Ein Aufkleber mit der Aufschrift „Refugees welcome“ hängt in der Innenstadt von Freiburg am Rathausplatz. Die politische Diskussion über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kocht nach dem Mord an der Studentin hoch. Foto: dpa

Nach Aufklärung des Sexualmords an Maria L. prüfen Ermittler Alter des Verdächtigen. Heftige Diskussionen.

Freiburg - Nach der Aufklärung des Sexualmordes an der Freiburger Medizinstudentin Maria L. (19) durch einen 17 Jahre alten Jugendlichen aus Afghanistan arbeitet die "SoKo Dreisam" der Freiburger Polizei weiterhin an der Beantwortung der vielen ungelösten Fragen in dem Fall.

Der seit Samstag in U-Haft sitzende junge Mann schweigt demnach beharrlich zu den Tatvorwürfen. Er wird mittlerweile anwaltlich vertreten. Dem Jugendlichen, der vor einem Jahr als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland gekommen und zuletzt im Freiburger Osten bei einer Pflegefamilie untergebracht war, wird vorgeworfen, die junge Frau in der Nacht zum 16. Oktober vergewaltigt und getötet zu haben. Die Behörden wollen nun untersuchen, ob der Afghane tatsächlich 17 ist oder älter. Das hätte natürlich Folgen für das zu erwartende Strafmaß.

Zum genauen Tathergang habe man derzeit noch keine Erkenntnisse, berichtete Polizeisprecherin Laura Riske gestern. Offen sei auch nach wie vor die Frage, ob Täter und Opfer, die nur wenige Kilometer voneinander entfernt lebten, einander vor der Tat bereits begegnet waren, oder ob Maria ein Zufallsopfer war. Die junge Frau war neben ihrem Medizinstudium in der Flüchtlingshilfe aktiv.

Die Verhaftung des jungen Tatverdächtigen hat weltweit für Schlagzeilen und Betroffenheit gesorgt. Und für endlose Hetztiraden gegen Flüchtlinge auf den einschlägigen Seiten im Internet. Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin warnte vor diesem Hintergrund vor Pauschalurteilen. Gegenüber der "Bild" sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Wochenende, man dürfe nicht zulassen, dass die "abscheuliche Tat jetzt für Hetze und Verschwörungspropaganda missbraucht wird. Allen ist klar: Flüchtlinge können genauso furchtbare Verbrechen begehen, wie Menschen, die in Deutschland geboren sind."

Ähnlich äußerte sich gegenüber dem Blatt auch CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner, die betonte: "Solche Grausamkeiten werden leider von In- wie Ausländern begangen, das ist leider kein neues Phänomen."

Harsche Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung übte hingegen einmal mehr der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt: "Dieses und viele andere Opfer würde es nicht geben, wäre unser Land auf die Gefahren vorbereitet gewesen, die mit massenhafter Zuwanderung immer verbunden sind." SPD-Bundesvize Chef Ralf Stegner konterte per Twitter, Wendt äußere sich "widerlich und dümmer als die Polizei erlaubt".

Deutschlandweit hat zudem die Praxis der Berichterstattung über den Mord in den Medien für öffentliche Debatten gesorgt, weil die "Tagesschau" der ARD nicht über die Festnahme berichtete und die Verhaftung lediglich als "lokales Ereignis" bewertete. Dazu gesellte sich mittlerweile auch manche "Ente" in den Medien: In britischen Zeitungen kursierte gestern beispielsweise wiederholt die Falschmeldung, der Täter habe ein Geständnis abgelegt.

Eine heiße Spur im Mordfall Carolin G. haben die Beamten nicht

Der junge Mann konnte mithilfe eines auffälligen Haares überführt werden, welches Kriminaltechniker bei ihrer Suche nach Spuren in einem abgemähten Gebüsch entdeckten und welches der Täter-DNA zugeordnet werden konnte, die sich am Opfer fand. Die umfangreichen Ermittlungen in dem Fall, in deren Verlauf bereits rund 1400 Menschen befragt und vernommen wurden und 1600 Spuren und Hinweise angelegt wurden, dauern an.

Insbesondere geht es dabei auch um die Frage, ob der mutmaßliche Mörder von Maria L. etwas mit dem Tod von Carolin G. (27) aus Endingen (Kreis Emmendingen) zu tun gehabt hat, die drei Wochen nach Maria einem Sexualstraftäter zum Opfer fiel, als sie an einem Sonntagnachmittag Anfang November zum Joggen in den Reben am Kaiserstuhl unterwegs war. Bisher gibt es jedoch keine Anhaltspunkte für einen Tatzusammenhang, behauptet die Polizei. Auch eine heiße Spur im Mordfall Carolin G. haben die Beamten nicht. Die Meldung, die sich am Wochenende über eine angebliche Verhaftung in Endingen im Internet verbreitet hatte, sei ein Gerücht gewesen, stellte Polizeisprecher Dietmar Ernst gestern klar. Man habe lediglich eine Personenkontrolle vorgenommen, die kontrollierte Person habe aber mit dem Mord an Carolin G. nichts zu tun.