrien. Auf seinen Kontakt mit Maria H. angesprochen habe er der Stieftochter gesagt, dass "die Sache" mit ihr "ein Ausrutscher" gewesen sei. "Mit Maria sei aber alles ganz anders." Bernhard H. habe im Alkoholrausch auch ihre Mutter verprügelt, eine Tür eingetreten und habe wegen der Beziehung zu Maria gewirkt "als seien ihm die Sicherungen durchgeknallt".

Am Ende des Verhandlungstages wurde hinter verschlossenen Türen plädiert: Staatsanwältin Nikola Novak forderte sieben Jahre und drei Monate Haft und eine anschließende Sicherungsverwahrung für den Angeklagten, dem in dem Verfahren ein schwerer Fall von Kindesentziehung und sexueller, beziehungsweise schwerer sexueller Missbrauch in rund 100 Fällen vorgeworfen wird. Die beiden Nebenklagevertreter Claudia Meng und Winfried Jörissen schlossen sich den Forderungen Novaks an. Jörissen betonte allerdings, dass er allein für den Missbrauch Marias mindestens acht Jahre Haft für angemessen gehalten hätte. Verteidiger Stephan Althaus hingegen äußerte sich nicht. Nach Informationen unserer Zeitung forderte er allerdings, seinen Mandanten vom Vorwurf der Kindesentziehung freizusprechen. Für den Missbrauch hielt der Verteidiger demnach vier Jahre und sechs Monate für angemessen. Das Urteil gegen Bernhard H. soll am 9. Juli gesprochen werden. Den Antrag der Verteidigung, die Öffentlichkeit von der Urteilsbegründung auszuschließen, hat das Gericht abgewiesen: Das öffentliche Interesse überwiege hierbei die Persönlichkeitsrechte der Prozessbeteiligten, so Richter Arne Wiemann.