In jedem Standesamtsbezirk muss es mindestens zwei Standesbeamte geben, die unter anderem rechtlich verbindliche Beurkundungen vornehmen. Foto: © Gina Sanders - stock.adobe.com/Erwin Wodicka

Der Fachkräftemangel schlägt auch in Kommunalverwaltungen voll durch. Deshalb läuft jetzt alles auf einen gemeinsamen Standesamtsbezirk beim Gemeindeverwaltungsverband Althengstett hinaus.

Die Aufgaben im Standesamt sind umfangreich und sehr komplex. In kleineren Gemeinden fehlen zunehmend die erfahrenen und rechtlich geschulten Mitarbeiter. Bislang stimmten in seiner jüngsten Sitzung der Gemeinderat Althengstett und am Donnerstagabend die Ratskollegen aus dem Nachbarort Simmozheim der Bildung des gemeinsamen Standesamtsbezirks beim Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Althengstett zu.

Umfangreiche Schulungen notwendig

In jedem Standesamtsbezirk sind mindestens zwei Standesbeamte zu bestellen und dazu ein ebenso qualifizierter Vertreter, um jederzeit sicherzustellen, dass Urkunden für die Bürgerschaft, wenn gefordert auch fristgerecht, ausgestellt werden können. Dies ist in den vier Mitgliedsgemeinden des Gemeindeverwaltungsverbands – Althengstett, Gechingen, Simmozheim und Ostelsheim – seit vielen Jahren nicht mehr möglich, heißt es in der Sitzungsvorlage. Der Fachkräftemangel macht auch vor den Standesämtern im Gäu nicht Halt, so Bürgermeister Stefan Feigl. Dabei sind die Eheschließungsbeamten nicht das Problem, denn sie brauchen nicht die detaillierten Rechtskenntnisse der anderen Urkundsbeamten. Diese müssen nämlich umfangreich geschult und fortgebildet sein und daneben auch eine gewisse Zahl von Fällen bearbeiten, um die notwendige breite Erfahrung zu haben.

Impuls kommt aus Ostelsheim

Aus diesem Grund beschäftigten sich der Althengstetter und Simmozheimer Gemeinderat mit dem in den vier GVV-Mitgliedsgemeinden im Vorfeld abgestimmten Vorschlag, einen gemeinsamen Standesbezirk zu bilden. „Der Impuls dafür kam aus Ostelsheim“, berichtete die Althengstetter Hauptamtsleiterin Gudrun Stahlhut in der jüngsten Ratssitzung. „Die dortige Verwaltung hat in diesem Jahr beide Standesbeamtinnen verloren. Deshalb soll es künftig ein gemeinsames Standesamt im GVV geben. Alle vier Standesämter bilden dabei einen Bezirk, die Hauptstelle ist in Gechingen, die Außenstelle in Gechingen“, erläuterte die Amtsleiterin. Nach der Beratung in allen vier Gäugemeinden müsse noch im GVV abgestimmt werden.

Interimslösung funktioniert gut

Bereits seit Juni 20212 besteht zwischen Simmozheim und Althengstett eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung, nach der alles, was das Personenstandswesen anbelangt, in Althengstett erledigt wird. Der Standesamtsbezirk Simmozheim blieb jedoch eigenständig bestehen, heißt, lediglich die Trauungen wurden – und werden künftig auch im beschlossenen gemeinsamen Standesamtsbezirk – von den bestellten Eheschließungsbeamten Bürgermeister Feigl und Fachbereichsleiterin Katrin Stüber sowie in Vertretung von Kämmerin Renate Meier übernommen. Die bisherige Interimslösung funktioniere reibungslos und werde auch von der Bevölkerung sehr gut akzeptiert, so der Schultes.

Simmozheimer Rätin äußert ihre Bedenken

„Wo ist die Grenze, wie viele oder welche Aufgaben wir noch an den GVV abgeben wollen oder werden?“, äußerte Astrid Winkeler (UW) Bedenken gegen die Lösung. „Kernaufgaben würden wir von uns aus nicht auslagern“, stellte Feigl fest und erinnerte an die Gemeindereform 1972, bei der kleinste Verwaltungseinheiten zu größeren zusammengefasst wurden, um Verwaltungen effektiver zu machen. Ihr sei wichtig, „dass wir auch in Zukunft in Simmozheim eine gut funktionierende Verwaltung haben“, so Winkeler. Er sehe das genauso, ergänzte Feigl und wies darauf hin, dass zum Beispiel im Nachbarschaftsschulverband, im GVV oder auch bei den Feuerwehren der vier Kommunen schon lange gedeihlich zusammengearbeitet werde.

Diskussion über Namensgebung

Friedbert Baral (afS) stieß eine Diskussion über den Namen des gemeinsamen Bezirks als „Standesamt Gemeindeverwaltungsverband Althengstett“ an: „Die vier Gemeinden müssten sich auch im Namen widerspiegeln und ablesbar sein“, forderte er. Alle vier Kommunen zu nennen, werde schwierig, meinte eher humorvoll der Schultes, „es muss halt auch auf einen Stempel passen.“ Chris Laich (UW) schlug die Bezeichnung „Heckengäu“ für den Bezirk vor und Eugen Häberle (UW) forderte, auf jeden Fall „die Kosten vorher sauber zu klären.“ Bei einer gesamten Einwohnerzahl von derzeit rund 17 000 der vier Verbandsgemeinden ist mit jährlichen Sachkosten von etwa 11 000 Euro zu rechnen, die sich aktuell schon auf die vier Gemeinden verteilen, und mit einmaligen Umstellungskosten von etwa 3000 Euro, informierte Feigl.

Dickes Lob für die geplante Kooperation

„Ein großes Lob! Der Fachkräftemangel kommt in vielen Bereichen auf uns zu. Deshalb sollten wir auf Verbandsebene mehr zusammenarbeiten“, sagte der Althengstetter Gemeinderat Philipp Jourdan (Grüne) in der jüngsten Sitzung. Ratskollege Lothar Kante (SPD) ergänzte: „Das ist ein gutes Beispiel interkommunaler Zusammenarbeit, der Gemeindeverwaltungsverband wird dadurch aufgewertet“. Noch andere Möglichkeiten der Kooperation auf GVV-Ebene gehören in seinen Augen ausgelotet. „Jahrelang haben wir dicke Bretter gebohrt, endlich wird im Verband zusammengearbeitet. Das ist ein erster Schritt“, äußerte sich Thomas Schmidt (Freie Wähler).

Aufgabenbereiche

Drei Bezeichnungen
Seit einer Reform des Personenstandsrechts 2009 wird unterschieden in Standesbeamte, Verhinderungsstandesbeamte (Vertretung bei Verhinderung des Standesbeamten) und Eheschließungsstandesbeamte, die nur die Trauungen abhalten. Standesbeamte nehmen rechtlich verbindliche Beurkundungen vor, unter anderem von Geburten, Eheschließungen, Sterbefällen, Namenserklärungen, Vaterschaftsanerkennungen, Nachbeurkunden von Personenstandserklärungen aus dem Ausland oder auch Kirchenaustritte. Deshalb müssen sie sich auch in internationalem Recht auskennen, was regelmäßige Schulungen zwingend erforderlich macht.