„Ich muss ehrlich sagen, die gehen mir auf die Nerven“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu den Forderungen. Foto: dpa

Aus Berlin kommt Signal an Länder, härter durchzugreifen. Kopfschütteln von Südwest-Regierungsvertretern.

Stuttgart/Berlin - Baden-Württembergs scheidende grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg hält Forderungen auf Bundesebene zur Erhöhung der Abschiebungen für unsinnig. „Ich muss ehrlich sagen, die [Forderungen] gehen mir auf die Nerven“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Rande eines kleinen Bundesparteitags am Samstag in Berlin. Unverständnis äußerte auch Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD). Zuvor hatte Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Peter Altmaier (CDU), die Länder aufgefordert, die Zahl der Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu verdoppeln.

Oft fehlten die Voraussetzungen, damit die Länder abschieben könnten, sagte Kretschmann. Für solche Voraussetzungen sei aber der Bund zuständig, etwa für die Passersatzbeschaffung oder Rücknahmeabkommen. „Darum soll [der Bund] sich mal kümmern, bevor er immer an uns Erwartungen stellt, die wir nachher, weil sie die Dinge nicht richtig hinbekommen, nicht erfüllen können.“ Nach Aussage von Kretschmann ist klar, dass Menschen ohne Bleiberecht zurückgeführt werden sollen.

Ähnlich verschnupft reagierte Südwest-Innenminister Gall. Die Entwicklung der Abschiebungen „hängt mit Blick auf die Maghrebstaaten maßgeblich auch von der Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer ab und da ist eindeutig der Bund in der Pflicht“, erklärte der SPD-Politiker. Baden-Württemberg habe die Zahl der staatlich geförderten freiwilligen Ausreisen 2015 von 2500 auf 6309 erhöht, die Zahl der Abschiebungen sei auf 2449 verdoppelt worden. 2016 habe es bereits mehr als 850 Abschiebungen gegeben. Gall betonte: „Bestimmte Zielmarken festzulegen, macht aber wenig Sinn.“

Im vergangenen Jahr habe es 37 220 freiwillige Rückkehrer und 22 200 Abgeschobene aus Deutschland gegeben, sagte der Kanzleramtschef den Zeitungen der Funke Mediengruppe.