Weil er einen Teil der Haft in Marrokko verbüßte, verlässt ein korrupter Polizist den Gerichtssaal trotz Haftstrafe als freier Mann. (Symbolbild) Foto: Ebener

Angeklagter verbüßt Teil der Haft in Marokko. Haftzeit wird doppelt angerechnet.

Freiburg - Im Prozess gegen einen 58 Jahre alten Polizeibeamten hat das Landgericht Freiburg am Dienstagabend sein Urteil gesprochen und den Angeklagten zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Hinter Gitter muss der Mann jedoch nicht: Sein Verteidiger Sebastian Glathe hatte für den Mann vor dem Urteil eine Absprache erreicht, bei der die verbüßte U-Haft im Gegenzug für ein Geständnis des Angeklagten so bewertet wurde, dass der Angeklagte am Ende das Gericht als freier Mann verlassen konnte. Entscheiden dabei war, dass der Mann einen Teil der Haft in Marokko verbüßt hatte: der wenig komfortable Gefängnisaufenthalt dort wurde dem Mann so angerechnet, als habe er mindestens doppelt so lange in Deutschland eingesessen.

Vorausgegangen war ein bundesweit vielleicht einmaliger Korruptionsprozess, in dem der angeklagte ehemalige V-Mann-Führer bei der Kripo in Freiburg am Schluss 71 von knapp 80 Anklagepunkten eingeräumt hatte, darunter Hehlerei, Geheimnisverrat und Vorteilsnahme im Amt und unsaubere Geschäfte bei der Rückführung gestohlener Autos aus Afrika nach Deutschland. So hatte der Angeklagte unter anderem die Namen von V-Leuten, mit denen er arbeitete, an Rockerbanden verhökert und einem Vergewaltiger für Geld angeboten, Beweismaterial verschwinden zu lassen. Außerdem hatte er Razzien gegenüber Zuhältern vorab angekündigt und so dem Menschenhandel im Rotlichtmilieu Vorschub geleistet.

In dem 14 Monate langen Verfahren hatte der Verteidiger im Februar 2018 erreicht, dass sein Mandant vorzeitig aus der U-Haft entlassen werden musste, weil er dem Gericht nachweisen konnte, dass es den Prozess nicht mit der gebotenen Eile durchzog. Davor war der Polizist einer Gerichtverhandlung zunächst entwischt, indem er sich Anfang 2016 für Monate nach Nordafrika absetzte und untertauchte. Dies war nur möglich, weil er trotz der zahlreichen Tatvorwürfe zunächst nicht in U-Haft gesteckt worden war, da man ihm keine Flucht- und Verdunklungsgefahr nachweisen konnte.

Der korrupte Beamte war bereits 2012 aufgeflogen. Seitdem ist er vom Dienst suspendiert. Nun folgt noch ein Disziplinarverfahren, bei dem der 58-jährige nicht nur seinen Job sondern auch seine Pensionsansprüche verlieren wird.