Der Angeklagte Bernhard H. verbirgt mit einem Ordner sein Gesicht. Foto: Deckert

Entführer träumt bis heute von gemeinsamer Zukunft mit 19-Jähriger. Opfer fühlte sich schuldig.

Freiburg - Der Entführer von Maria H. muss extrem viel Glück gehabt haben bei seiner Flucht mit dem Mädchen. Zeugen sprechen von Polizeikontrollen, bei denen er eigentlich hätte gefasst werden müssen.

Im Prozess gegen den 58 Jahre alten Bernhard H. aus Blomberg (Nordrhein-Westfalen) haben am Donnerstag mehrere Polizisten als Zeugen ausgesagt, die mit den Ermittlungen in dem Fall befasst waren: Bernhard H. war im Mai 2013 mit der 40 Jahre jüngeren Freiburgerin Maria H. durchgebrannt, nachdem er in der Zeit davor mit dem Mädchen über das Internet eine Art Beziehung aufgebaut hatte. "Blind vor Liebe" sei der Mann ihm vorgekommen, erzählte einer der Ermittler. Der Angeklagte habe ihm den Eindruck vermittelt, auch heute noch von einer gemeinsamen Zukunft mit der nun 19-Jährigen auszugehen und sie heiraten zu wollen, wenn er aus dem Gefängnis kommt.

Eine pädophile Neigung habe der Angeklagte hingegen verneint, wenngleich mehrere Fahnder aussagten, dass man auf einem Rechner des Angeklagten Spuren von knapp 400 Kinder- und Jugendpornos sowie von rund 10.000 entsprechenden Seitenaufrufen im Netz gefunden habe. Auch Nacktbilder des Angeklagten und von Maria seien entdeckt worden. Von Maria muss der Mann emotional sehr abhängig gewesen sein: Ein Beamter berichtete von "weinerlichen" Chatverläufen, in denen der Mann dem Kind seine Liebe gestanden habe.

Aus Brief geht hervor, dass sich Opfer schuldig gefühlt hat

Gleichzeitig habe er sich für Maria unentbehrlich gemacht und ihr etwa in der Anfangszeit ihres Kennenlernens bei Schulaufgaben geholfen. Aus einem Brief Marias, der vor Gericht verlesen wurde, geht hervor, dass sie sich bis zuletzt schuldig gegenüber Bernhard H. fühlte, da dieser "alles aufgegeben" habe für sie.

In den Vernehmungen am Donnerstag wurde auch deutlich, dass Bernhard H. mehrfach Glück hatte, auf der Flucht mit Maria nicht von der Polizei aufgegriffen zu werden: Bereits in der Nacht ihres spontanen Verschwindens gerieten er und das Mädchen demnach auf der A8 in eine Alkoholkontrolle der Polizei. Allerdings war da noch keine Fahndung nach dem ungleichen Paar ausgeschrieben. Später in Polen kam der Angeklagte bei einer Kontrolle durch die Polizei trotz gestohlener Nummernschilder an seinem Auto ungeschoren davon.

Zudem wurde Bernhard H. in Italien mehrfach von der Polizei kontrolliert. Doch offenbar glichen die Beamten dort seine erhobenen Personalien nicht ab. Andernfalls hätte ihnen der internationale Haftbefehl gegen ihn auffallen müssen. Bis heute habe man dazu von der Polizei in Italien keine Rückmeldung erhalten, berichtete einer der Ermittler im Zeugenstand in Freiburg, der die Arbeit seiner Kollegen in Südeuropa als "relativ dürftig" bezeichnete.

Details wurden zudem zu den Missbrauchsvorwürfen gegen Bernhard H. innerhalb seiner Familie bekannt: Demnach soll er sich an seiner schlafenden Stieftochter vergangen haben, als diese acht Jahre alt war. Die Mutter habe das dem Kind damals aber nicht geglaubt. Die mittlerweile erwachsene Stieftochter wird am 24. Juni per Videoschaltung nichtöffentlich zu der Sache vernommen.