Schwester Annjetta entzündet eine Kerze im Schönstattheiligtum. Foto: Engelhardt Foto: Schwarzwälder Bote

Glaube: Biografie über Gründer der internationalen Schönstatt-Bewegung / Wallfahrtsort Liebfrauenhöhe

Eine einfache Marienkapelle war am 18. Oktober 1914 Schauplatz eines ganz besonderen Ereignisses: die Gründung der Schönstatt-Bewegung. In einer spannenden und erzählerischen Biografie beleuchtet Dorothea M. Schlickmann das dramatische und abenteuerliche Leben des Gründers Pater Josef Kentenich.

R ottenburg-Ergenzingen. Es sei nicht die erste Biografie über den Gründer der Schönstatt-Bewegung, allerdings sicherlich eine der spannendsten, da sind sich die beiden Marienschwestern Annjetta Hirscher und Siglinde Hilser von der Liebfrauenhöhe einig. Außerdem hebe sie sich darüber hinaus auch durch ihren ganz besonderen erzählerischen Stil von den bisherigen ab. Beide Schwestern haben schon unzählige Bücher und Schriften über den Mann gelesen, dessen großes Anliegen zeitlebens die Schaffung einer geistlichen Lebensform war, die sich den Herausforderungen einer sich rasant entwickelnden Welt stellt und den Menschen Hilfe und Kraft im Alltag geben soll.

"Allein seine eigenen Schriften, Vorträge und Tagungsaufzeichnungen haben einen beachtlichen Umfang", weiß Siglinde Hilser, die auf der Liebfrauenhöhe in Rottenburg-Ergenzingen für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Verschiedene Publikationen im eigenen Verlag hätten sich bereits ausführlich mit dem Leben und Wirken des 1885 in Gymnich geborenen Geistlichen beschäftigt. Zum 50. Todestag des weltweit rührigen Paters hat der Herder-Verlag nun ein Buch der Autorin Dorothea M. Schlickmann herausgebracht, die nicht von ungefähr als wahre Expertin in diesem Bereich gilt. Bereits in ihrer Dissertation hat sie sich mit Josef Kentenich und dessen Pädagogik intensiv beschäftigt, in "Die Idee von der wahren Freiheit" ist dies eindrucksvoll nachzulesen.

In ihrem neuen Buch stellt Schlickmann Kentenichs Jugendjahre ebenso dar wie die schwierige NS-Zeit, das Exil in den USA bis hin zu seiner Rückkehr nach Deutschland und Rehabilitation durch den Papst. Sie skizziert behutsam und mit viel Einfühlungsvermögen die Denke und das Handeln des Propheten eines neuen Kirchenbildes nach, das erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzils akzeptiert und verstanden wurde. Nicht nur aufgrund des bewegten Lebens mit vielen Bedrohungen von innen und außen untertitelt die Autorin ihre Kentenich-Biografie mit "Ein Leben am Rande des Vulkans", bewegte sich der Visionär doch oft am Abgrund, nicht nur während seiner Inhaftierung im KZ Dachau.

Noch während des Zweiten Weltkriegs gründete Kentenich die "Schönstatt Internationale" und regte an, die stark gewachsene Schwesterngemeinschaft in Provinzen aufzuteilen. Sitz der Provinz Süd- und Mitteldeutschland war ab 1946 zunächst Bad Wurzach und ist seit 1952 in Rottenburg-Ergenzingen. Wie in allen Provinzen wurde auch auf der Liebfrauenhöhe ein Schönstattheiligtum eingerichtet, die dem Urheiligtum, der einfachen Marienkapelle in Schönstatt, entspricht. "Die Gläubigen auf der ganzen Welt haben so einen Ort, an dem sie sich zuhause fühlen können und die Ideen Kentenichs gelebt werden", erklärt Schwester Siglinde. Weltweit seien mittlerweile bereits über 200 solcher Kapellen entstanden.

Wieso die ersten beiden Auflagen der Biografie bereits nach kurzer Zeit ausverkauft waren, liegt für die beiden Schwestern auf der Hand. Das Buch lese sich nicht nur unglaublich gut, sondern die Lehren und Visionen des Paters hätten auch heutzutage nichts von ihrer Aktualität verloren. Die Entwicklung jedes einzelnen Menschen zu einer Persönlichkeit sei ein Grundsatz des Gründers gewesen und bekäme in Zeiten des "Massenmenschen" eine ganz besondere Bedeutung.

Erziehung und Persönlichkeitsbildung seien zentrale Anliegen der Schönstatt-Bewegung, der Bau eines Bildungshauses die logische Folge gewesen. Heute sind auf der Liebfrauenhöhe zudem weitere Einrichtungen zu finden. Das Provinzhaus ist Heimat für 260 Marienschwestern, die nicht nur in Süd- und Mitteldeutschland, sondern auch in den Ländern Österreich, Ungarn, Rumänien und Vietnam ihre Botschaft weitergeben. Allein 120 Schwestern leben und arbeiten auf der Liebfrauenhöhe, wo das Schönstattzentrum Heimat der diözesanen Schönstattfamilie ist. Hier gibt es Schulungen und Freizeitangebote für alle, von Kindern, Jugendlichen über Familien bis hin zu Priestern.

Die Marienschwestern gehen im Alltag ganz verschiedenen Beschäftigungen nach, sind beispielsweise Gemeindereferentinnen, Betreuungsassistentinnen, Lehrerinnen oder in der Tagespflege tätig. Das Thema Selbstversorgung wird bei den Marienschwestern ebenfalls großgeschrieben. Auf dem Marienhof werden Gemüse und Obst angebaut, Fleisch, Wurst und Eier produziert. Ein Teil von dem, was die Schwestern nicht für den Eigenbedarf benötigen, können die Besucher erstehen. Dafür wurde jetzt zum 1. Mai ein Hoflädle frisch eingerichtet.

Und natürlich wird auch viel gesungen und gebetet. Die Liebfrauenhöhe ist weithin bekannt für ihre kirchenmusikalischen Veranstaltungen, die teils der eigene Chor alleine oder mit Unterstützung von außen gestaltet. "Wir haben hier ein breit angelegtes Programm", betont Schwester Annjetta Hirscher mit dem Hinweis auf die besondere Gestaltung des Kirchenjahres und den Veranstaltungen zu den Hochfesten.

Das Schönstatt-Zentrum Liebfrauenhöhe ist weithin bekannt: als Wallfahrtsort, Tagungs- und Begegnungsstätte. Viele Gläubige aus Nah und Fern kommen das Jahr über hierher. Im Wonnemonat Mai sind besonders viele Gäste auf der Liebfrauenhöhe, denn der Marienmonat ist gleichzeitig auch der Wallfahrtsmonat für viele Pfarreien, Gruppen und Einzelpersonen. Neben der feierlichen Maieröffnung und dem Abschluss des Marienmonats mit einer Andacht und anschließender Lichterprozession gab es an allen Sonn- und Feiertagen jeweils um 15 Uhr eine Maiandacht mit Ansprache, werktags jeweils um 17.30 Uhr eine Maiandacht. Und am 25. Mai fand die Kinder-Maiandacht mit Kindersegnung in der Krönungskirche statt.

Das Bildungszentrum steht aber auch anderen Veranstaltern zur Verfügung. So finden dank der guten Übernachtungsmöglichkeiten und der Verpflegung beispielsweise hier regelmäßig die geistlichen Tage des bischöflichen Ordinariats statt. Und das Jugendheim bietet Platz für bis zu 50 junge Menschen.

Weitere Informationen: www.liebfrauenhoehe.de