Dieter Salomon leitet am Dienstag seine letzte Gemeinderatssitzung. Martin Horn übernimmt als Amtsverweser.

Freiburg - Genau 30 Punkte umfasst die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung in Freiburg an diesem Dienstag. Es wird um den neuen Stadtteil Dietenbach gehen, um diverse Bebauungspläne und um den Baubeschluss für eine Schulerweiterung. Eigentlich Routine für Oberbürgermeister Dieter Salomon (57, Grüne), der inzwischen rund 200 solcher Sitzungen in Freiburg geleitet hat.

Doch dann ist da eben auch Punkt 9 der Tagesordnung: Der Gemeinderat bestellt Martin Horn (33, parteilos) zum Amtsverweser. Horn tritt zum Monatswechsel die Nachfolge von Salomon an, den die Freiburger Anfang Mai mit einem desolaten Wahlergebnis nach 16 Amtsjahren aus dem Rathaus gewählt hatten.

Horn wird sein Amt zunächst nur ohne Stimmrecht im Stadtrat ausüben können, seine Wahl zum Freiburger OB ist wegen der laufenden Klage einer landesweit auftretenden Spaßkandidatin noch nicht rechtskräftig. Und Salomon? Der scheidende Rathauschef hat sich entschieden, ohne offizielle Verabschiedung zu gehen. Seinen nach der verpatzten Wiederwahl angekündigten Rückzug aus der Politik hat er bereits relativiert: Dem städtischen Amtsblatt hat er mitgeteilt, dass er sich vorstellen könne, "wieder etwas zu machen", nur eben nicht mehr in der Kommunalpolitik. Und auch nicht sofort: Er benötige nach 26 Jahren als Politprofi und 16 Jahren als OB in Freiburg keine "unmittelbare Anschlussverwendung" mehr.

Salomon wurde 2002 als bundesweit erster Grünen-Politiker in Freiburg zum Oberbürgermeister einer Großstadt gewählt. Seine ersten Amtsjahre waren geprägt von der schwierigen Finanzlage, die ihm sein Amtsvorgänger Rolf Böhme (SPD) hinterließ. Die Stadt reagierte mit einem "Perspektivplan", der bis 2010 unter anderem für eine schlankere Stadtverwaltung und weniger Bürokratie im Rathaus sorgen sollte. Doch das reichte nicht: Als Salomon als Reaktion auf die Finanzkrise der Stadt dem Gemeinderat 2006 einen Verkauf der rund 8000 städtischen Wohnungen vorschlug, musste er eine erste schwere Niederlage hinnehmen: Der Stadtbau-Verkauf wurde durch einen Bürgerentscheid verhindert. Und in den Jahren darauf zeigte sich, dass die Sanierung der Finanzen dank sprudelnder Steuereinnahmen auch so gelingen sollte.

Das Thema Stadtbau-Verkauf wurde Salomon bis zu seiner Abwahl immer wieder unter die Nase gerieben, zumal der OB die sich zuspitzende Wohnraumknappheit in der Stadt nur zeitverzögert wahrzunehmen schien: Zu lange schien Salomon veralteten Prognosen zu glauben, wonach der Siedlungsdruck in Freiburg sich mit der Zeit von alleine erledigen wird.

Mit der Verbesserung der Finanzen konnten der Grünen-Politiker und die Verwaltung neben der Schärfung des ökologischen Profils der Stadt als weltweit bekannte "Green City" vor allem die überfälligen Schulsanierungen in Angriff nehmen: rund 300 Millionen Euro hat Freiburg in den vergangenen zehn Jahren hier eingesetzt. Weitere Großprojekte der Salomon-Amtsjahre sollten die Umgestaltung des Rotteckrings und des Platzes der Alten Synagoge in der Innenstadt, der Bau eines neuen Rathausgebäudes im Stadtteil Stühlinger, fünf neue Tramlinien und die ersten Schritte hin zu einem neuen Stadtteil im Westen der Stadt sowie ein neues Fußballstadion für den SC Freiburg sein.

Für eine Wiederwahl reichte die Bilanz Salomons dennoch nicht: Dem manchmal ruppig auftretenden Politiker haftete zunehmend der Ruf einer mangelnden Bürgernähe an, von dem im Wahlkampf der Politik-Neuling Horn profitierte. Die daraus folgende Abwahl ist für Salomon eine schmerzhafte Erfahrung gewesen.