Den Greenpeace-Aktivisten drohen Gefängnisstrafen. Foto: dpa

Atomkraftwerk-Besetzer stehen im September vor Gericht. "Clis" stellt unangenehme Fragen.

Fessenheim/Colmar - Die 55 Mitglieder von "Greenpeace", die am Dienstag das Atomkraftwerk (AKW) in Fessenheim im Elsass besetzt haben, werden Medienberichten zufolge im September vor Gericht gestellt. Ihnen drohen bis fünf Jahre Haft und saftige Geldstrafen.

Die Verhafteten im Alter von 25 bis 30 Jahren sind demnach mittlerweile alle wieder auf freiem Fuß. Gegen sechs Personen wurde ein zwei Jahre langes Einreiseverbot nach Frankreich verhängt, 52 der 55 Aktivisten aus 18 verschiedenen Ländern wurden aus Frankreich ausgewiesen.

Seitens der französischen Behörden hieß es am Mittwoch in Colmar, dass das Eindringen der "Greenpeace"- Gruppe ins AKW nicht mit einem möglichen terroristischen Anschlag vergleichbar gewesen sei. Man habe in Fessenheim kein Sicherheitsproblem, so der Colmarer Präfekt Stéphane Bouillon am Rand der Sitzung der regionalen AKW-Überwachungskommission »Clis« in Colmar. Die Sicherheitskräfte im AKW hätten besonnen reagiert.
Bouillon erscheint selbst zu der Sitzung

Dass Bouillon so kurz vor der Kommunalwahl im Elsass selbst öffentlich Stellung zu dem Vorfall bezieht, zeigt allerdings, wie sehr die »Greenpeace«-Aktion die französischen Behörden getroffen haben muss: So kurz vor den Wahlen äußern sich Präfekten in Frankreich in der Regel nicht mehr zu aktuellen Themen, sie haben quasi »Redeverbot«. Zudem war es das erste Mal, dass Bouillon selbst zu einer Sitzung der "Clis" erschien. Früher habe er sich dort stets vertreten lassen, erklärte der Erste Landesbeamte des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald Martin Barth gestern unserer Zeitung.

Thema Sicherheit ist Kernfrage

Das Thema Sicherheit war die Kernfrage bei der Sitzung der "Clis", die vor dem Gebäude der Präfektur von Anti-Fessenheim-Demonstranten begleitet wurde: Debattiert wurde über die mögliche Gefahr eines Dammbruchs am AKW im Fall eines Erdbebens. Barth kritisierte nach dem Treffen, dass die französische Seite in ihrem Gutachten lediglich die Sicherheit des Rheindamms im Erdbebenfall beleuchtet hat. Diese sei nach französischen Daten gegeben.

"Wir wollen auch wissen, was passieren würde, wenn es zum Beispiel durch ein Schiffsunglück oder einen Bombenanschlag zu einem Dammbruch käme", meinte Barth. Diese Frage werde von französischen "Stresstests" für Atomkraftwerke aus politischen Gründen ausgeblendet. "Wir möchten, dass für französische Reaktoren bei ›Stresstests‹ die gleichen Bedingungen gelten wie auf deutscher Seite", so Barth weiter.

Es gebe Untersuchungen, die aufzeigen, dass das AKW Fessenheim im Falle eines Dammbruchs von einer Flutwelle überrollt werden könne. "Weder der Kraftwerksbetreiber EDF noch die französische Atomaufsicht sind bisher auf dieses Problem eingegangen", so der Erste Landesbeamte. Sowohl das Landratsamt als auch das Freiburger Regierungspräsidium hätten beantragt, dass auch der "Greenpeace"-Vorfall vom Dienstag aufgearbeitet und der "Clis" gegenüber thematisiert werde.

Der "Trinationale Atomschutzbund" ("TRAS") hat am Mittwoch erneut die sofortige Stilllegung des Reaktors Fessenheim gefordert. Das 37 Jahre alte AKW stelle eine "unzumutbare Bedrohung" für die Bevölkerung dar, hieß es.