Beste Stimmung in Fanbus Nummer drei. Foto: Campos

Als Fanreporter durfte ich die Fans der TSG Balingen an ihrem großen Endspieltag hautnah begleiten. Über 500 Fans „Alle in Rot“ machten sich mit elf Bussen auf ins Stuttgarter GAZI-Stadion. Dort zitterten sie mit ihrer Mannschaft. Erst im Elfmeterschießen fiel die Entscheidung. Der Jubel kannte keine Grenzen.

Es ist immer sinnvoll mit dem besten Moment zu beginnen. Dieser ist leicht zu benennen, denn als am Finalabend TSG-Kapitän Matthias Schmitz mit dem WFV-Pokal in Händen – und hinter ihm alle Spieler aus dem Bus durch das Fanspalier tanzend - an der heimischen Bizerba Arena ankommen, wird allen klar: Wir haben es tatsächlich geschafft. Der Pokal ist in Balingen.

Alles beginnt an der Bizerba Arena

Das war High Noon, um 12 Uhr mittags, so noch nicht abzusehen, als die zahlreichen Balinger Supporter sich am ehemaligen Au-Stadion versammelten, sich ein erstes Bier genehmigten und sich ihr „rotes TSG-T-Shirt“ abholten. In ersten Gesprächen wurde schnell klar, dass viele die Stuttgarter Kickers in der Favoritenrolle sahen. Denn der Oberliga-Meister spielte ja im eigenen Stadion. „Eigentlich müsste ein Endspiel an einem neutralen Ort stattfinden“, äußerte Fan Michi seine Meinung.

Und eigentlich ist das Stuttgarter GAZI-Stadion der vom Württembergischen Fußballverband bestimmte neutrale Ort – allerdings nicht wenn die Kickers ins Endspiel einziehen, so wie in den vergangenen beiden Jahren.

Balinger Fans besteigen die Busse

Um kurz vor 13 Uhr war es endlich so weit und die Balinger Fans bestiegen die elf Busse. Ich landete im dritten Bus bei Busfahrerin Melanie. Mit meinem Sitznachbarn Anton Kurz aus Rangendingen-Höfendorf fand ich einen kompetenten Gesprächspartner, wobei wir beide mit unseren optimistischen Tipps 2:0 für Balingen (ich) und 3:2 für die TSG (Anton) nicht recht behalten sollten. Beide waren wir uns einig, dass die Partie in der regulären Spielzeit entschieden sein würde. „Für Balingen ist das alles heute sehr beeindruckend. Alles ist auch gut organisiert“, freut sich mein Busnachbar. Er sei auch beim Auswärtsspiel in Homburg mit im Fanbus gesessen. Damals seien es jedoch 50 Fans und keine 500 gewesen.

Viele fahren auch mit dem Auto auf die Waldau

Viele Balinger Fans hatten sich im eigenen Auto nach Degerloch auf die Waldau aufgemacht. Sie verpassten natürlich das gemeinsame Singen im Bus und die so hoch gelobte familiäre Atmosphäre eines Vereins wie der TSG Balingen. Vor dem Stadion verschmolzen die Balinger Fans zu einer großen Masse, die doch den ein oder anderen Funken Hoffnung auf den ganz großen Wurf an diesem Samstag hegte. Zwei Fans hatten leider Pyrotechnik im Gepäck und erhielten Stadionverbot.

Kickers-Fans deutlich in der Überzahl

Im Stadion zündeten so nur die Fans der Stuttgarter Kickers, die „Alle in Weiß“ ein tolles Bild abgaben, ihre Pyrotechnik. Insgesamt waren 8507 Fans im Stadion – das war ein neuer Rekord für ein Endspiel im WFV-Pokal. Die Kickers-Fans waren deutlich in der Überzahl. Doch als erstes jubelten die Balinger über den 1:0-Führungstreffer von Jonas Meiser. Postwendend bebte das Stadion. Die Kickers hatten nur wenige Minuten später den 1:1-Ausgleich markiert.

Der Akkaya-Moment

Der Rest war eine schier endlose Zitterpartie. Die Balinger Fans peitschten das Team von Trainer Martin Braun trotz gewaltiger Sonneneinstrahlung in Block F immer wieder nach vorne. Kurz vor Ende der Verlängerung hatten sie den Torschrei schon auf den Lippen, als Kaan Akkaya einen Ball gekonnt auf das lange Torwarteck schlenzte. Doch Kickers-Keeper Ramon Castellucci zeigte eine Riesenparade und wehrte den Ball zur Ecke ab. Die Spannung war nun am Siedepunkt angekommen. Es ging ins Elfmeterschießen. Die rund 2000 Balinger Fans, die sich über die Hauptribüne bis zur Fankurve verteilten, schauten sich entgeistert an. Die „Lotterie Elfmeterschießen“ würde entscheiden. Alles war zu diesem Zeitpunkt möglich.

Marcel Binanzer wird zum Helden

Und der erste Kickers-Schütze, der Albstädter Kevin Dicklhuber, trifft. Jonas Fritschi kontert für die TSG. Und dann schon der vorentscheidende Moment: David Kammerbauer tritt für die „Blauen“ an und Marcel Binanzer hält. Die TSG-Fans können ihr Glück kaum fassen. Minuten später steht Jan Ferdinand am Elfmeterpunkt. Die Balinger halten den Atem an. Er läuft an und verwandelt sicher. Die TSG Balingen holt zum allerersten Mal den WFV-Pokal. Die Fans umarmen sich, es ist vollbracht.

Die Siegerehrung ein einziger Genuss. Humba, Humba, Tätärä - Matthias Schmitz präsentiert den Fans den Pokal. Es wird eine lange Nacht werden.

Der ganz besondere Moment

Der Weg zurück zu den Bussen ist ein einziger Triumphmarsch. Man gratuliert sich gegenseitig. Vereinsfunktionäre wie Martin Kath haben Tränen in den Augen. Es ist der ganz besondere Moment, auf den alle Balinger so lange gewartet haben. Nach zwei verlorenen Endspielen gewinnt vielleicht nicht die bessere, aber die glücklichere Mannschaft. Doch alle sind sich einig, dieser Tag wird in die Geschichte eingehen. Denn nun steht die TSG Balingen auf einmal auch im DFB-Pokal.

Die Stimmung auf der Heimfahrt ist ausgelassen, aber wie es für Balinger Fans üblich ist, auch sachlich. Die Kickers waren ein starker Gegner. Es war eine nicht perfekte Pokalsaison, die am Ende nur noch perfekt sein sollte.

Was für ein Saisonabschluss

Um 21:29 Uhr stehen die Spieler, die sich an diesem Tag zu Legenden gemacht haben, auf der kleinen Bühne vor der Bizerba Arena. Alle singen: „Die Nummer eins im Land sind wir“, „Wir haben den Pokal“ „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ und „Sweet TSG“ in Anlehnung an „Sweet Caroline“. Das Freibier fließt. Es ist der unverhoffte Abschluss einer Megasaison für die TSG Balingen. Der 6. Platz in der Regionalliga Südwest, der Sieg im WFV-Pokal und hunderte Fans, die diesen historischen Tag für die TSG Balingen für immer in ihrem Herzen tragen werden.