Verkehrsexperte Jochen Richard im Gemeinderat neben Stadtplaner Peter Klein. Richard spricht von einer zweijährigen Sperrung der Kernstadt in Horb. Foto: Jürgen Lück

Verkehrsexperte Jochen Richard: „Eine Chance, wenn der Bagger alles absperrt und es heißt: Ein bis zwei Jahre funktioniert hier gar nichts mehr!“ Gemeinderäte Walz und Keßler aus Horb warnen vor zu großem Risiko für den Handel.

Für Verkehrsplaner Jochen Richard vom Büro Richter-Richard aus Aachen ist die Vision im Gemeinderat klar: „Am Freitag eröffnet die Hochbrücke. Am Montag sperrt der Bagger alles ab. Das ist eine Chance. Zu sehen, ob die Menschen dann über die Hochbrücke fahren oder wo sie sich ihren Weg in die Kernstadt suchen. Wenn es heißt: ein bis zwei Jahre geht hier gar nichts mehr!“

Heißt das, mit dem Umbau der Kernstadt droht bis zu zweijährige Sperrung? Können Handel, Dienstleister und Gastronomen das überleben?

So könnte die Sperrung den Horber Handel treffen

Hermann Walz (ULH): „Wir haben Geschäfte in der Neckarstraße, die Apotheke in der Schillerstraße. Die sind davon betroffen. Ob wir die Horber dazu erziehen können, über die Hochbrücke zu fahren, das bezweifle ich.“

CDU-Fraktionschef Michael Keßler warnt: „Wir brauchen eine möglichst detaillierte Befragung, welcher Autofahrer will wo hin. Sonst besteht ein zu großes Risiko, wenn die Hochbrücke eröffnet wird. Zu viel Verkehr. Und wir wissen nicht, wohin.“

Horb Aktiv: Baut schon vor Hochbrücken-Eröffnung

Auch Horb Aktiv hatte schon gefordert, mit einem Teil der Verkehrs-Umbauarbeiten früher anzufangen, um den Handel so wenig wie möglich zu belasten.

Worum geht es? Nach den großen Diskussionen um das City-Schleifle, Sperrung der Bildechinger Steige und eine innerörtlichen Entlastungsstraße mit einer neuen Neckar-Brücke hatte der Gemeinderat eine Klausurtagung gemacht. Mit Jochen Richard.

Verkehrsexperte Richard schlägt „lernende Planung“ vor

Das Ergebnis wurde jetzt im Gemeinderat vorgestellt. Clevere Idee des Verkehrsexperten: Plant einmal, wie ihr die Straßen dann ausbauen wollt. Und zwar so, dass alles möglich ist. Von der Fußgängerzone in der Kernstadt Horb über Tempo-20-Zone bis hin zu zweispurigem Verkehr. Mit flachen Bordsteinen, schönem Pflaster oder Betonstein. Dann kann man ausprobieren durch das Verkehrsrecht, wie man diese Straßen nutzt.

Richards Credo: „Durch das Verkehrsrecht kann man dann lernen und ausprobieren, was wie welche Auswirkungen hat.“ Die lernende Planung.

Erste Voraussetzung: Noch ist die Ortsdurchfahrt eine Bundesstraße. Richard: „Die Stadt muss hier der Herr werden.“ OB Rosenberger verspricht, das umgehend anzugehen und zu klären, wie und unter welchen Bedingungen man die Bundesstraße abstufen kann.

Walz: Probiert Sperrung Bildechinger Steige umgehend aus

Klar, dass der Gemeinderat die verschiedenen Varianten diskutiert.

Hermann Walz (ULH) sprach sich dafür aus, so schnell wie möglich die Sperrung der Bildechinger Steige auszuprobieren.“ OB Rosenberger: „Ich befürchte, die Erkenntnisse daraus können wir nicht auf die Situation nach der Freigabe der Hochbrücke übertragen.“

BiM-Fraktionschefin Christina Nuss: „Wir neigen dazu, eine möglichst große Fußgängerzone zu wünschen. Die lernende Planung finden wir sehr gut.“

OGL-Fraktionschef Wolf Hoffmann: „Die Sperrung der Ortsdurchfahrt für den Durchgangsverkehr ist die nahe liegendeste Lösung. Erst Tempo 20, dann Fußgängerzone. Nagold ist das beste Beispiel dafür, dass man die Menschen erst umgewöhnen muss, ehe sie merken, welche Vorteile sie haben.“

CDU-Fraktionschef Keßler: „Nagold hat aber auch eine zweispurige Umfahrung und eine Fußgängerzone. Bei uns wird das um Längen schwieriger. Bei uns müsste man bei einer Fußgängerzone den Verkehr über die Brücke nehmen.“

Im Herbst will das Rathaus die weiteren Schritte vorstellen.

Das sagt Verkehrsexperte Jochen Richard zu den Varianten für die Kernstadt

City-Schleifle: Durch Schillerstraße und Reibegässle zur Mühlener Straße. Einspurig ginge. Problem: Allein die neue Brücke über den Mühlkanal kostet zwischen 300.000 und 500.000 Euro. Dazu noch der Rampenbau, damit man vom Reibegässle hoch zur Mühlener Straße kommt. Richard: „Dort müsste ein Knotenpunkt gebaut werden, damit auch Sattelzüge um die Kurve kommen. Den Anwohnern müssten sie Lärmschutzfenster spendieren, weil hier bis zu 3 dB mehr Straßenlärm zu erwarten sind.“

Sperrung der Bildechinger Steige: Richard: „Anfangs war ich skeptisch. Vor Ort habe ich dann gesehen: Damit könnte man den Verkehrsfluss Richtung Altheimer Straße deutlich verbessern. Das würde den unteren Marktplatz entlasten und würde die Altstadt noch besser aufwerten.“

Fußgängerzone: In der Neckarstraße zwischen Weinhaus Dörr und Lotzer-Haus.Richard: „Damit hätte man eine zweigeteilte Stadt. In Rudersberg haben die Geschäftsleute massiv investiert. Dann lohnt sich auch eine Fußgängerzone! Wenn das mit der aktuellen Ortsentwicklung gesehen wird, wo nur wenige Leute gehen, ist das vielleicht nicht die erste Wahl!“