Stephanie Dittrich will das Selbstvertrauen von Frauen stärken. Foto: Kornfeld

Neue Hebamme im Kinzigtal lebt und arbeitet seit Januar in Fischerbach

Fischerbach. Nachdem im Kinzigtal immer mehr Hebammen aufgeben, gibt es nun Erfreuliches: Seit Januar wohnt und arbeitet Geburtshelferin Stephanie Dittrich in Fischerbach.

Was haben Sie gedacht als Sie das erste Mal in Fischerbach waren?

Das war schon eine Veränderung zu Freiburg, ganz klar. Eben mal um die Ecke zur Apotheke gehen, das ist nicht mehr möglich. Auf der anderen Seite schaue ich hier aus dem Fenster und denke "wow ist das schön". Die Landschaft, die Natur, das ist es was wir für unsere Tochter wollten. Wir sind beide auch so ländlich aufgewachsen.

Wie war Ihr beruflicher Werdegang?

Ich habe nach meinem Abitur ein FSJ in einer Behinderteneinrichtung gemacht und mich dann für ein Studium der Sozialen Arbeit in Freiburg entschieden. Während des Studiums hat sich herauskristallisiert, dass es eher in Richtung Hebammenhilfe geht. Ich habe meine Bachelorarbeit über Familienhebammen geschrieben und bin dann so in die Fachausbildung hereingerutscht. Das ging dann nahtlos ineinander über, ich habe direkt die Hebammenausbildung hintendran gehängt. Während der Lehrzeit habe ich dann meine Tochter zur Welt gebracht und deswegen die Ausbildung unterbrochen. Letztes Jahr habe ich sie dann beendet und jetzt ist eigentlich Berufsstart.

Was hat Sie bewogen, Hebamme zu werden?

Das ist eine gute Frage. Für mich war das Besondere, mit den Familien zu arbeiten. Das kam aus dem Bereich der sozialen Arbeit. Und dann ist es mir wichtig, ganz besonders Frauen in ihrem Selbstvertrauen zu bestärken. Ja, gerade heute kann man das so sagen: Das Herzstück meiner Arbeit liegt darin, Frauen in ihrem Selbstvertrauen und in ihrer Intuition zu stärken. Gerade Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sind ja eine so sensible und aufregende Zeit, in der es einfach eine tolle Arbeit ist, da die Frauen abzuholen und sie zu begleiten. Das hat sich aus dem Studium ergeben. Ich bin nicht die Hebamme, die sagt, das wollte ich schon immer. Eins hat dem anderen die Hand gegeben. Die Interviews, die ich für die Bachelorarbeit geführt habe, sind hier im Kinzigtal entstanden. Ich habe damals Yvonne Künstle, so hieß sie damals noch, aus Wolfach interviewt. Ich war so fasziniert von der Arbeit der Hebammen. Zufällig habe ich dann beim Abgabetermin der Bachelorarbeit gesehen, dass direkt anschließend der Ausbildungsstart für Hebammen ist. Mein Freund sagte aus Spaß, ich solle mich bewerben. Das habe ich dann getan. Es war das Beste, was mir passieren konnte.

Warum gerade Fischerbach?

Das kommt durch meinen Mann. Er kommt gebürtig aus Zell am Harmersbach. Wir haben uns während der Studienzeit in Freiburg kennengelernt. Er ist Lehrer und darum sind wir hierher gezogen. Ich habe durch ihn das Kinzigtal in den letzten Jahren schon ein bisschen kennengelernt, weil er durch Fußball und Freunde sehr heimatverbunden ist. Die Verknüpfungen sind also schon da gewesen.

In welchem Gebiet sind Sie nun tätig?

Von Zell am Harmersbach bis Hornberg oder Wolfach. Mit den Seitentälern natürlich.

Was möchten Sie mit ihrer Arbeit erreichen, was ist das Ziel, das sie sich gesetzt haben?

Das Herzstück ist es, die Frauen zu stärken und so früh wie möglich zu begleiten. Da kann man in dieser Zeit ganz viel darauf aufbauen. Das ist die Basis für eine gute Mutter-Kind-Bindung und zum Beispiel für ein gutes Ernährungsverhalten. Was viele nicht wissen, ist, dass wir Hebammen genau wie die Gynäkologen Schwangerenvorsorge anbieten können, was ich persönlich eine sehr schöne Arbeit finde. Außer dem Ultraschall kann ich alle Untersuchungen bei der Frau zu Hause durchführen und mir darüber hinaus Zeit nehmen für Anliegen und Fragen. Ich bin Ansprechpartnerin für so viele Themen. Auch für mich als Hebamme gibt es so viele Möglichkeiten, wie ich mich noch weiter fortbilden kann. Das ist auch sehr interessant an diesem Beruf.

Was steht bei Ihnen momentan und als nächstes auf der Agenda?

Ich mache jetzt eine Fortbildung im Bereich Babymassage. Da werde ich ab Juni Kurse anbieten. Ich kann noch in den beraterischen oder den therapeutischen Bereich gehen oder das Ganze mit meinem Studium verbinden und in der Familienhilfe tätig sein. Aber das nächste ist jetzt konkret die Babymassage. Da geht es darum, Eltern zu unterstützen, mit dieser Massage guten Kontakt und eine enge Bindung aufzubauen. Es kann vielleicht auch über eine schwierige Geburt helfen und Mutter und Kind ganz viel Nähe ermöglichen. Auch berufsstandpolitisch aktiv zu sein ist sehr interessant geworden. Wir haben jetzt am ersten März erst das Netzwerk für Familien und Hebammen in der Ortenau gegründet, ein gemeinnütziger Verein mit Kordula Kovac als erste Vorsitzende. Da bin ich zweite Vorsitzende. Das Ziel ist, die Versorgungssituation der Hebammen, aber auch der Familien, festzustellen und dann eine flächendeckende Versorgung für die Familien zu gewährleisten.

Wie beurteilen Sie Ihre Situation als Hebamme in der Region?

Für mich als verdienende Frau ist die Situation nicht schlecht. Ich hatte sofort viele Klientinnen. Also ich habe viel zu tun, muss aber auch sagen, dass ich mit meinem Plan, nur vormittags zu arbeiten, nicht hinkomme. Das heißt, nur weil ich jetzt hier ins Kinzigtal gekommen bin, hat sich die Situation nicht viel verbessert. Hier fehlt viel. Mit der Gründung des Pilotprojekts haben wir einen ersten Schritt getan. Es soll ein Pilotprojekt sein, das man dann vielleicht deutschlandweit übertragen kann. Und hoffe, dass wir damit etwas bewirken können, um die Situation zu verbessern. Die Probleme gibt es ja in vielen ländlichen Regionen. Eine Person soll eingestellt werden, die die Situation über zwei Jahre erfasst, um dann darauf aufzubauen und Lösungen zu finden.

 Die Fragen stellte Christina Kornfeld.

INFO

Ausbildung zur Hebamme

Es gibt insgesamt etwa 59 Hebammenschulen in Deutschland. Bewerberinnen sollten einen guten mittleren Abschluss haben. Alternativ werden auch Bewerbungen mit einem akzeptablen Hauptschulabschluss berücksichtigt, sofern eine mindestens zweijährige Berufstätigkeit als Krankenpflegehelferin oder eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung plus Erlaubnis als Krankenpflegehelferin nachgewiesen werden kann. Die Ausbildung zur Hebamme dauert drei Jahre. Ziel der Ausbildung ist es, dazu zu befähigen, Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett kompetent zu begleiten, Schwangere vor-, während und nach der Schwangerschaft zu betreuen, zu beraten und die erforderliche Fürsorge zu gewährleisten. Insgesamt 1600 theoretische Unterrichtsstunden umfasst die Hebammenausbildung, diese finden in der jeweiligen  Hebammenschule statt. Ergänzt wird der Unterricht durch 3000 Stunden praktische Ausbildung.