Der Angeklagte Catalin C. (rechts) äußert sich während des ersten Prozesstages nicht persönlich. Foto: Deckert

Prozessauftakt liefert Einblick in Lebensverhältnisse des mutmaßlichen Mörders von Carolin G.

Freiburg/Endingen - Sein Handeln sei »unverzeihlich«. Deshalb bittet Catalin C. auch erst nicht um Verzeihung. Die Tat tue ihm leid. Er würde sie gerne ungeschehen machen. Der 40-Jährige ist sich dennoch sicher, dass er am 6.  November  2016 »Herr seiner Sinne gewesen« ist.

Der Anwalt des rumänischen Lkw-Fahrers verliest zu Beginn des Prozess um die Ermordung der 27 Jahre alten Endinger Joggerin Carolin G. eine Aussage seines Mandanten: Catalin C. gesteht, dass er die Kaiserstühlerin getötet hat.  An die schwere Vergewaltigung, die die Anklage ihm vorwirft, will er aber keine Erinnerung haben: Er habe spontan »aus Aggression«, nicht aber in sexueller Absicht gehandelt. Außerdem habe   er in den Stunden vor der Tat fast eine ganze Flasche Obstler getrunken.

Die Witwer, der Bruder und die Eltern der Getöteten folgen dem Geständnis, das Catalin C. von seinem Verteidiger Klaus Malek verlesen lässt, ohne große äußere Regung. Sie nehmen als Nebenkläger an dem Prozess teil. Nur als der Gutachter, dem gegenüber Catalin C. Angaben gemacht hat, berichtet, dass der Angeklagte von sich sage, er sei religiös und bete oft, schüttelt die Mutter der Ermordeten ungläubig den Kopf.

2005 gerät der Rumäne in eine Krise

Auch der Angeklagte selbst  verfolgt die  Verhandlung nahezu regungslos: Mit gesenktem Kopf und versteinerter Miene nimmt er das auf, was der Dolmetscher für ihn übersetzt. Selbst äußern will er sich in dem Verfahren nicht. Später berichtet  der psychiatrische Gutachter Peter Winckler aus Tübingen über das, was er in drei Untersuchungen von Catalin C. im Gespräch erfahren hat. Dieser ist in Rumänien aufgewachsen und zur Schule gegangen. Seine Eltern trennen sich früh, er hat keinen Kontakt zur Mutter und ist mittlerweile auch seinem Vater entfremdet. Geborgenheit habe er nur bei der 2010 gestorbenen Oma erfahren. Nach Schule, Abitur und Kfz-Lehre arbeitet er als Lkw-Fahrer. Alkohol habe er seit seiner Jugend regelmäßig getrunken, zuletzt ein bis zwei Liter Wein am Tag.

Prostituierte mit Messer niedergestochen

Im Jahr 2002 heiratet er. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor. Die Ehe sei »immer intakt« gewesen. Aber im Jahr 2005 gerät er in eine Krise. Er besucht eine  Prostituierte in Rumänien, die er niedersticht. Sie ist  schwer verletzt. Laut  Catalin C. handelt  es sich um einen Unfall. Er habe sich gegen den Zuhälter der Frau verteidigen wollen. Catalin C. fürchtet, ausgeraubt zu werden. Eine Strafe zieht der Fall damals nicht nach sich. Auch seine Frau bleibt bei ihm. Bis heute gelte: Die Familie sei das Wichtigste in seinem Leben. Von Frau und Kindern getrennt leben zu müssen, habe ihn depressiv gemacht.

So schildert es  Catalin C. dem Gutachter. Aber ist  es auch so gewesen? Aus den Berichten des Sachverständigen klingen auch wiederholte Andeutungen aus dem Umfeld des Rumänen über sexuelle Konflikte zwischen ihm und seiner Frau durch. Dass diese ihn vor anderen Menschen als »Schlappschwanz« und »Versager im Bett« bezeichnet habe, stimme nicht. Seine Ehe und sexuelle Biografie sei »normal« verlaufen.

Laut Gutachter Winckler sei es mühevoll gewesen, mit  dem Angeklagten über diese Dinge zu sprechen. »Man muss ihm alles aus der Nase ziehen, es ist, als wolle er sich möglichst klein und unsichtbar machen.« Manches scheint Catalin C. dabei einfach zu ignorieren, zum Beispiel die 3-D-App einer Vagina, die auf seinem Handy neben Informationen über anonyme Sextreffen und einem Beipackzettel für Potenzpillen gefunden wurde. Bis auf die Sache mit den Sextreffs, die ihn neugierig gemacht habe, sei ihm unklar, wie die Sachen auf sein Handy kommen konnten.

»Unsicherheit der vergangenen Jahre hat ein Ende«

Oberstaatsanwalt Thomas Orschitt (»Das Geständnis ist nur rudimentär«) wirft dem Rumänen  in seiner Anklage Mord und besonders schwere Vergewaltigung vor: Catalin C. soll  sein Opfer, das er laut Anklage nicht gekannt habe, massiv gewürgt, mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen, mit der Hand, der Faust oder einem Gegenstand vergewaltigt und schließlich getötet haben, indem er der Frau den Schädel eingeschlagen hat: Carolin G. stirbt schließlich  an einer Kombination aus Ersticken an eingeatmetem Blut und einem offenen Schädel-Hirn-Trauma.

Catalin C. erinnert sich laut  seinem Geständnis und seiner Aussage gegenüber dem Gutachter im  Oktober lediglich daran, dass er Carolin G. mit der Schnapsflasche geschlagen haben will. Er habe keinerlei Erinnerung an weitere Tathandlungen oder daran, dass er sein Opfer über 70 Meter in ein Waldstück gezerrt hat, um sich dort an ihr zu vergehen.

Nur daran, dass er irgendwann erschrocken und weggelaufen sei, könne er sich wieder erinnern. Als Grund für die Tat nennt der Angeklagte, dass Carolin G. ihn angesprochen oder etwas gefragt habe, was er nicht verstehen konnte. Daraufhin sei er aggressiv geworden. Erklären kann sich der Lkw-Fahrer das alles nicht. Er will nicht einmal wahrgenommen haben, ob sein Opfer eine junge oder eine alte Frau gewesen ist  und wie sie ausgesehen hat. Angeblich, weil er in seinem allgemeinen Frust Tränen in den Augen gehabt hat.
Fluchtgedanken hat Catalin C. nach dem Mord an Carolin G. offenbar keine. Zuletzt hat  er bei einer befreundeten Familie in Breisach im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald gelebt. Meist will er aber in seinem Lkw geschlafen haben. Als er merkt, dass man ihm auf die Spur kommt, sei er eher erleichtert gewesen, »dass die Unsicherheit der vergangenen Jahre ein Ende hat«, meint sein  Verteidiger Malek am Mittwoch. Catalin C. sei klar, welch schwere Schuld er auf sich geladen habe. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.