Unser Foto zeigt am ersten Tisch links in der linken Reihe Paul Schilling und Elisabeth Speiser, in der rechten Reihe dann Ortsvorsteher Roland Raible, Gastgeberin und Landfrauenpräsidentin Juliane Vees und Bernhard Heberle. Foto: Mattenschlager Foto: Schwarzwälder-Bote

Weinabend auf Hof Weitenau / Rebensaft aus Rottenburg kredenzt / Elisabeth Speiser trägt Gedichte vor

Von Harald Mattenschlager

Eutingen-Weitingen. Zu einem offenen Weinabend hatte das Bildungs- und Sozialwerk der Landfrauen im LandFrauenverband Württemberg-Hohenzollern in den Seminarraum auf dem Energiehof Weitenau eingeladen. Die Resonanz war ausgezeichnet und der Raum mit rund 50 Gästen aus Weitingen, aber auch von weiters her aus dem Bereich des Verbandes, bis zum letzten Platz gefüllt.

Der Abend stand unter dem Motto: "Der Weinbau ist ein hart’ Problem, beim Hacken, Pflücken unbequem. Jedoch beim Trunk, das lass’ dir sagen, lässt sich das Fachgebiet ertragen." Die Wengerter Bernhard Heberle und Paul Schilling aus Rottenburg führten die Teilnehmer in die Geschichte und den Anbau des Weins an den Hängen der Wurmlinger Kapelle und im Raum Rottenburg ein.

Bernhard Heberle ist seit 17 Jahren Vorstand des Weingärtnervereins Rottenburg und Wendelsheim. Den Verein gibt es seit 1868, er hat knapp über 100 Mitglieder, ungefähr 40 davon sind aktive Wengerter. Der Weinbau hat laut Heberle im Kreis Tübingen eine lange Tradition, er wurde bereits im zwölften Jahrhundert nachgewiesen. Die größte Bedeutung erlangte er zwischen dem 14 und frühen 17. Jahrhundert mit einer Ausdehnung von 600 Hektar.

Im Kreis Tübingen gebe es rund 200 Hektar für den Weinbau geeignete Flächen. Tatsächlich mit Reben bestockt sind derzeit rund 35 Hektar, diese verteilen sich auf acht Gemarkungen. In Rottenburg wird auf ungefähr zwei Hektar Wein angebaut, in Wendelsheim sind es über vier Hektar. In der Regel sind die Weinberge zwischen fünf und zehn Ar groß. Heberle bewirtschaftet rund zwölf Ar.

An vielen Hängen sieht man noch die alten Mauern von aufgegebenen Weinbergen, weil die Lagen nicht geeignet waren. Heberle wies auf den Beitrag der Wengerter zum Erhalt der Kulturlandschaft hin. Im Kreis Tübingen sei der Weinbau von Steillagen geprägt. Die angebauten Rebsorten sind Müller-Thurgau, Kerner, Riesling, Silvaner (Weißweine) sowie Schwarzriesling, Spätburgunder, Lemberger und Portugieser (Rotweine), alles alte und bekannte Traubensorten, so Heberle. "Bei uns gibt es keine Genossenschaft, jeder Wengerter baut seinen Wein selber aus und das ist das Interessante an unseren Weinen, denn jeder schmeckt etwas anders."

Etwa jeder achte Betrieb im Kreis stelle zumindest einen Teil der Weine bei der Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg zur Qualitätsprüfung vor. Neben Qualitätsweinen sind auch Prädikatsstufen wie Kabinett und Spätlese vertreten. 2003 wurde erstmals Eiswein in Wendelsheim gelesen.

Nach so viel Theorie ging es über zur Weinprobe. Zuerst wurde ein Secco aus roten und weißen Trauben kredenzt, danach gab es zwei Rotwein-Cuvees zu kosten. Der erste war ein Wurmlinger Rotwein vom Kapellenberg. Der zweite Rotwein, ein Prädikatswein in der Kabinettstufe, stammt von der Wendelsheimer Halde.

Bis zu 50 000 Liter nach Österreich verkauft

Paul Schillings Rückblick begann mit den Römern in Sumelocenna, die allerdings ihren Wein wohl noch hergefahren hatten. Schilling, der selber Mitglied der Rottenburger Urbansbrüder ist, berichtete über diese seit 1401 bestehende Bruderschaft mit ihren strengen Aufnahmeregeln und der Begrenzung auf 24 Urbansbrüder – doppelt so viele, wie es Apostel gibt. Selbst in Katastrophen wie dem zweiten Weltkrieg gab es keine Zäsur, so Schilling.

Der hiesige Weinbau erlebte im Laufe der Geschichte ein Auf und Ab, teils durch Gesetze, teils durch die Witterung verursacht. In Hoch-Zeiten wurden mehr als 50 000 Liter Wein nach Österreich verkauft.

Damit die Geselligkeit nicht zu kurz kam, trug die Ehrennadelträgerin für Heimatpflege, Elisabeth Speiser aus Weitingen, kurzweilige Gedichte vorwiegend von Sebastian Blau passend zum Thema Wein vor. Auftakt war mit "Feierobe’d", "Hoamet" und einem Gedicht nach Art von Horaz in Hexametern statt Reimen über den Wurmlinger Kapellenberg. Später folgten der "Dr Woche‘märkt", "d’Nähere" oder der "Heilige Sankt Nepomuk" – mit einem Rottenburger Seitenhieb auf den Gogenwein in Tübingen, denn "in deane ihren saura Wei‘ därf wohl a bissle Wasser nei…".

Paul Schilling trug ebenfalls von Sebastian Blau den Teil des Gedichts über die Rottenburger Fronleichnamsprozession vor, in der die Urbansbrüder ihre Heiligenfigur tragen. Außerdem das nicht minder lustige Gedicht über das legendäre Rottenburger Original Karle Hankh, der eine ganz besondere "Wandlung" – von Wasser in Wein – im Keller eines Gastwirts entdeckte.

Landfrauenverbandspräsidentin und Gastgeberin Juliane Vees, die ihren Verband und sein Bildungswerk vorstellte, war ebenso wie die Gäste bestens zufrieden. Ein wenig Wasser in den Wein schüttete Wengertervorstand Bernhard Heberle – eine Verkaufsveranstaltung für den Rottenburger Wein sei der Abend nicht gewesen, denn angesichts der erzeugten Mengen sei es leider nicht einfach, an das heimische Gewächs zu kommen.