Flüchtlingskinder spielen im Haus Martinus in der Olgastraße Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Stadt hat sich am Mittwoch mit kirchlichen Trägern geeinigt, Waldheime auf ihre Tauglichkeit als Flüchtlingsunterkünfte zu prüfen. Über Details hüllen sich die Beteiligten in Schweigen.

Stuttgart - Derzeit muss die Stadt Stuttgart monatlich mehr als 300 Flüchtlinge, die sie vom Land zugewiesen bekommt, aufnehmen. „Rein rechnerisch haben wir am Jahresende eine Lücke von 700 Plätzen“, sagt Sven Matis, Sprecher der Stadt. „Waldheime sind eine der Optionen, die wir als Unterkünfte prüfen.“ Sozialamtsleiter Stefan Spatz, Thomas Zügel vom Liegenschaftsamt und Vertreter der Evangelischen und Katholischen Kirche als Träger konfessioneller Waldheime hätten sich deshalb am Mittwoch „auf eine Prioritätenliste“ geeinigt.

Welche Waldheime auf dieser Liste stehen und wie viele Plätze sie Flüchtlingen bieten können, will die Stadt noch nicht bekannt geben. Sven Matis: „Wir werden sie uns in den nächsten Tagen und Wochen anschauen und prüfen, ob sie sich eignen.“ Die Einrichtungen müssten beheizbar sein, über sanitäre Einrichtungen und Küchen verfügen und gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sein. „Wir sagen noch nicht, um welche Objekte es sich handelt, denn ein Gebäude, das für uns derzeit besonders interessant wirkt, kann demnächst durchs Prüfungsraster fallen“, sagt Sven Matis. Weder für die gesuchten Objekte, noch für die Zahl der Unterbringungsplätze habe die Stadt Vorgaben: „Wir suchen so viel wie möglich.“

Der Stuttgarter Weg

Bei alldem wolle die Landeshauptstadt am so genannten Stuttgarter Weg festhalten: „Anstatt möglichst viele Menschen in große Gebäudekomplexe zu zwängen, wollen wir sozialverträglicher vorgehen. Wir suchen eher kleinere Objekte, die auf möglichst viele Punkte in den Stadtteilen verteilt sind.“ In 17 von 23 Stadtbezirken gibt es bereits Unterkünfte für Flüchtlinge. Mit der Fertigstellung von weiteren elf Systembauten für 2238 Flüchtlinge Ende 2016 wird es Unterkünfte in allen Stadtbezirken geben. Wenn diese bezogen sind, leben dann insgesamt 6843 Asylsuchende in Stuttgart.

Bis die Systembauten fertig sind, entstehen aber durch den steten Flüchtlingsstrom Lücken. Diese müssen durch Übergangslösungen geschlossen werden. Eine solche wäre das Haus Martinus gewesen: Das Altenpflegeheim, das in einigen Monaten einem Neubau weicht, sollte von Oktober an 270 der vom Land zugewiesenen Flüchtlingen ein Obdach bieten. Doch seit dem Wochenende, an dem weitere Asylsuchende die Landeshauptstadt erreicht haben, hat das Land selbst einen Notstand und deshalb das Haus als provisorische Erstaufnahmestelle eingerichtet. 126 Menschen wurden so auf die Schnelle untergebracht. Das Land möchte das Gebäude über Oktober hinaus nutzen. „Das Land muss schauen, wie es die Menschen in Erstaufnahmestellen unterbringt. Wir als Stadt müssen aber darauf achten, wie uns das vom Land angerechnet wird“, sagt Sven Matis.

Möglicherweise bietet sich Baden-Württemberg in Herrenberg eine Lösung für eine neue Erstaufnahmestelle. Die IBM, Mieter eines Gebäudes auf dem Fichtenberg, gibt den Standort auf. Die 300 Mitarbeiter ziehen in die Zentrale nach Ehningen. Ob das Land den Komplex kauft oder mietet, ist offen. „Die Verhandlungen mit dem Eigentümer dauern an“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen.