Der gelernte Maurer aus dem Kanton St. Gallen hat zugegeben, den in Staufen bei Freiburg lebenden und heute neun Jahre alten Jungen dreimal vergewaltigt und dafür Geld gezahlt zu haben. Foto: dpa

Mann aus der Schweiz im Staufener Missbrauchsfall verurteilt. Sicherungsverwahrung angeordnet.

Staufen/Freiburg - Auf Jürgen W. (38) wartet ein langes Leben hinter Gittern. Der gelernte Maurer aus dem Kanton St. Gallen in der Schweiz wurde am Montag vom Freiburger Landgericht zu neun Jahren Gefängnis und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Mann hatte in nichtöffentlicher Verhandlung gestanden, einer der acht Täter im Staufener Missbrauchsfall zu sein. Entsprechende Beweisvideos gab es zur Genüge. Außerdem wurde W. von Christian L. (39), dem mutmaßlichen Haupttäter in dem Fall, schwer belastet.

Jürgen W., ein mittelgroßer Mann von eher schmächtiger Gestalt mit dunklem schütterem Haar, nahm das Urteil nahezu regungslos auf. Sein Verteidiger Robert Phleps hatte bereits vor dem Richterspruch eine Revision angekündigt, falls das Gericht für seinen nicht vorbestraften Mandanten eine Sicherungsverwahrung aussprechen sollte.

Staatsanwältin Nikola Novak und der Vertreter der Nebenklage, Rechtsanwalt Bernhard Dechant, zeigten sich mit dem Urteil zufrieden. Zwar blieb das Gericht beim Strafmaß um einige Jahre hinter ihren Forderungen zurück, doch sei vor allem die Verwahrung des gefährlichen Täters nach der Haftzeit wichtig, sagte Novak.

Dreimal hatte der Mann den Jungen aus Staufen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) brutal vergewaltigt und das Kind bei den Taten verletzt, beleidigt, gefesselt und erniedrigt. Dabei sei der Mann, dem ein Gutachten eine "schicksalhafte, auf Jungen ausgerichtete pädophile Neigung" und eine "sadistische Nebenströmung" als Ursache für seine Straftaten bescheinigte, äußerst roh vorgegangen, sagte Richter Stefan Bürgelin bei der Urteilsverkündung. Die Rückfallgefahr sei groß, zumal der Mann als "gefährlicher Hangtäter" in seinen Einlassungen vor Gericht auch "keine echte Einsicht" in seine Vergehen geäußert habe. Zunächst habe er auch versucht, den Ermittlern vorzulügen, dass er nach den Taten in Staufen keine Kinderpornos mehr konsumiert und sich sexuell nur noch an erwachsenen Frauen interessiert habe.

Mit den Taten geprahlt

Verurteilt wurde der 38-Jährige wegen besonders schwerer Vergewaltigung, Kindesmissbrauchs, Zwangsprostitution, Körperverletzung, Beleidigung und wegen des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornos. Man habe selbst Darstellungen von Vergehen an Babys bei dem Mann gefunden, sagte der Richter. Mit seinen Taten an dem Jungen aus Staufen habe er in Online-Foren geprahlt und sich in immer schlimmere Gewalt-, Missbrauchs- und sogar Tötungsfantasien gesteigert.

Seinem Opfer, das am Montag übrigens zehn Jahre alt wurde und mittlerweile in einer Pflegefamilie gut untergebracht ist, muss der Schweizer 14 000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Der Prozess gegen die 48 Jahre alte Mutter des Jungen und ihren 39-jährigen Partner, der den Missbrauch des Jungen für Geld via Internet organisiert hatte, wird am Mittwoch mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.

Infos zum Missbrauchsfall in Staufen

Der jahrelange Missbrauch eines kleinen Jungen in Staufen bei Freiburg ist nach Angaben des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg der schwerwiegendste Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern, den die Polizei im Südwesten bislang bearbeitet hat. Opfer ist ein heute neun Jahre alter Junge. Er ist laut Polizei von mehreren Tätern wiederholt missbraucht und vergewaltigt worden. Seine Mutter und deren Lebensgefährte sollen ihn hierfür gegen Geld im Internet angeboten haben. Es gab acht Verdächtige, die in Untersuchungshaft kamen, und bereits etliche Urteile - zum Teil mit Sicherungsverwahrung.

Am Montag wurde ein 37 Jahre alter Mann aus der Schweiz zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, gegen ihn verhängte das Landgericht Freiburg Sicherungsverwahrung. Außerdem muss er laut Urteil 14.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Das erste Urteil in dem komplexen Missbrauchsfall hatte es im April gegeben: Ein Mann wurde in Freiburg zu zehn Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Außerdem muss er dem Opfer 12.500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Verteidigung ging in Revision.

Ein Bundeswehrsoldat bekam im Mai acht Jahre Gefängnis, auch hier ordnete das Landgericht Freiburg die Zahlung von 12.500 Euro Schmerzensgeld an. Staatsanwaltschaft und der Verurteilte legten Revision ein.

Das Landgericht Kiel verurteilte einen Mann aus Neumünster wegen Vergewaltigung seiner Tochter zu sieben Jahren und drei Monaten. Der Fall flog im Zuge der Freiburger Ermittlungen auf, am Missbrauch des Jungen war der Mann nicht beteiligt.

Ein Schleswig-Holsteiner wurde Ende Juni in Karlsruhe zu acht Jahren Haft verurteilt. Das Landgericht Karlsruhe ordnete Sicherungsverwahrung an.

Im Juni begann in Freiburg auch der Prozess gegen die Mutter des Kindes und ihren Lebensgefährten. Sie gelten als Hauptbeschuldigte bei den zahllosen Sexualverbrechen, die dem Kind angetan wurden. Das Urteil wird frühestens am 16. Juli erwartet.

Ein Prozess gegen einen ebenfalls vor dem Landgericht Freiburg angeklagten Spanier war noch nicht terminiert.