Polizei befreit bei Freiburg Neunjährigen nach jahrelangem Martyrium. Acht Festnahmen.

Freiburg - Es sind schwere Vorwürfe: Eine Mutter soll ihr Kind Männern gegen Geld für Vergewaltigungen zur Verfügung gestellt haben. Die Polizei befreit den Jungen nach zwei Jahren Martyrium. Und beendet einen Kriminalfall mit erschreckenden Dimensionen.

Es ist der 3. Oktober 2017. Ein Mann nutzt den Feiertag für einen langen Ausflug. Er fährt von Schleswig-Holstein nach Karlsruhe. Dort soll ihm ein neunjähriger Bub "zugeführt werden", wie es heißt. In seinem Rucksack befinden sich Fessel-Utensilien. Was der Mann vorhat, soll er zuvor in einem Internet-Chat geäußert haben. Dort soll er von Tötungsfantasien im Zusammenhang mit dem Missbrauch eines Kindes geschrieben haben. Doch dazu kommt es nicht. In Karlsruhe erwarten ihn Spezialkräfte des Landeskriminalamtes. Auch sie haben Handschellen dabei.

Es ist eine von mittlerweile acht Festnahmen im In- und Ausland, die den Ermittlern im Zusammenhang mit der Zerschlagung eines Pädophilenrings gelungen sind. Zuvor war im Raum Freiburg ein neunjähriger Bub befreit worden. Er soll mehr als zwei Jahre aufs Schwerste sexuell missbraucht worden sein. Man habe erst jetzt über den Fall berichtet, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen gewesen seien, sagte Horst Haug vom Landeskriminalamt. Weitere Festnahmen seien zudem nicht auszuschließen.

Im Zentrum der Anschuldigungen stehen die 47-jährige Mutter des Jungen sowie ihr 37 Jahre alter Lebensgefährte. Sie, so sagen die Ermittler, hätten den Buben nicht nur mehrfach selbst und mit anderen vergewaltigt, sondern ihn auch immer wieder Männern gegen Geld für Sexspiele überlassen. Mit Gewalt und Drohungen hätten die Mutter und ihr Lebensgefährte den Jungen eingeschüchtert und gefügig gemacht. Die Tatorte erstreckten sich von der südlichen Ortenau über die Stadt Freiburg bis in den südlichen Breisgau, sagte ein Sprecher. Die Kontakte seien in der Regel über das Internet angebahnt worden.

Auch für die erfahrenen Ermittler des Landeskriminalamtes erreicht der Komplex eine besondere Dimension. Es handele sich um den schwerwiegendsten Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern, den das baden-württembergische Landeskriminalamt je bearbeitet habe, erklärte ein Sprecher der Behörde.

Anonymer Hinweis bringt die Ermittler auf die Spur der Täter

Ein anonymer Hinweis hatte die Polizei bereits Mitte September auf den Fall aufmerksam gemacht. Bereits fünf Tage später sei es den hinzugezogenen Experten von der Zentralstelle für Internetermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt gelungen, die beteiligten Personen zu identifizieren und den fortgesetzten sexuellen Missbrauch zu beenden. Der Neunjährige befindet sich seither in staatlicher Obhut. Die Mutter und ihr einschlägig vorbestrafter Lebensgefährte sitzen in Untersuchungshaft.

Es gab bereits weitere Festnahmen in Deutschland, Österreich, Frankreich und Spanien. Im Großraum Freiburg verhaftete die Polizei einen ebenfalls einschlägig vorbestraften 40-Jährigen. Auch bei der deutsch-französischen Brigade im Elsass wurden die Ermittler vorstellig und verhafteten einen 49-jährigen Bundeswehrsoldaten. In Österreich gelang es der Gendarmerie, einen 37 Jahre alten Schweizer Staatsbürger dingfest zu machen. Ein 32-jähriger Spanier wurde in seinem Heimatland in Untersuchungshaft genommen. Alle Tatverdächtigen seien mittlerweile nach Deutschland überstellt worden, erklärte die Freiburger Staatsanwaltschaft. Den Männern werde schwerer sexueller Missbrauch und eine Vielzahl an Vergewaltigungen an dem Neunjährigen vorgeworfen.

Die Ermittlungen führten die Beamten mittlerweile zu einem weiteren Opfer. Sie stießen auf Filmmaterial, das den sexuellen Missbrauch eines Mädchens zeige, teilte das Landeskriminalamt mit. In diesem Fall wurde der Vater des achtjährigen Mädchens als mutmaßlicher Täter identifiziert. Der 32-Jährige aus Schleswig-Holstein stand offenbar in Kontakt zu dem 37-jährigen Hauptverdächtigen. Auch er befinde sich in Untersuchungshaft.